Peter Spuhler, Jahrgang 1965, leitet die Badischen Staatstheater Karlsruhe seit Sommer 2011. In Heidelberg gelang ihm bereits eine stark von Bürgerengagement getragene Sanierung des dortigen Theaterbaus. Foto: dpa / Uli Deck

Peter Spuhler, der Generalintendant des Badischen Staatstheaters, erklärt, warum Karlsruhe schon viel weiter ist als Stuttgart.

Stuttgart/Karlsruhe - Auch in Karlsruhe wurde lange über die Generalsanierung des eigenen Staatstheaters diskutiert. Aus einem Wettbewerb ging das Wiener Architektenbüro Delugan Meissl als Sieger hervor. Peter Spuhler, Generalintendant des Hauses,berichtet über den aktuellen Stand des rund 300 Millionen Euro teuren Projektes.

Herr Spuhler, für Ende 2019 war in Karlsruhe der Baubeginn versprochen. Nun haben wir November – ist der erste Baukran schon in Sicht?

Nein, ein Kran steht noch nicht. Aber wir haben in der Tat schon angefangen mit dem Bauen: Auf dem Baufeld wurden Kunstwerke gesichert und Leitungen verlegt. Als Nächstes wird die Zufahrt unserer Tiefgarage verändert, auf der ja das neue Schauspielhaus entstehen soll. Und ein Ersatz-Eingangsgebäude wird errichtet, weil das alte abgerissen wird. Für die Karlsruher ist noch nicht wirklich etwas passiert. Aber in Wirklichkeit sind wird schon seit zehn Jahren im Prozess. 13 Jahre liegen vor uns bis zur vollständigen Inbetriebnahme 2032. Macht zusammen dann ein Vierteljahrhundert.

Sie sind ja schon aus Ihrer früheren Heidelberger Intendantenzeit Sanierungsexperte. Fühlen Sie sich und Ihr Haus für die kommenden Jahre gerüstet?

Ja, mir macht Sanieren tatsächlich Spaß. Und unser Architektenentwurf ist einfach hervorragend. Darüber hinaus lösen wir vieles bei uns im Haus, ich habe für den Bau einen eigenen Technischen Direktor eingestellt. Unsere besondere Herausforderung in Karlsruhe ist: Wir bauen an und ziehen um und bauen an und ziehen um. Dadurch dauert es länger, aber wir sparen Geld.

Das hat sicher Vor- und Nachteile.

Für Zuschauer und Mitarbeiter bedeutet das zehn Jahre Theater in der Baustelle. Wir verlieren Flexibilität in der künstlerischen Planung. Aber wir können auf eine vollständige Betriebsauslagerung der 900 Mitarbeiter verzichten und brauchen eine Ersatzspielstätte für Oper und Ballett erst in den letzten drei Jahren der Sanierung. Diese Möglichkeit ist, so weit ich sehe, in Stuttgart nicht gegeben.

Die Sanierungsdebatte in Karlsruhe mündete in große Unterstützung für das Projekt in der Bürgerschaft, trotz hoher Kosten. Wie ist das gelungen?

Solche Vorhaben sind auf breite Zustimmung angewiesen. Die wichtigen Entscheidungen fielen einstimmig und über Parteigrenzen hinweg – selbst, als es finanziell eng wurde. Dazu hat sicher der interessante Entwurf beigetragen, die Idee eines offenen Hauses für die Bürgergesellschaft; ein Theater, das mehr ist als ein Theater, ein Wohnzimmer für die Stadt, auch tagsüber geöffnet. Es war mir wichtig, dass wir ein Angebot an alle machen, auch an die Steuerzahler, die nicht ins Theater gehen.

Berlin, Köln, Frankfurt, Augsburg, Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart: Viele Städte in Deutschland sind derzeit mit Theatersanierungen befasst, und überall sind Planung und Umsetzung kompliziert und kostspielig. Woran liegt das?

Theaterbauten sind außerordentlich komplex, vergleichbar mit Krankenhäusern. Wenige Beteiligte bauen mehrfach solche Gebäude. Gleichzeitig wird Bauen immer komplizierter, wenn man, wie in Deutschland, alle Regeln sehr ausdifferenziert. Zudem sind wir in einer Phase, in der die nach dem Zweiten Weltkrieg gebauten oder wiederhergestellten Häuser zeitgleich der Renovierung bedürfen.

Und wäre nicht manchmal kleiner auch besser?

Um kleiner oder größer geht es meist nicht; sondern um Ja oder Nein. Und die Antwort in einem Land wie Deutschland kann nicht „Nein“ heißen.