Die Renten in Deutschland steigen zum 1. Juli um 4,57 Prozent. Die Besteuerung der Renten wurde mit einer Reform 2004 umgestellt. Schrittweise wird ein immer größerer Teil der Rente steuerpflichtig, während die Beiträge in der Berufsphase steuerfrei gestellt werden. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Wer mit 1300 Euro netto monatlich Miete, Strom und Essen bezahlen muss, lebt nicht gerade üppig. Aber auch Ruheständler mit kleinen Renten zahlen inzwischen einen Obolus an den Staat. 

Mehr als 6,3 Millionen der insgesamt 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland müssen im laufenden Jahr Steuern zahlen. Das geht aus Daten des Bundesfinanzministeriums hervor. Demnach hat sich die Zahl der steuerpflichtigen Empfänger von Rentenleistungen als Folge der Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages verringert.

Rund 244.000 Rentnerinnen und Rentner müssen deswegen den Angaben zufolge 2024 zunächst keine Steuern mehr zahlen. Allerdings nimmt die Zahl der Steuerpflichtigen demnach wieder um etwa 114.000 zu, wenn im Juli die gesetzliche Rente um 4,57 Prozent angehoben wird.

Der steuerliche Grundfreibetrag war zum Jahresbeginn auf zunächst 11.604 Euro pro Jahr erhöht worden. Für die Steuerpflicht von Rentnerinnen und Rentner sind neben der Höhe der Altersbezüge weitere Faktoren ausschlaggebend, insbesondere mögliche weitere Einkünfte wie Mieteinnahmen oder Betriebsrenten oder auf der anderen Seite außergewöhnliche Belastungen wie Krankheits- oder Pflegekosten. Zudem steigt der Teil der gesetzlichen Rente, der steuerpflichtig ist, seit 2005 schrittweise an, eine volle Steuerpflicht gilt erst ab dem Jahr 2040.

Rentenerhöhung und Grundfreibetrag

Der Grundfreibetrag gilt für alle Steuerpflichtigen und bezeichnet das Jahreseinkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss. Er war zum Ausgleich der Inflation zum Jahreswechsel um 696 Euro auf 11 604 Euro erhöht worden. 

Die Renten in Deutschland steigen zum 1. Juli um 4,57 Prozent. Die Besteuerung der Renten wurde mit einer Reform 2004 umgestellt. Schrittweise wird ein immer größerer Teil der Rente steuerpflichtig, während die Beiträge in der Berufsphase steuerfrei gestellt werden. Je später der Rentenbeginn, desto höher ist der besteuerte Anteil der Renteneinkünfte. Viele Renten bleiben deshalb steuerfrei, wenn die Rentner keine weiteren Einkünfte haben.

Besteuerung von Renten

Selbst bei kleinen Renten wird inzwischen Einkommenssteuer fällig. Wer zum Beispiel im Jahr 2023 in den Ruhestand ging und 1300 Euro im Monat netto ausgezahlt bekommt, führt jährlich 127 Euro an den Fiskus ab.

Bei einem Zahlbetrag von 1500 Euro im Monat sind es jährlich 463 Euro Steuern, bei 1800 Euro im Monat bereits 1098 Euro. Die Zahlen gehen aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums an die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht hervor.

Immer größerer Teil der Rente ist steuerpflichtig

Die Besteuerung der Renten wurde mit einer Reform im Jahr 2004 umgestellt. Schrittweise wird ein immer größerer Teil der Rente steuerpflichtig, während die Beiträge in der Berufsphase steuerfrei gestellt werden. Das bedeutet: Ältere Rentner trifft die Besteuerung nicht oder nicht so stark.

Wer zum Beispiel bis 2015 in Rente ging und heute 1300 Euro netto im Monat ausgezahlt bekommt, zahlt keine Einkommenssteuer - anders als die Neurentner des Jahres 2023. Für künftige Rentner wächst die Steuerlast schrittweise weiter.

„Die Rentenbesteuerung sollte für Renten bis 2000 Euro abgeschafft werden“, fordert Sarah Wagenknecht. „Wenn Neurentner bei gleicher Rentenhöhe mehrere hundert Euro mehr Steuern zahlen müssen als ältere Jahrgänge, obwohl sie in der Regel weniger Rente bekommen, dann zeigt das, dass sich das Problem immer weiter verschärft.“ Das treffe selbst Renten, von denen man kaum auskömmlich leben könne. „Es ist absurd, dass ohnehin viel zu niedrige Rentenniveau noch weiter runter zu besteuern“, betont die Politikerin.

Steuern und Abgaben für Rentner steigen unaufhörlich

Die Vorsitzende des neuen Bündnis Sahra Wagenknecht hatte jüngst bereits die Gesamtsumme der Steuern und Sozialabgaben für Rentnerinnen und Rentner abgefragt: Sie ist in den vergangenen Jahren gestiegen und erreicht 2024 voraussichtlich rund 124 Milliarden Euro. Darauf entfallen 54,3 Milliarden Euro an Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung und 11,5 Milliarden Euro für die Pflegeversicherung.

Die Antwort des Ministeriums auf Wagenknechts neue Anfrage zeigt, dass die Sozialabgaben nicht nur in der Summe, sondern auch für die einzelnen Rentner gewachsen sind. 2005 hatten die Senioren einen Eigenanteil von 8,85 Prozent der Bezüge. Seit Juli 2023 sind es 11,5 Prozent.

Bei den Angaben zur Besteuerung ist indes zu beachten: Das Finanzministerium gab die Zahlbeträge netto an – also die Summe nach Abzug von Steuern und Abgaben. 1300 Euro netto entsprechen den Angaben zufolge 1470 Euro brutto. Bei 1200 Euro netto oder weniger wird derzeit keine Einkommenssteuer fällig. Wer mit 1300 Euro netto monatlich Miete, Strom und Essen bezahlen muss, lebt nicht üppig. Aber auch Ruheständler mit kleinen Renten zahlen inzwischen einen Obolus an den Staat.

Immer mehr Ruheständler von Altersarmut betroffen

Zudem sind immer mehr Rentner in Deutschland von Altersarmut betroffen. Die Zahl der Ruheständler, die aus staatliche Hilfe angewiesen sind, steigt. Auch müssen immer mehr Menschen über 65 Jahren hinaus arbeiten, um ihre geringe Rente aufzubessern.

Mehr als sieben Millionen Rentner in Deutschland müssen laut einer Berechnung des Statistischen Bundesamtes monatlich mit weniger als 1250 Euro netto auskommen. Das sind mehr als 42 Prozent aller Rentenempfänger in Land. Mehr als fünf Millionen der Betroffenen sind demnach Frauen.

1000 Euro für jeden vierten Rentner

Auf weniger als 1000 Euro im Monat kommt der Berechnung zufolge etwa jeder vierte Rentenempfänger. Die durchschnittliche Brutto-Rente hierzulande lag laut dem Rentenatlas 2023 der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 bei 1728 Euro bei den Männern und 1316 Euro bei den Frauen.

Wie groß sind die Rentenunterschiede bei Männern und Frauen?

Nach mindestens 45 Versicherungsjahren erhalten die Deutschen im Durchschnitt eine monatliche Rente von 1543 Euro.

Der Unterschied zwischen Frauen und Männern beträgt demnach mehrere hundert Euro: Männer kämen nach 45 Versicherungsjahren auf eine Rente von durchschnittlich 1637 Euro und Frauen auf 1323 Euro pro Monat.

Die durchschnittlichen Renten im Westen und im Osten des Landes gehen dem Bericht zufolge ebenfalls auseinander: In Westdeutschland bekommen Männer und Frauen demnach nach 45 Jahren in der Rentenversicherung durchschnittlich 1605 Euro im Monat. Im Osten seien es hingegen nur 1403 Euro im Monat.

Sozialleistungen im Alter

Wenn die Rente nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, können Rentner Sozialleistungen beantragen. In Deutschland beziehen so viele Rentner wie nie zuvor Grundsicherung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Stand: 2021) erhalten 3,4 Prozent der rund 21 Millionen Rentner Grundsicherung (mit dpa- und AFP-Agenturmaterial).

Info: Durchschnittsrente in Deutschland

Durchschnittsrente
Die Standardrente – auch Eckrente oder Durchschnittsrente genannt – liegt der Statistik der Deutschen Rentenversicherung zufolge in den alten Bundesländern bei 1620,90 Euro brutto. In den neuen Bundesländern kann ein Standardrentner mit einer Brutto-Rente von 1598,40 Euro rechnen (Stand: 1. Juli 2022). Das sind netto vor Steuern in den alten Bundesländern 1442,60 Euro und in den neuen Bundesländern 1422,58 Euro monatlich.

Brutto- und Nettorente
Die individuelle Rentenhöhe in Euro wird durch die Bruttorente, den Rentenzahlbetrag nach Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Nettorente vor und nach Steuern angegeben.

Steuerpflichtige Rentner
Jeder Rentner ist steuerpflichtig. Ob er auch Steuern zahlen muss, hängt unter anderem von der Höhe seiner Rentenbezüge ab. Wie viel Steuern ein Durchschnittsrentner zahlen muss, lässt sich nicht pauschal sagen. Grund ist die Einführung der sogenannten nachgelagerten Besteuerung im Jahr 2005. Seitdem werden Renten nicht mehr einheitlich besteuert.

Abzüge von der Durchschnittsrente
Neben dem steuerlichen Grundfreibetrag, der allen Steuerzahlern zusteht, gibt es für Rentner noch den sogenannten Rentenfreibetrag. Wie hoch dieser ist, richtet sich nach dem Jahr, in dem man in Rente gegangen ist. Bis 2040 soll der Rentenfreibetrag auf null sinken. Von da an müssen Neurentner ihre gesamte Rente versteuern. Nachdem die Freibeträge berechnet sind, werden von der Bruttojahresrente vor Steuern die gesetzlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen (zusammen 10,95 Prozent). Berechnungsgrundlage hierfür ist die volle Jahresrente ohne Abzüge der Freibeträge.

Nettorente nach Steuern
Die Nettorente nach Steuern meint den Geldbetrag, der dem Ruheständler wirklich monatlich zur Verfügung steht. Wie hoch ist dieser im Durchschnitt? Bei Frauen lag die reguläre Altersrente – auch Regelaltersrente genannt – 2021 nach allen Abzügen im Schnitt bei 856,05 Euro. Männer erhielten durchschnittlich 1203,53 Euro. Damit erhalten Männer im Schnitt weiter rund 40 Prozent mehr gesetzliche Rente als Frauen. Nach Angaben des Bundessozialministeriums stehen jeder fünften Rente beziehenden Person monatlich weniger als 500 Euro zur Verfügung. Der tatsächliche Betrag, der jeden Monat ausgezahlt wird und den ein Rentner zur Verfügung hat, ist also deutlich niedriger als die Durchschnittsrente 1620,90 bzw. 1598,40 Euro.

Eckrentner
Maßstab für die Berechnung der Durchschnittsrente ist der sogenannte Eckrentner. Man könnte auch sagen Durchschnittsrentner. Die fiktive Rechengröße des Eckrentners wird dazu verwendet, das Standardrentenniveau sowie den Nachhaltigkeitsfaktor zu berechnen: (1) Der Eckrentner zahlt 45 Jahre Beiträge in die Rentenversicherung ein. (2) Er verdient jedes Jahr das Durchschnittsgehalt aller Versicherten. (3) Beim Rentenbeginn erreicht der Eckrentner die Regelaltersgrenzen. (4) Beim Rentenbeginn besitzt der Eckrentner 45 Entgeltpunkte.

Realer Rentner
Auf 45 Beitragsjahre kommen nur sehr wenige Rentner. Viele Versicherte müssen aber mit wesentlich niedrigeren Altersrenten als der Standardrente rechnen. Abzüge gibt es beispielsweise, wenn das Gehalt regelmäßig unter dem Durchschnitt liegt. Lücken im Erwerbsleben führen ebenfalls zu einer niedrigeren Rente. Insgesamt kommt der Durchschnittsdeutsche auf deutlich weniger Beitragsjahre als der Standardrentner der Deutschen Rentenversicherung.