Der Tod von Kabus bin Said al-Said, Sultan von Oman, könnte das kleine Land verändern. Foto: dpa

Der Oman ist eine Insel der Stabilität im Nahen Osten. Bleibt das nach dem Tod des Langzeitherrschers so?

Tunis - Selten waren die internationalen Reaktionen auf den Tod eines nahöstlichen Herrschers so einhellig wie bei Omans Sultan Kabus, der am Freitag im Alter von 79 Jahren gestorben ist. „Wir trauern um einen großen Staatsmann“, würdigte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) den Verstorbenen. Für ihn sei „das friedliche Zusammenleben aller Völker in der Nah- und Mittelostregion ein zentrales Anliegen“ gewesen, für das er sich „mit Entschlossenheit und Empathie“ eingesetzt habe. Die Europäische Union würdige seine „beispiellose Kompetenz“. Israel nannte ihn einen „Förderer von Frieden und Stabilität“; der Iran sprach von einem „Verlust für die Region“.

Auch bei der Thronfolge wollte Kabus in seiner Heimat keinen Unfrieden stiften. Omans Langzeitherrscher hatte weder Brüder noch Nachkommen. Deshalb ließ er in der Verfassung verankern, dass nach seinem Tod die Familie seines Onkels Tarik bin Taimur drei Tage Zeit bekommt, aus ihren Reihen einen Nachfolger zu küren. Käme es zu keinem Konsens, solle ein versiegeltes Testament des Verstorbenen geöffnet werden, in dem Kabus posthum den neuen Staatschef bestimmt.

Paternalistische Herrschaft und Personenkult um Kabus

Doch die Herrscherfamilie verzichtete von vornherein. Und so wurde schon am Samstag nach der Trauerfeier in der Großen Moschee von Muskat der letzte Wille von Kabus verlesen und sein Cousin Haitham bin Tarik, bisher Kulturminister, als neuer Sultan inthronisiert. Der 65-Jährige übernimmt ein reiches, aber auch kompliziertes Erbe. Innenpolitisch könnte der Machtübergang Konflikte an die Oberfläche bringen, die durch die paternalistische Herrschaft und den Personenkult um Kabus eingedämmt waren. Politische Parteien existieren nicht. Im Arabischen Frühling 2011 kam es erstmals seit Jahrzehnten zu Demonstrationen, in der Hafenstadt Sohar sogar zu Ausschreitungen.

Außenpolitisch war der Oman bisher eine Insel der Stabilität, obwohl es gegenüber dem Iran an der Straße von Hormus liegt und dem Bürgerkriegsland Jemen benachbart ist. Wie kein anderer Herrscher der arabischen Welt verstand es Kabus, sein Land von Turbulenzen fernzuhalten und als Friedensmittler zu etablieren. Die Kontakte zwischen Washington und Teheran im Vorfeld des inzwischen gekündigten Atomabkommens von 2015 waren über die Schweiz des Nahen Ostens gelaufen. Viele Geiseln verdanken den Unterhändlern des Sultans ihre Befreiung. Im Herbst 2018 besuchte sogar Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Oman. Auch im Familienkrach zwischen den Golfstaaten Saudi-Arabien, Emirate und Katar vermittelte das Sultanat.

Das Land hat sich wohltuend modernisiert

Vor einigen Jahren erkrankte Kabus an Darmkrebs, ließ sich auch in Deutschland behandeln. 1940 in Salalah geboren, besuchte er als junger Mann die renommierte britische Militärakademie in Sandhurst und war dann bei einem britischen Infanterieregiment in Deutschland stationiert. 1970 putschte er gegen seinen Vater Sultan Said bin Taimur und übernahm ein bitterarmes Land, in dem ein Bürgerkrieg tobte. Mithilfe iranischer Truppen, die ihm Schah Mohammad Reza Pahlevi überließ, konnte er die Lage befrieden.

Klug nutzte Kabus die Ölvorkommen, um aus dem Land mit damals zehn Kilometern geteerter Straße und wenigen Schulen einen modernen Staat zu formen. Heute liegt das jährliche Pro-Kopf-Einkommen bei 15 000 Euro. Seit fast zwei Generationen leben die Einwohner schon in Frieden – im Nahen Osten ein kostbares Gut, das bin Tarik bewahren muss.