Zwischen 20 Uhr und 8 Uhr darf man hier vorsichtig radeln. Foto: Gottfried Stoppel

Das Thema entwickelt sich in Winnenden zum Dauerbrenner: Radeln in der Fußgängerzone. Während das in vielen Städten bereits erlaubt ist, debattiert der Winnender Gemeinderat bereits im zweiten Durchlauf das Thema voller Leidenschaft – und will es im nächsten Jahr nochmals auf die Agenda nehmen.

Winnenden - Da sage noch mal einer, Kommunalpolitik sei langweilig. Am Dienstagabend hat der Winnender Gemeinderat trotz tropischer Temperaturen Temperament bewiesen. Das alte Thema Radeln in der Fußgängerzone trieb das Gremium in seiner letzten Sitzung in alter Besetzung zur Hochform an. Mit Leidenschaft wurde diskutiert – und am Ende doch wieder ein Kompromiss beschlossen: nochmals ein Jahr lang wird beobachtet, was Radfahrer treiben, wenn man sie in der Marktstraße fahren lässt.

Eine Philippika gegen Radler auf der Marktstraße

Eigentlich hatte die Verwaltung mit dem begeisterten Radfahrer Hartmut Holzwarth an der Spitze gehofft, endlich einen Knopf an das Thema machen zu können. Zumal es in vielen anderen Städten wie Waiblingen oder Backnang keines mehr ist. Eigentlich sei das schon beschlossen gewesen, argumentierten der Oberbürgermeister und der zweite überzeugte Radler im Gremium, Christoph Mohr von der Alternativen Liste (Ali). Doch vergeblich: Widerstand regte sich über alle Fraktionen hinweg.

„Neulich hätte ich beinahe einen vom Rad geschuckt, als der am helllichten Tag hinter mir angefahren kam“, berichtete der SPD-Stadtrat Uwe Voral in einer „Philippika“, wie OB Holzwarth dessen Beitrag gegen das Radeln in der Fußgängerzone a bezeichnete. Im letzten Moment habe er erkannt, dass da ein zehnjähriger Bub auf dem Rad saß. Diesen habe er selbstverständlich nicht aus dem Sattel gehoben, so der gewohnt temperamentvolle Voral.

Der OB will nicht jeden vom „Göppel“ ziehen

Radeln in Längsrichtung ist in der Fußgängerzone nämlich nur in der Zeit zwischen 20 und 8 Uhr erlaubt, und das auch nur in Schrittgeschwindigkeit. Auf jeden Fall so, dass niemand gefährdet wird. Das solle man jedoch kontrollieren und vor allem bei Verstößen sanktionieren, forderte der CDU-Stadtrat Siegfried Lorek. Und zwar konsequent. „Nur so kann man die Regeln durchsetzen.“

Dem Oberbürgermeister schien das allerdings zu radikal. „Es kann nicht sein, dass der Gemeindevollzugsdienst jeden vom Göppel ziehen soll, auch wenn er vorsichtig fährt“, argumentierte Holzwarth.

Doch bei Lorek, der sich als Polizist mit dem Ordnungswidrigkeitengesetz auskennt, stieß er auf Granit. Dieser stellte einen weitergehenden Antrag zur Entscheidung: „Die Stadt Winnenden soll ordnungswidriges Befahren der Fußgängerzone regelmäßig sowie zu verschiedenen Uhrzeiten kontrollieren und Verstöße sanktionieren. Zur Verbesserung der Einhaltung der Verkehrsvorschriften ist über die Kontrollen regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.“

„Selbstjustiz“ soll vermieden werden

Damit traf er offensichtlich den Nerv des Gemeinderats. Mit nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung wurde der Antrag angenommen. Außerdem hatte Lorek bemängelt, dass 20 Euro Maximal-Bußgeld zu wenig seien bei rabiatem Radeln, 25 Euro sehe das Gesetz vor. „Wir brauchen nicht noch einen Rabatt geben.“

Auf jeden Fall sei es sinnvoll, etwas gegen Rabauken zu unternehmen, befand nicht nur Hans Ilg (Freie Wähler) mit Blick auf Uwe Voral. „Bevor es zu Selbstjustiz kommt.“ Auch Nicole Steiger (FDP) ist überzeugt, „da glaubt jeder, er kann machen, was er will“.

In einem Jahr will man nun weitersehen, dann unter neuer Besetzung. Der im Mai gewählte Gemeinderat wird am kommenden Dienstag ins Amt eingeführt. Die Debatte um das Radeln in der Fußgängerzone, wird vermutlich auch den neuen Rat nicht kalt lassen. Man wird sehen.