Mit 83,6 Prozent der Stimmen ist Sigmar Gabriel am Donnerstag beim Bundesparteitag in Leipzig als Vorsitzender der SPD bestätigt worden. Das war sein bisher klar schlechtestes Ergebnis.

Sigmar Gabriel ist am Donnerstag beim Bundesparteitag in Leipzig als Vorsitzender der SPD bestätigt worden. Für zwei weitere Jahre wird er damit die Sozialdemokraten anführen. Allerdings haben ihm die Parteigenossen einen Denkzettel verpasst. Statt 91,6 (2011) gab es nur noch 83,6 Prozent der Stimmen für Gabriel.

Leipzig - Sigmar Gabriel bleibt Vorsitzender der SPD. Die Delegierten des Bundesparteitags in Leipzig bestätigten ihn am Donnerstag mit 83,6 Prozent für weitere zwei Jahre im Amt. Das war sein bisher klar schlechtestes Ergebnis. Bei seinen vorherigen Wahlen hatte Gabriel 94,2 Prozent (2009) und 91,6 Prozent (2011) Zustimmung bekommen. Auf Gabriel entfielen 478 Ja- und 76 Nein-Stimmen. Gabriel sprach von einem „außerordentlich ehrlichen Ergebnis“.

Der 54-Jährige führt die Partei seit vier Jahren. Mit dem Ergebnis wurde auch Gabriels Kurs für die Verhandlungen über eine große Koalition gestärkt. Er betonte, es gehe um Verbesserungen für die Menschen im Land, Bedingung der SPD sei unter anderem ein gesetzlicher bundesweiter Mindestlohn von 8,50 Euro. Zugleich will Gabriel die SPD für neue Bündnisse öffnen. Bei der nächsten Bundestagswahl soll eine Koalition mit der Linkspartei nicht mehr ausgeschlossen werden. Allerdings müsse sich die Linke erst ändern, sagte Gabriel. Für das enttäuschende Wahlergebnis von 25,7 Prozent bei der Wahl am 22. September übernahm er die Verantwortung. Er forderte, die SPD müsse die Kluft zu ihrer Kernklientel, den „kleinen Leuten“, wieder mindern.

Zuvor sagte Gabriel, der Weg zur Mehrheitsfähigkeit im Bund sei offenbar weiter als gedacht. Trotz eines Zugewinns von 2,7 Prozentpunkten oder 1,25 Millionen Wählerstimmen am 22. September habe die SPD das zweitschlechteste Wahlergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren. Dafür trage er als Vorsitzender die Hauptverantwortung, so Gabriel.

Der erfolglose SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte seine Partei auf, die Koalitionsverhandlungen mit Selbstbewusstsein zum Erfolg zu führen. „Das Wesen der Demokratie ist der Kompromiss. Aber nicht die Einigung um jeden Preis.“ Steinbrück stellte klar: „Wenn wir in eine große Koalition gehen, dann nicht, weil wir damit zufrieden sind, im Mannschaftsbus einer Regierung mitfahren zu dürfen. Sondern, weil die SPD immer einen Gestaltungswillen hat, nämlich die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.“ Für die Verhandlungen mit der Union gelte: „Wir haben die Wahl verloren, aber nicht unseren Verstand.“

Steinbrück übernahm ebenfalls Verantwortung für das schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl. „Den Hauptteil der Verantwortung für diese Niederlage trägt der Spitzenkandidat - also ich.“ Eine große Partei wie die SPD könne nur mit einem Wahlergebnis zufrieden sein von „30 Prozent plus X“. Dazu müsse man aber die Wähler überzeugen. Die Delegierten würdigten Steinbrück stehend mit langem Applaus.

Gabriel trat Bedenken gegen eine große Koalition entgegen

Gabriel trat innerparteilichen Bedenken gegen eine große Koalition entgegen. „Wir werden kein zweites Mal eine Politik betreiben, bei der die SPD wieder gegen ihr Selbstverständnis verstößt“, versprach er den Delegierten mit Blick auf das Regierungsbündnis mit der Union zwischen 2005 und 2009. „Mit uns wird es keine politische Liebesheirat und keine Zwangspartnerschaft geben.“ Vielmehr strebe man mit CDU und CSU eine „befristete Koalition der nüchternen Vernunft“ an.

Generalsekretärin Andrea Nahles warb für den geplanten Mitgliederentscheid über einen Koalitionsvertrag mit der Union. „Wer bei uns Mitglied ist, klebt nicht nur Plakate und steht nicht nur am Infotisch“, sagte sie. Gleichzeitig versprach sie den Delegierten, dass die Parteiführung einen Mindestlohn von 8,50 in den Verhandlungen mit der Union durchsetzen werde. „Die SPD ist diesmal unter ihrem Wert geschlagen worden. Das passiert uns nie wieder.“

Gabriel erteilte angesichts der von Union und SPD geplanten Rentenverbesserungen sinkenden Beiträgen eine Absage. „Man kann Altersarmut nicht mit sinkenden Rentenbeiträgen bekämpfen.“

Die Rentenbeiträge könnten wegen eines Milliardenüberschusses in der Rentenkasse von 18,9 auf 18,3 Prozent sinken, Union und SPD sind aber dagegen.

Im Fokus des dreitägigen Bundesparteitag soll die Aufstellung der Partei für die nächsten Jahre stehen. Dazu will sich die Partei für eine Koalition mit der Linkspartei im Bund öffnen. Am Nachmittag wollte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel den Delegierten zur Wiederwahl stellen. Er führt die SPD seit vier Jahren.