Das Johanneshaus soll abgerissen werden. Ein zweites Gemeindezentrum an diesem Standort, was die evangelische Gemeinde lange überlegte, ist kein Thema mehr. Foto: factum/Granville

Was geschieht auf dem Gelände des Johanneshauses im Norden der Kernstadt? Die evangelische Kirchengemeinde plant den Verkauf des Grundstücks. Die Anwohner befürchten, dass ein Neubau an dieser Stelle alles überragt.

Ditzingen - Die Liste ist lang. Mehr als 160 Ditzinger sagen mit ihrer Unterschrift „Nein zum Wohnklotz auf dem Johanneshaus-Kitagelände“ im Norden der Kernstadt. Sie alle wohnen laut Petra Elsässer rund um das evangelische Gemeindehaus. Sie gehört zu den Anwohnern, die dessen Entwicklung kritisch begleiten.

Tatsächlich soll das Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Ditzingen abgerissen werden. Sie will das Grundstück verkaufen und sich damit endgültig von jahrzehntealten Überlegungen verabschieden, dort ein zweites Gemeindezentrum aufzubauen. Der Dekan des Ditzinger Kirchenbezirks Friedrich Zimmermann verhehlt nicht, dass die Verkaufsabsicht handfeste Gründe hat: „Die Renovierung des Gemeindezentrums macht die Veräußerung notwendig.“ Das Gebäude in der Ortsmitte muss modernisiert, dabei vor allem der Brandschutz nachgerüstet werden. Zimmermann rechnet mit Kosten von mehr als einer Million Euro. Baubeginn soll im Frühjahr sein. Der Verkauf des Johanneshauses diente der Refinanzierung – und schürt Ängste der Anwohner, dass ein Nachfolgebau deutlich wuchtiger wird.

Kontakt mit der Stadt besteht

Um ihre Pläne voranzutreiben, hat die Kirche sowohl Kontakt mit einer Baugenossenschaft als auch mit der Stadt aufgenommen. Der Stadt gehört das Nachbargrundstück des Gemeindehauses mit Kindergarten. Dessen Außenfläche ist klein, er nutzt bereits das Areal des Johanneshauses mit. Zudem hat die Stadt dringenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum.

Sowohl Stadt als auch Kirche bestätigen zwar Gespräche, geben sich aber zurückhaltend. „Wir bieten unsere Zusammenarbeit an“, sagt etwa Martin Gebler, der Prokurist der Baugenossenschaft Neues Heim. Diese würde ausschließlich Mietwohnraum schaffen, man verkaufe nicht, so Gebler. Der Bürgermeister Ulrich Bahmer wiederum sagt, es sei „sinnvoll, die Flächen zusammen zu entwickeln“. Beide verweisen auf eine Machbarkeitsstudie, welche die Baugenossenschaft bis zum Frühjahr vorlegen will. Letztlich „entscheidet der Gemeinderat“, sagt Bahmer.

Wirtschaftliches Interesse

Für die Anwohner indes ist klar, dass eine Baugenossenschaft nur einsteigt, wenn es für sie wirtschaftlich interessant ist. Dafür müsse die Bebauung möglichst dicht und hoch sein. Die Bürger beziehen sich dabei auf eine Präsentation der Genossenschaft im Mai im Kirchengemeinderat. Darin war neben der Kindertagesstätte von „circa 30 Mietwohnungen“ die Rede. Der Dekan Friedrich Zimmermann wiederholte diese Zahl vor wenigen Wochen im Gemeindeblatt – zur Verärgerung des Gemeinderats und zur Verwunderung der Verwaltung. „Es werden keine 30 Wohnungen“, stellte Bahmer klar.

Zimmermann ruderte zwischenzeitlich zurück. „Aus Sicht der Kirche wurde der Bericht im Gemeindebrief zur Wohnungsanzahl relativiert, und es wird wie gemeinsam vereinbart die Machbarkeitsstudie abgewartet“, sagt Bahmer. Der Prokurist Gebler hatte schon zuvor erklärt, man sei „nicht daran interessiert, grobe Klötze hinzustellen“. Aber die Unruhe unter den Anwohnern bleibt. Schließlich würden die zunächst vorgestellten Pläne eine deutliche höhere Bebauung als in der Umgebung bedeuten. „Es kann nicht sein, dass, nur weil die Kirche Geld braucht, das Baurecht zu Lasten der Anwohner angepasst wird“, sagt der Anwohner Peter Schaible. Weil auf der Fläche des Gemeindehauses kein Wohnen zugelassen ist, müsste der Gemeinderat den Bebauungsplan ändern. Darin werden Höhe der Bebauung und das Maß der Verdichtung festgelegt. Die umliegenden Häuser sind zweigeschossig plus Satteldach.

Bebauungsplan muss geändert werden

Das ist auch die Vorgabe für die ersten Häuser im jenseits der Straße angrenzenden Baugebiet „Ob dem Korntaler Weg“. Doch das Gebiet ist mit knapp neun Hektar so groß, dass im weiteren Verlauf gen Norden auch höhere Bauten zulässig sind.

Ein Geschoss höher als die bestehende Umgebung müsste auch der Neubau anstelle des Gemeindehauses werden, sollten 30 Wohneinheiten entstehen, haben die Anwohner ausgerechnet. Sie befürchten, dass das Johanneshaus-Gelände deutlich höher bebaut wird. Unbegründet ist die Sorge nicht: Moderner Städtebau sieht hohe Eckpunkte vor. Beispiele dafür gibt es etwa mit Rossmann auch in der Stadt.