Die Autoindustrie sieht in der Erneuerung der Flotten den stärksten Beitrag zur Senkung der Luftschadstoffe. Foto: dpa

Bis in der kommenden Woche will die Regierung ein Diesel-Paket schnüren. Industrie und Verkehrsminister bleiben bei der Hardware-Nachrüstung skeptisch.

Berlin - Die Bundesregierung verlangt von der Automobilindustrie eine Neuauflage von Umstiegsprämien für die Besitzer älterer Dieselautos. Diese Forderung soll Teil eines Pakets werden, über das Berlin mit der Autoindustrie verhandelt. Die Kaufanreize sollen nach Meinung Berlins über die Prämien hinausgehen, die die Hersteller bis zur Jahresmitte anboten, um Besitzer älterer Dieselautos zum Neukauf zu bewegen. Nach Angaben der Industrie hätten 200 000 Neuwagenkäufer das Angebot genutzt.

Die Hardware-Nachrüstung von Millionen älterer Diesel-Pkw lehnt die Autoindustrie nach wie vor ab. Das Hauptargument der Branche ist der Faktor Zeit: Die Umrüstung der Dieselfahrzeuge mit Katalysatoren werde zwei bis drei Jahre benötigen, argumentieren die Hersteller. Politik und Industrie denken zudem darüber nach, die Hardware-Nachrüstung für ausgewählte Fahrzeuge wie Handwerkerflotten anzubieten.

Der Verkehrsminister setzt auf neue Flotten

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) machte deutlich, dass er einer Hardware-Nachrüstung privater Dieselautos skeptisch gegenübersteht. „Oberste Priorität hat die Erneuerung der Fahrzeugflotten“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Dies sieht auch die Industrie so. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erklärte, die Erneuerung des Fahrzeugbestands sei das wirksamste und schnellste Instrumente zur Luftverbesserung. „Darauf legen wir auch weiterhin unser größtes Augenmerk“, so der VDA.

Ob die Autobauer damit bei der Regierung durchkommen, ist ungewiss. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, dass die Bundesregierung alle Optionen prüft – dazu gehört auch die Hardware-Nachrüstung. Mit der Forderung konnte sich die Regierung beim Spitzentreffen mit Automanagern am Sonntag aber nicht durchsetzen. Die Autoindustrie bleibt bislang hart. Es gibt keine rechtliche Handhabe, um die Autohersteller zu zwingen.

Dies zeigt der Umstand, dass die Regierung keine Möglichkeit sah, die ausländischen Hersteller auf Software-Updates zu verpflichten. Die Software-Updates werden nur von inländischen Herstellern und wenigen Importeuren aufgespielt.

Die Regierung versucht jetzt, den Druck auf die Industrie zu erhöhen. Die CDU und die SPD dringen darauf, dass die Industrie eine Hardware-Nachrüstung für ältere Diesel-Pkw anbietet. Ziel sei, dass Pendler, die in die Städte zur Arbeit fahren, nicht von Fahrverboten betroffen sind, sagte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin. Die CDU steht unter dem Eindruck des hessischen Landtagswahlkampfs, in dem das drohende Fahrverbote für Frankfurt Wellen schlägt. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) will die Industrie auf eine Hardware-Nachrüstung festlegen. Aus Sicht der Bundes-CDU soll für die Kosten die Autoindustrie aufkommen. Möglicherweise will der Bund auch Steuergeld zur Verfügung stellen. Kramp-Karrenbauer sagte, über die Finanzierung solle entschieden werden, wenn das Paket geschnürt sei.

Der Koalitionsausschuss soll entscheiden

Kanzlerin Angela Merkel kündigte an, dass der Koalitionsausschuss am 1. Oktober über das Dieselpaket entscheiden wolle. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte in der Vergangenheit, die Steuerzahler sollten nicht für Kosten der Nachrüstung aufkommen.

Die Autoindustrie verweist darauf, dass die Erneuerung des Fahrzeugbestands den größten Effekt habe. Im Regierungsbezirk Stuttgart habe sich der Anteil der sauberen Pkw (Euro-6-Diesel sowie Euro-3-Benziner und jünger) im Bestand in den letzten fünf Jahren um 17 Prozentpunkte erhöht. In demselben Zeitraum sei der Stickoxid-Jahresmittelwert an der Messstelle Neckartor in Stuttgart um 18 Prozent gesunken, so der Verband VDA.

Dem Kanzleramt schwebt ein Instrumenten-Mix vor. Aus dem Programm „Saubere Luft“, das der Bund und die Industrie finanzieren, wird bereits die Hardware-Nachrüstung von kommunalen Fahrzeugen wie Bussen und Lastwagen bezahlt. Verkehrsminister Scheuer prüft, die Mittel auch für die Umrüstung von Lieferfahrzeugen des Handwerks zu verwenden.