Gerade eingetreten, darf Cornelia Petzold-Schick schon am Sonntag beim Parteitag reden. Foto: Stadt Bruchsal/Simone Staron

Die Grünen haben derzeit keinen leichten Stand. Der bayrischen Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze schlug bei einem Wahlkampf-Auftritt jüngst Hass entgegen. Die Bruchsaler Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick erklärt ihren Eintritt in die Partei. Warum ausgerechnet jetzt?

Seit 2009 amtiert Cornelia Petzold-Schick als Oberbürgermeisterin in Bruchsal. All die Jahre war sie parteilos. Jetzt ist die 59-Jährige bei den Grünen eingetreten. „Ich will Haltung zeigen“, sagt die Rathauschefin der 47 000 Einwohner-Stadt im Landkreis Karlsruhe.

Frau Petzold-Schick, Sie sind seit 2009 OB von Bruchsal und seither parteilos gewesen. Warum sind Sie ausgerechnet jetzt bei den Grünen eingetreten?

Selbstverständlich überlegt man sich das über einen längeren Zeitraum. Mein Hauptgrund ist eher bundes- und landespolitisch motiviert: Ich möchte Haltung zeigen gegen die aus meiner Sicht momentan erschreckend rechten Strukturen. Ich möchte ein Signal senden, dass ich damit nichts zu tun habe. Natürlich kann man in verschiedenen demokratischen Parteien Haltung zeigen. Es ist bekannt, dass ich auch nah an der SPD bin. Aber ich bin in den vergangenen Jahren zweimal recht prominent von den Grünen gefragt worden, ob ich bei der Landratswahl in Rastatt oder der Mannheimer OB-Wahl für sie kandidiere. Das hat meine bundespolitische Haltung gestärkt, dass ich, wenn ich wo eintrete, dies bei den Grünen mache.

Die Grünen sind gegenwärtig vielen verhasst.

Man kann mir jedenfalls nicht vorwerfen, dass ich eine populistische Entscheidung getroffen hätte. Klimaschutz und Energiewende sind ganz wichtige Themen. Ich beweise seit 14 Jahren, dass wir gerade auf diesem Gebiet eine große Umsetzungskompetenz haben. Wir haben eine sehr vorbildliche Wärmeplanung. Ich möchte diese Expertise einbringen, dass gute Ideologien auch vor Ort verständlich für den Bürger umgesetzt werden.

Wie ist Ihr Eindruck: Wie nimmt die Bürgerschaft Ihre Ankündigung auf?

Die Bürgerschaft hatte ja noch keine wirkliche Gelegenheit, mit mir in Kontakt zu treten. Was ich bisher registriert habe, ist aber Respekt gegenüber meinem Wunsch, Haltung zu zeigen.

Und was sagt der Gemeinderat?

Der Gemeinderat kennt mich ja. Die wissen, wo ich stehe. Ich bin diejenige, die seit 14 Jahren konsensorientiert Politik macht. Die meisten Beschlüsse fallen mit einer großen Mehrheit. Wegen dem Parteieintritt bin ich ja kein anderer Mensch geworden.

Sie haben auch drei AfD-Stadträte. Wie ist da das Miteinander?

Da kann ich klar sagen, dass das persönliche Miteinander und das strukturelle Miteinander klar auseinanderklaffen. Bei meiner letzten OB-Kandidatur war die AfD die einzige Partei, die eine Gegenkandidatur organisiert hat, um sich zu versammeln. Ich habe mit dieser Partei nichts zu tun. Wir haben aber gelernt, mit einzelnen Personen auch wertschätzend zusammenzuarbeiten.

Im Kreistag sind Sie noch bei den Freien Wählern. Werden Sie die jetzt verlassen?

Es ist mit meiner und der Fraktionsvorsitzenden der Grünen ausgemacht, dass ich in dieser Wahlperiode bei den Freien Wählern bleibe, wo ich ja auch gewählt wurde. Da gibt es also erst einmal keine Aufregung, und bei der nächsten Kommunalwahl gibt es dann neue Listen, das ist klar.

Für die Grünen im Land ist Ihr Beitritt ein großer Erfolg. Sie sind Ihre erste Oberbürgermeisterin. Sonst gibt es nur noch zwei Männer. Wie sind Sie da aufgenommen worden?

Ich habe mit den Kreis- und Ortsvorsitzenden, aber auch den Landesvorsitzenden gesprochen. Ansonsten wird sich das noch zeigen. Ich wurde jetzt eingeladen, beim Landesparteitag am Sonntag zum Klimaschutz in den Kommunen zu sprechen. Die freuen sich, wie ich glaube, dass hier eine Person ist, die durch 14 Jahre gestaltete Politik auch beweisen kann, dass Klimapolitik auch in den Kommunen umgesetzt werden kann.

Die Grünen haben ja gerade erst einen prominenten OB verloren. Wie stehen Sie zu Boris Palmer?

Es ist nicht meine Aufgabe, den Kollegen zu bewerten. Ich stehe für mich.

Die Dritte im Bunde

Lebenslauf
Cornelia Petzold-Schick stammt aus Pforzheim, machte nach dem Abitur eine Banklehre, ging später zum Landeskriminalamt und studierte Jura. Als 32-Jährige kandidierte sie vergeblich bei der Bürgermeisterwahl in Hügelsheim. Später arbeitete sie in Bad Wildbad und Rheinstetten. 2005 wurde sie Bürgermeisterin von Ettlingen und 2009 OB in Bruchsal. Vor sechs Jahren wurde sie dort mit 77,8 Prozent wieder gewählt.

Parteifreunde
Grüne Oberbürgermeister sind in Baden-Württemberg, dem Stammland der Partei, eine seltene Spezies. Von den 103 Städten mit mehr als 20 000 Einwohnern, in denen die Rathauschefs die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister führen, werden neben Bruchsal nur noch zwei weitere grün regiert. In Böblingen amtiert seit 2018 Stefan Belz, in Göppingen seit 2021 Alexander Maier.