Bei einer schwierigen Rettungsaktion mit Spezialkräften wurde ein unter einem Baum im Wald bei Sechselberg eingeklemmter Mann befreit. Foto: 7aktuell/Kevin Lermer

Umgestürzte Bäume, beschädigte Oberleitungen und Blitzeinschläge: Das Unwetter am Donnerstagabend hat Feuerwehr und Polizei im Rems-Murr-Kreis in Atem gehalten. Besonders herausfordernd war eine Vermisstensuche in Althütte.

Der Sturm in der Region Stuttgart hat am Donnerstagabend offenkundig besonders stark im Rems-Murr-Kreis gewütet. Mehr als 50 „unwetterbedingte Einsätze“ meldete das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Aalen, allein 30 davon fanden an Rems und Murr statt. Vor allem umgestürzte Bäume, beschädigte Oberleitungen und Blitzeinschläge beschäftigten Feuerwehr und Rettungskräfte.

Schwierige Vermisstensuche

Eine besondere Herausforderung indes war eine Vermisstensuche bei Althütte. Wie die Polizei mitteilte, war ein 78-jähriger Mann betroffen, der mit seinem Hund in einem Waldgebiet im Teilort Sechselberg unterwegs gewesen war, als das Gewitter aufzog und so heftige Ausmaße annahm, dass mehrere Bäume umgeworfen wurden. Einer dieser Bäume erwischte den Mann und begrub ihn unter sich.

Dennoch gelang es ihm, über sein Mobiltelefon einen Notruf abzusetzen. Seine Position konnte per Handyortung mit Hilfe eines Hubschraubers von der Polizei geortet werden. Doch den hinzugezogenen Einsatzkräften der Feuerwehr und des Rettungsdienstes gelang es wegen querliegender Baumstämme und blockierter Waldwege zunächst nicht, an den Mann heranzukommen.

Weitere Gewitterfront macht Luftrettung unmöglich

Eine weitere heranziehende Gewitterfront machte eine Rettung mit einem Spezialhubschrauber der Bundeswehr, der ebenso wie Mitarbeiter der Höhenrettung Stuttgart angefordert worden war, unmöglich. Wegen der auch für die Einsatzkräfte bestehenden Gefahr durch herabfallende Äste machte sich schließlich ein kleiner Hilfstrupp zu Fuß auf den Weg.

Dieser erreichte den Schwerverletzten gegen 20.40 Uhr und transportierte ihn bei heftigem Starkregen auf einer Trage zunächst auf Waldwegen, die den Rettern weitgehend unbekannt waren. Weil Anwohner aus Althütte-Fautspach, die den Such- und Rettungseinsatz mitbekommen hatten, umgehend begonnen hatten, die Waldwege zur Einsatzstelle von quer liegenden Baumstämmen zu befreien, konnte der Mann nach kurzer Strecke schließlich auf ein geländegängiges Privatfahrzeug geladen und bis zum Rettungswagen transportiert werden.

Der 78-Jährige wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Laut Angaben der Polizei erlitt er bei dem Vorfall schwere Verletzungen.

Spur der Verwüstung in Althütte und Auenwald

Nicht nur in Althütte, auch im Nachbarort Auenwald hinterließ das Unwetter eine Spur der Verwüstung. Zahlreiche zum Teil massive Bäume hielten den Kräften von heftigem Wind kombiniert mit zwischenzeitlichem Starkregen nicht Stand, zudem wurden vor allem im Norden des Kreises einige Blitzeinschläge verzeichnet. Eine Frau aus Backnang postete auf unserer Facebook-Seite ein Foto von einem in Mitleidenschaft gezogenen Baum auf dem Bonhoeffer-Areal. „Er steht noch, wurde aber krass skalpiert“, schrieb sie. Andere berichteten unter anderem von umherfliegenden Gartenmöbeln.

Leichte Verletzungen zog sich eine Autofahrerin zu, die in der Sturmzeit auf dem Gemeindeverbindungsweg zwischen Backnang und Strümpfelbach unterwegs war. Dort fiel ein abgebrochener Baumwipfel auf das vorbeifahrende Auto. Während die 43-jährige Frau Glück im Unglück hatte und mit leichten Blessuren davonkam, wurde ihr Wagen schwer beschädigt. Die Polizei schätzt den Wertverlust auf 8000 Euro.

Gut eine Stunde lang Stromausfall

In Teilen von Affalterbach, Marbach am Neckar (Kreis Ludwigsburg), Kirchberg an der Murr, Leutenbach, Winnenden und Weiler zum Stein sowie in kleinen Teilen von Erbstetten-Burgstetten und Erdmannhausen kam es gegen 17.25 Uhr zu einer Unterbrechung in der Stromversorgung. Wie der Leitungsbetreiber Syna mitteilte, war ein Baum in eine Freileitung gefallen und hatte so einen Stromausfall verursacht. Durch Netzumschaltungen habe der Großteil der Betroffenen bis auf wenige Haushalte nach rund 60 Minuten wieder mit Strom versorgt werden können. Um 20.10 Uhr seien alle Haushalte wieder angeschlossen gewesen.

Zug muss Notbremsung machen

Auch im Bahnverkehr kam es zu mehreren Störungen. Auf der Strecke zwischen Winnenden und Backnang musste ein Zugführer gegen 18.40 Uhr bei Germannsweiler eine Schnellbremsung einleiten. Wegen eines Blitzeinschlages in einen Baum waren große Teile des Gewächses auf die Gleise gefallen. Verletzt wurde bei dem Vorfall niemand. Nach Beseitigung der Äste konnte der Zug mit seinen rund 300 Fahrgästen weiterfahren. Auch bei Backnang stürzten zwei Bäume auf die Gleise, auch hier kam es zu Behinderungen im Zugverkehr.

Am Tag nach dem Unwetter waren einige Kommunen noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Obwohl sich der Himmel immer wieder verdunkelte, blieb ein weiteres heftiges Gewitter aus. Allerdings steht die Einschätzung der Unwetterzentrale für nahezu ganz Baden-Württemberg auf Gelb als Vorwarnung vor Gewittern. Im Rems-Murr-Kreis halten die Meteorologen bis Samstag, 14 Uhr, ein Umschalten auf Warnstufe Rot mit Windgeschwindigkeiten von über 100 Stundenkilometern für möglich.