Solarmodule für ein Balkonkraftwerk hängen an einem Balkon in Stralsund. Das Bundeskabinett hat Erleichterungen von Solaranlagen beschlossen. Foto: dpa/Stefan Sauer

Sie wollen Ihre Stromkosten langfristig reduzieren? Das geht, wenn man selbst zum Stromproduzenten wird. Kleine Photovoltaik-Anlagen für Balkon und Hauswände lassen sich einfach an die Steckdose hängen. Die Bundesregierung hat jetzt mit einem Gesetz den Weg dahin erleichtert.

Stecker rein und schon fließt der Strom: So einfach lassen sich Solarstromanlagen für Balkone, die Gartenhütte, das Carport und Haus- und Garagenwände bedienen. Solche kompakte Photovoltaik-Anlagen mit Stecker für gewöhnliche Steckdosen sind nicht nur für Hausbesitzer der erste Schritt zur eigenen Stromproduktion, sondern auch für Mieter.

„Der Reiz dieser Geräte besteht darin, dass sie unkompliziert von Laien einzurichten und zu betreiben sind“, erklärt Martin Brandis, Energieberater des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Dafür reichen in der Regel die mitgelieferten Beschreibungen der Hersteller, die Unterstützung durch einen Fachbetrieb ist meist nicht erforderlich.

Gibt es künftig weniger bürokratische Hürden?

Der Bau und der Betrieb von Solaranlagen sollen einfacher und attraktiver werden. Eine entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett am Mittwoch (6. August) beschlossen. Die Reform soll Bürokratie abbauen und den zuletzt anziehenden Ausbau der Solarenergie in Deutschland weiter beschleunigen. Davon sollen sowohl Privatleute als auch gewerbliche Betreiber profitieren.

Gehts es jetzt leichter zum Balkonkraftwerk?

  • Installation: Mit einem Balkonkraftwerk für einige hundert Euro kann man mit überschaubarem Installationsaufwand selbst in die Solarstromerzeugung einsteigen.
  • Registrierung: Nach dem neuen Gesetzentwurf müssten Besitzer den Netzbetreiber nicht mehr über ihre neue Anlage informieren und weniger Angaben im sogenannten Marktstammdatenregister machen, in dem Anlagen zur Gas- und Stromerzeugung registriert sind.
  • Zähler: Übergangsweise kann den Plänen zufolge auch der normale Zähler in Betrieb bleiben, auch wenn dieser bei der Einspeisung von Strom ins Netz rückwärts läuft. Auf die Dauer braucht es aber einen Zweirichtungszähler, der den eingespeisten und den aus dem Netz bezogenen Strom getrennt voneinander erfasst.
  • Stecker: Balkon-Kraftwerke sollen außerdem künftig mit einem Schuko-Stecker angeboten werden, der in haushaltsübliche Steckdosen passt. Die nötige Norm wird derzeit von der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik überarbeitet, einem Gremium zur Erarbeitung von Normen im Elektronik- und IT-Bereich, das sich auf Expertise aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft stützt.

Wie funktionieren die Anlagen?

Wesentliches Element dieser Solaranlagen von der Stange sind ein oder zwei Paneele, die gemeinsam eine Leistung von höchsten 600 Watt erzeugen. Durch Sonneneinstrahlung wird Gleichstrom erzeugt, der in dem Gerät dann zu Netzstrom umgewandelt wird. Und der geht über einen gewöhnlichen Schuko-Stecker in das häusliche Stromnetz über.

Zur Sicherheit sollte man beim Kauf aber darauf achten, dass das gewählte Modell auch tatsächlich an übliche Haussteckdosen angeschlossen werden kann. Sonst droht eine Überlastung und im schlimmsten Fall ein Brand. Es gibt auch Modelle, die eine spezielle Energiesteckdose vorsehen.

Der große Vorteil: Über die Steckdosen sind die Paneele nicht nur schnell installierbar, sie sind auch schnell wieder abzubauen und man kann sie mitzunehmen. Und daher eignen sie sich genauso für Mieter wie für Haus- und Wohnungseigentümer.

Wie sind die Bedingungen für Mieter?

Sie sollten vor dem Aufbau den Hauseigentümer nach seiner Zustimmung fragen, empfiehlt Juristin Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Denn dieser trägt die Verantwortung, dass seine Immobilie diese Anlage sicher trägt und Nachbarn nicht durch Blendung oder Verschattung beeinträchtigt werden.

Wo kann ich diese Mini-Photovoltaik-Anlagen aufhängen?

Die Anlagen brauchen eine Fläche auf oder am Gebäude, etwa an einem Balkon. „Um die dort einfallende Sonneneinstrahlung optimal zu nutzen, sollten die Paneele nach Süden ausgerichtet werden“, rät Energie-Experte Brandis. Für eine maximale Stromausbeute spielt zudem die Neigung der Solarmodule eine Rolle. „Zwischen 20 und 30 Grad Neigung sind optimal.“

Geringfügige Abweichungen von diesen Vorgaben, etwa weil man die Anlagen verrückt, um dem Schatten von benachbarten Gebäuden oder Bäumen auszuweichen, fallen aber nicht groß ins Gewicht. Selbst eine vertikale Montage an der Fassade sei möglich.

Was kosten die Anlagen?

Zwischen 400 und 800 Euro kosten die auch als Balkonkraftwerk bezeichneten Geräte, je nach Ausstattung. „Sie werde vorwiegend über Online-Shops vertrieben, in Bau- oder Heimwerkermärkten sieht man sie noch eher selten“, berichtet Martin Brandis.

Es können extra Kosten entstehen, etwa wenn es keine Schuko-Steckdose in der Nähe gibt oder wenn die ausgesuchten Modelle spezielle Energiesteckdosen erfordern. Wo sie fehlen, müssen sie von einem Fachbetrieb gesetzt und angeschlossen werden.

Zudem erwarten die Netzbetreiber einen Zwei-Richtungs-Stromzähler, damit der Solarstrom, der nicht direkt im Haushalt verbraucht wird, störungsfrei in das allgemeine Stromnetz weitergeleitet werden kann. Die Anschaffungs- und Einbaukosten dieser Geräte tragen die Netzbetreiber, für die Endverbraucher wird allerdings eine monatliche oder jährliche Miete für den Zähler fällig. Die Anlagen sind zudem weitgehend wartungsfrei und auf eine gut 20-jährige Laufzeit ausgelegt.

Wie viel Strom kann man damit produzieren?

„Eine Solarsteckeranlage erzeugt im Schnitt bis zu 600 Kilowattstunden (kWh) Strom im Jahr“, erklärt Bernhard Weyres-Borchert von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). „Dabei ist zu beachten, dass die Ausbeute je nach Standort und örtlichen Gegebenheiten auch deutlich niedriger ausfallen kann.“

Bei einem jährlichen Stromverbrauch von im Schnitt etwa 1200 Kilowattstunden (kWh) pro Person ist das Potenzial also überschaubar. Zudem erzeugt die Anlage den Großteil des Stroms aus Sonnenenergie im Sommer, während der Ertrag im Winter gering bleiben dürfte.

Tragen die Anlagen zur Energiewende bei?

Jedes bisschen Strom aus nachhaltigen Energien tut das. Auch wenn Experten wie Martin Brandis und Bernhard Weyres-Borchert sagen, die große Zeit der Stecker-Solargeräte von der Stange komme erst noch. „Bei der Energiewende spielen diese Konzepte noch keine große Rolle. Bei einer größeren Verbreitung, gerade in dicht besiedelten Ballungsräumen mit vielen Mietwohnungen, könnte ihre Bedeutung aber zunehmen“, sagt Martin Brandis.