Die EZB lässt Leitzinsen im Währungsraum der 20 Staaten zum vierten Mal in Folge unverändert. Foto: dpa/Boris Roessler

Die Euro-Währungshüter ändern ihren Kurs vorerst nicht. Da die Inflation weiterhin auf dem Rückzug ist, werden Forderungen nach Zinssenkungen aber nicht verstummen.

Die von der Wirtschaft ersehnte Zinssenkung im Euroraum lässt weiter auf sich warten. Vorerst bleibt der Leitzins, zu dem sich Banken im Euroraum frisches Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) besorgen können, unverändert bei 4,5 Prozent. Das entschied der Rat der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt. Der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, beträgt weiterhin 4,0 Prozent. Damit lässt die EZB die Leitzinsen im Währungsraum der 20 Staaten zum vierten Mal in Folge unverändert.

Im Juli 2022 hatte die EZB die Jahre der Null- und Negativzinsen beendet, um die zeitweise auf Rekordhöhe gekletterte Inflation in den Griff zu bekommen. Zehnmal in Folge schraubte die Notenbank die Zinsen nach oben. Dass Kredite damit mehr kosten, kann die Nachfrage bremsen und hohen Inflationsraten entgegenwirken. Teurere Finanzierungen sind aber zugleich eine Last für Unternehmen und private Investoren. Angesichts schwächelnder Konjunktur mehren sich Forderungen, die Zinsen wieder zu senken.

Zudem zeigte bei der Inflationsrate sowohl im Euroraum als auch in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland der Trend zuletzt nach unten. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Februar 2024 um 2,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor. In Deutschland erreichte die jährliche Teuerungsrate im Februar nach vorläufigen Daten mit 2,5 Prozent den niedrigsten Stand seit Juni 2021.

Preisentwicklung bewegt sich in Richtung EZB-Ziel

Insgesamt bewegt sich die Preisentwicklung somit in Richtung des EZB-Ziels von mittelfristig zwei Prozent. Bei diesem Wert sehen die Währungshüter Preisstabilität gewährleistet. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Sie können sich dann für einen Euro weniger leisten.

Nach neuester Einschätzung der EZB wird die Inflation im Euroraum schneller zurückgehen als noch im Dezember erwartet. Zugleich haben sich die Aussichten für die Konjunktur im Währungsraum der 20 Länder weiter eingetrübt, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Prognose der Notenbank hervorgeht.

Für das laufende Jahr rechnet die EZB nun mit einer Teuerungsrate von 2,3 Prozent. In ihrer im Dezember vorgelegten Prognose war die Notenbank noch von 2,7 Prozent ausgegangen. 2025 wird eine Rate von 2,0 (Dezember-Prognose: 2,1) Prozent erwartet. Ein schnellerer Rückgang der Inflation könnte Spielräume für Zinssenkungen eröffnen.

Dafür spricht auch, dass sich die Aussichten für die Wirtschaft im Euroraum weiter verschlechtert haben. Die EZB erwartet nur noch 0,6 Prozent Wachstum in diesem Jahr, im Dezember waren noch 0,8 Prozent vorhergesagt worden. In den Jahren 2025 (1,5 Prozent) und 2026 (1,6 Prozent) dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wieder kräftiger zulegen.

Volkswirte rechnen mit Zinssenkung

Volkswirte rechnen damit, dass die EZB im laufenden Jahr die Zinsen senken wird. Auf einen genauen Zeitpunkt wollten sich die Währungshüter aber bislang nicht festlegen. Führende Notenbanker warnten in den vergangenen Wochen davor, voreilig den Sieg über die Inflation auszurufen. „Auch wenn die Versuchung groß sein mag: Für Zinssenkungen ist es zu früh“, sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bei der Bilanzvorlage der Bundesbank am 23. Februar. Die Inflation sei zwar auf dem Rückzug, aber noch sei das Ziel nicht erreicht. 

EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte in einer Rede vor dem Europaparlament Anfang vergangener Woche frühere Einschätzungen, wonach sich der Prozess rückläufiger Inflationsraten fortsetzen dürfte. Lagarde betonte jedoch: Der EZB-Rat müsse für Kursänderungen zunächst zuversichtlich sein, dass das Inflationsziel der Notenbank nachhaltig erreicht werde.