FDP-Parteichef Christian Lindner ist blass geblieben Foto: dpa

Auf ihrem Dreikönigstreffen will die FDP an diesem Dienstag im Stuttgarter Opernhaus Farbe bekennen. Doch die Liberalen kommen nicht richtig voran - auch wenn sie alles andere als überflüssig sind, kommentiert Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Welche Farbe kommt in der Natur nicht vor? Richtig: Magenta. Fachleute nennen sie die „Farbe außerhalb des Regenbogens“, denn sie ist keine reine Farbe oder Spektralfarbe, weil sie keiner einzelnen Wellenlänge zugeordnet werden kann. Ihr Name kommt von einer Kleinstadt in der Lombardei, wo Frankreich und Österreich in der gleichnamigen Schlacht aufeinanderschlugen. Das war 1859, in dem Jahr, in dem Magenta zum ersten Mal synthetisch hergestellt wurde. In der Farbenpsychologie steht Magenta für Idealismus, Dankbarkeit und Mitgefühl, aber auch für Arroganz und Herrschsucht.

Eine Farbe ohne Natur. Eine Partei ohne Parlament. Womit die FDP ins Spiel kommt. Auf ihrem Dreikönigstreffen wollen die Liberalen an diesem Dienstag im Stuttgarter Opernhaus Farbe bekennen. Magenta. Ein neuer Tupfer neben dem zentralen Gelb und Blau. Eine Modernisierung des öffentlichen Auftritts. Kein Traditionsbruch. So verkündet es, Magenta zum Trotz, ein anfangs maßlos überschätzter, mittlerweile nur noch erschreckend blasser FDP-Chef. Es sind nicht nur gewohnt böse Zungen, die behaupten: Mehr als Magenta hat Christian Lindner auch fünf Vierteljahre nach dem Bundestagsdebakel nicht anzubieten.

Die Liberalen kommen nicht richtig voran. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass sie am 20. Februar 2011 bei der Wahl in Hamburg 6,7 Prozent holten und wieder in die Bürgerschaft der Hansestadt einzogen. Was damals bedeutete: Die FDP war in allen 16 deutschen Landesparlamenten vertreten. Wie tief der Sturz der Liberalen ist, zeigt neben dem Bundestagsabschied eine andere Zahl: Ende 2014 gibt es sie – durch die Bank in der Opposition – nur noch in sechs Landtagen. Ein Ende des Niedergangs ist nicht in Sicht. Am 15. Februar 2015 könnten es nach der Hamburg-Wahl nur noch fünf sein. Noch ein verlorenes Jahr. Und in den bundesweiten Umfragen dümpelt die Partei zwischen zwei und drei Prozent – ständig in akuter Gefahr, dauerhaft den Anschluss zu verpassen. Programmatisch wie personell.

Aus dem Auge, aus dem Sinn? Mag es der Wirtschaft auch langsam dämmern, dass sich die schwarz-rote Koalition in kostspieligen sozialen Wohltaten verheddert statt wachstumsfördernde Impulse zu geben und marktwirtschaftliche Akzente hinter weitgreifenden Umverteilungsbeschlüssen zurücktreten: Kaum einer traut den lethargisch wirkenden Liberalen zu, schon bald wieder ein unverzichtbares Korrektiv im Bundestag zu sein. Die FDP bäumt sich nicht auf. Sie duckt sich müde weg, schickt sich ergeben in immer neue Wahlschlappen und sieht mit hoffnungslosem Trotz der nächsten Bundestagswahl 2017 entgegen – laut Lindner der eigentlichen Schicksalwahl. Die aber hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Liberalen zuvor zumindest in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen parlamentarisch vertreten bleiben – im Idealfall als Zünglein an der Waage. Ein Magenta-Traum.

Dabei zeigt sich nach einem Jahr Schwarz-Rot immer klarer: Mag die FDP auch erschreckend farblos sein – überflüssig ist sie nicht. Zwischen den Protestblock von AfD und Linkspartei und dem von einer CDU-Kanzlerin geführten sozialdemokratischen Lager wäre ein wirtschafts- und nationalliberales Korrektiv zwingend nötig. Als ein Zeichen politischer Hygiene. Als Sammelpunkt einer mitgestaltenden Mitte.

Manchmal könne sie sich nur wundern, wie die FDP heute schon von vielen abgeschrieben werde, hat Angela Merkel auf dem letzten CDU-Bundesparteitag gesagt. Sichtlich bemüht, die Liberalen im Spiel zu halten. Doch solange die FDP nicht beginnt, wieder an sich selbst zu glauben, solange sie themenlos nicht weiß, wie sie wieder auf die Beine kommen will, ist das nur ein farbloser Trost. Mit oder ohne Magenta.