Im Jobcenter Berlin Treptow-Köpenick hält ein Mann einen Antrag auf Bürgergeld in der Hand. Das Bürgergeld wird im kommenden Jahr um rund zwölf Prozent steigen. Foto: dpa/Jens Kalaene

Das Bürgergeld soll im Januar um zwölf Prozent erhöht werden. SPD und Grüne stellen dies nicht in Frage. CDU und CSU stemmen sich gegen den starken Anstieg. Auch die FDP sieht Handlungsbedarf und wartet mit einem neuen Vorschlag auf.

In der Debatte um Einsparungen beim Bürgergeld hat die FDP die Berechnung der Sozialleistung als veraltet kritisiert. Die Berechnungsmethode komme „noch aus Zeiten von Hartz IV“ und sei „längst überholt“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. „Ich hielte es für richtig, im Zuge der Beratungen über den Haushalt auch über die Berechnung des Bürgergelds zu sprechen“, schlägt Dürr vor.

FDP: Alte Berechnungsmethode beim Bürgergeld

Dürr betont, es müsse genau geprüft werden, „ob mit der alten Berechnungsmethode das Lohnabstandsgebot gewahrt werden kann“. Wer arbeite, müsse „immer mehr Geld übrig haben als jemand, der das nicht tut.“ Das sei „eine Frage der Gerechtigkeit“. Es seien „die Steuerzahler, die jeden Tag zu unserem Sozialstaat beitragen“, argumentiert Dürr.

Wegen der Haushaltskrise kamen aus der CDU und der FDP zuletzt Forderungen, das Bürgergeld nicht wie geplant zum Januar um zwölf Prozent zu erhöhen. Die Bundesregierung hat angekündigt, trotz der Kritik an der Erhöhung festhalten zu wollen.

Debatte um Bürgergeld-Erhöhung in der Ampelkoalition

Sozialminister Heil hat hingegen betont, es sei „moralisch unverantwortlich und mit der Verfassung nicht vereinbar“, den Betroffenen eine Anpassung der Regelsätze zu verwehren.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärt: „Ich wüsste nicht, dass es innerhalb der Bundesregierung Pläne gibt, an der gesetzlichen Grundlage etwas zu verändern.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte den Bereich Soziales mit dem Bürgergeld als einen Sparbereich genannt, um eine Milliardenlücke im Haushalt 2024 zu stopfen. Die Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung dazu dauern noch an.

Wie hoch wird das Bürgergeld 2024 sein?

Die mehr als fünf Millionen Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld werden im kommenden Jahr spürbar höhere Leistungen erhalten. So werden Alleinstehende von Anfang 2024 an 563 Euro statt wie heute 502 Euro pro Monat bekommen.

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.sozialstaat-kindergrundsicherung-vom-traum-zum-monstrum.176c7bd9-bd6e-48ff-9357-b6a88bca8da7.html

Wie stark steigt das Bürgergeld?

Mit der zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Bürgergeld-Reform werden die Sätze schneller als in der Vergangenheit an die Inflation angepasst. Für Jugendliche vom 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre sollen künftig 471 statt 420 Euro fließen.

Für Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres werden 390 statt 348 Euro gezahlt. Für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres sollen 357 statt 318 Euro fließen.

Derzeit beziehen 5,5 Millionen Bedürftige Bürgergeld, darunter 1,68 Millionen Arbeitslose. Im Januar hatte das Bürgergeld als zentrale Sozialreform der Ampel-Regierung Hartz IV in seiner früheren Form abgelöst. Die Regelsätze waren bereits zu Jahresbeginn um rund 50 Euro gestiegen.

Wird das Bürgergeldkünftig schneller erhöht?

Durch die Reform wird die Höhe der Leistungen schneller als früher an die Preisentwicklung angepasst. Zuvor war die Inflation nur sehr zeitverzögert berücksichtigt worden. Nun wird das Lohn- und Inflationsniveau für die Regelsätze des Folgejahres bis zum zweiten Quartal des aktuellen Jahres berücksichtigt.

Der Paritätische Gesamtverband hatte das Bürgergeld wiederholt als nicht ausreichend kritisiert. Auch 2023 decke der Satz bei Bürgergeld, Altersgrundsicherung und bei Erwerbsminderung den Mindestbedarf nicht, heißt es im Armutsbericht des Verbandes. Dafür müsste er bei 725 Euro liegen, wie der Verband unter Berufung auf eigene Berechnungen sagt.

Was gilt innerhalb der Karenzzeit?

Das Bürgergeld war nach monatelangen Verhandlungen in der Ampel-Koalition eingeführt worden. Seit Anfang des Jahres gilt eine 12-monatige Karenzzeit: Während dieser Karenzzeit werden die bisherigen Kosten der Wohnung übernommen und das Vermögen wird nur berücksichtigt wird, wenn es bestimmte Schwellen übersteigt.

Auch Freibeträge für Erwerbstätige wurden inzwischen verbessert. Kernziele der Bürgergeld-Reform sind die Stärkung der individuellen Betreuung von Betroffenen im Jobcenter - und mehr Weiterbildung und Qualifizierung für Jobs.

Wie hoch sind die aktuellen Regelsätze des Bürgergeldes?

Wie hoch die Regelsätze beim Bürgergeld sind, zeigt die folgende Übersicht:

• 502 Euro: für Alleinstehende

• 451 Euro: für eheliche oder nichteheliche Partner einer Lebensgemeinschaft

• 420 Euro: für Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren

• 348 Euro: für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren

• 318 Euro: für Kinder bis einschließlich 5 Jahren

Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?

Das Bürgergeld-Gesetz sieht vor, dass der Anspruch auf Bürgergeld besteht:

• bei Bedürftigkeit

• bei grundsätzlicher Erwerbsfähigkeit

• oft im Anschluss an Leistungen auf das Arbeitslosengeld I

• Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte, wird künftig einen Anspruch auf Bürgergeld haben. Dafür müssen keine neuen Anträge gestellt werden. Infrage kommt das Bürgergeld auch für Menschen, deren Arbeitseinkommen nicht zum Lebensunterhalt reicht.

Werden Vermögen und Wohnung beim Bürgergeld angerechnet?

Ja. Die Angemessenheit der Wohnung wird erst nach einer Karenzzeit von zwölf Monaten geprüft. Bis dahin werden die tatsächlichen Kosten der Wohnung übernommen. Die Karenzzeit gilt nicht für Heizkosten, die von Beginn an in „angemessenem Umfang“ gewährt werden.

In den ersten 12 Monaten bleibt zudem Vermögen bis zu 40 000 Euro für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft geschützt. Für jede weitere Person der Gemeinschaft erhöht sich dieser Freibetrag um jeweils 15 000 Euro.

Info: Was ist das Bürgergeld?

Hartz IV
18 Jahre nach dem Start von Hartz IV soll das Bürgergeld im neuen Jahr die bisherigen Regeln für Arbeitslose in Deutschland ablösen. Im November beschlossen Bundestag und Bundesrat nach langem Ringen das Gesetz, das als wichtigste Sozialreform der Ampelkoalition gilt.

Bürgergeld-Gesetz
Mit dem Bürgergeld-Gesetz („Zwölftes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz“) vom 16. Dezember 2022 ist das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) geändert worden. Das Bürgergeld hat damit die bisherigen Hartz-IV-Regelungen abgelöst.

Arbeitslosengeld II
Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 ist schließlich die im SGB II geregelte Grundsicherung für Arbeitsuchende – also Arbeitslosengeld II und Sozialgeld– in Bürgergeld umbenannt worden.