Mieter protestieren im Mai vor dem Gebäude Friedhofstraße 11 gegen Modernisierung und Mieterhöhung. Jetzt können sie einen ersten Teilerfolg verbuchen. Foto: Lichtgut-Oliver Willikonsky

Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen Vonovia will in Stuttgart umfangreich modernisieren – und eigentlich auch kräftig die Mieten erhöhen. Doch der Protest der Bewohner zeigt jetzt Wirkung.

Stuttgart - Nach den Protesten gegen geplante Modernisierungen samt massiver Mieterhöhungen lenkt Deutschlands größter Immobilienanbieter ein. Das Bochumer Unternehmen Vonovia hat am Dienstag angekündigt, auf die Mieter zuzugehen. So sollen die Sanierungspläne an einem Hochhaus in der Friedhofstraße abgespeckt werden und damit auch die späteren Mehrkosten. Dort sollten laut den ersten Informationsbriefen, die die Bewohner erhalten haben, nach Abschluss der Arbeiten die Mieten bis zu 60 Prozent steigen. Viele der Menschen, die dort für eher kleines Geld leben, können sich das nicht mehr leisten. Der Mieterverein spricht von 19 Härtefällen unter den 81 Mietern des Gebäudes.

Jetzt hat das Unternehmen erneut Briefe an die Betroffenen verschickt. „Wir möchten, dass unsere Mieter bei uns wohnen bleiben können. Wir werden niemanden herausmodernisieren. Wir gehen auf die Mieter ein“, sagt Vorstand Klaus Freiberg. Er hatte zuvor im Interview mit unserer Zeitung bereits angekündigt, bei Härtefällen die Mieterhöhung zu reduzieren und vermehrt Sozialarbeiter als Ansprechpartner für die Bewohner einsetzen zu wollen.

In dem aktuellen Schreiben kündigt Vonovia an, verschiedene Modernisierungsmaßnahmen in der Friedhofstraße 11 nach Protesten der Mieter wegzulassen oder nicht umzulegen. So werden keine neuen Rollläden am Haus angebracht. Alte Heizkörper sollen zwar weiterhin erneuert werden, aber nur da, wo sie nicht in letzter Zeit bereits ausgetauscht worden sind. Zudem fließt die Maßnahme nicht in die Mieterhöhung ein. Weiter sollen die Bewohner selbst entscheiden können, ob sie eine neue Wohnungseingangstür bekommen. Außerdem will Vonovia für Balkone, die während der Bauzeit nicht genutzt werden können, eine Mietminderung gewähren, die ohne Antrag automatisch erfolgen soll.

Maximal drei Euro mehr pro Quadratmeter

Kernpunkt der Aussagen ist der letzte, der erwähnt wird. „Wir haben uns entschlossen, den angekündigten Mieterhöhungsbetrag auf maximal drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche oder acht Prozent der Modernisierungskosten für alle Mieter zu kappen“, heißt es da. Das bedeutet, dass manche Miete künftig nicht so sehr steigen wird wie ursprünglich angekündigt – allerdings immer noch in einem Bereich, der für manche kaum zu bezahlen sein wird. Damit ziehe man ohne rechtliche Verpflichtung vor, was der Gesetzgeber bereits geplant, aber noch nicht umgesetzt habe, betont man bei Vonovia.

All die angekündigten Schritte gelten laut einer Sprecherin zunächst einmal nur für die Friedhofstraße 11 – mit Ausnahme der Begrenzung der Mieterhöhung auf drei Euro pro Quadratmeter. Damit ist offen, was in den anderen Sanierungsgebieten passiert. Die Vonovia will allein in diesem Jahr 279 ihrer 4606 Wohnungen in Stuttgart modernisieren. Proteste dagegen gibt es auch in Untertürkheim und anderen Stadtbezirken. Dazu sagt die Sprecherin: „Wenn jemand Probleme hat, soll er sich an uns wenden. Wir finden für alles eine Lösung.“

Über die erwähnten Punkte hat Freiberg zuletzt ein Gespräch mit Chris Kühn, dem Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der Grünen im Bundestag, geführt. Demnächst soll es auch ein Treffen mit Kühns Parteikollegen, dem Stuttgarter OB Fritz Kuhn, zu diesem Thema geben. Dabei soll es offenbar auch um den Neubau von günstigen Wohnungen in Stuttgart gehen.