Jonas, Lana, Ole und Luka (v. li.) mit ihrem Rennwagen beim Besuch eines ihrer Sponsoren, dem Fräse-Experten MillCraft 3D. Foto: Gottfried /toppel

Vier Schüler vom Gymnasium in der Taus haben bei den Deutschen Meisterschaften von „Formel 1 in der Schule“ den Meistertitel geholt – erneut. Mit Fleiß, Know-how und Hochtechnologie aus Backnang.

Betriebsgeheimnis! Das Team der „Blue Wolves“ will nicht alle Karten offen legen, wenn es um das Rezept für ihren Erfolgsrennwagen geht. Kein Wunder. Die vier Gymnasiasten aus Backnang haben mit ihrem gasbetriebenen Modellauto gerade die Deutsche Meisterschaft bei „Formel 1 in der Schule“ gewonnen und mit ihrem Miniboliden die Konkurrenz hinter sich gelassen – zum zweiten Mal in Folge. Und so soll es auch bleiben. Da kann ein Ass im Ärmel nicht schaden, nur so viel sei verraten: „Wir haben die Flügel an der Nase vergrößert, haben den Luftstrom optimiert, den Masseschwerpunkt weiter nach hinten unter die Gaspatrone verlegt, außerdem die Achskonstruktion überarbeitet und andere Kugellager eingebaut, damit die Räder ruhiger laufen“, sagt Luka Radenkovic. Der 13-Jährige hat den Flitzer entworfen, besser gesagt viele Dutzende. „Allein in diesem Jahr waren es bestimmt 150 verschiedene Konstruktionen und Simulationen, die ich am Computer gemacht habe“, erzählt Luka.

Auf Teamwork kommt es an

Doch der Erfolg hängt nicht allein von einem schnellen Auto ab. Die Jury bewertet neben der Konstruktion und gemessenen Zeit auch einen Teamstand sowie ein zehnseitiges Portfolio und eine mündliche Präsentation, die Luka mit seinen Mannschaftskameraden Ole Schwaderer, Jonas Mayer und seiner Schwester Lana auf die Beine gestellt hat. Teamarbeit ist Trumpf. Aus gutem Grund nennen sich die vier „Blue Wolves“ – Blaue Wölfe: „Wir arbeiten zusammen wie ein Wolfsrudel“, erklärt Lana. Das spiegele sich auch in dem sechseckigen Logo wider, das für die sechs Werte steht, die den Schülern wichtig sind: Ausdauer, Geschwindigkeit, Verlässlichkeit, Zusammenarbeit, Loyalität und natürlich Spaß. Und den hatten die Schüler bei der Deutschen Meisterschaft.

Acht Juniorteams hatten sich für das Bundesfinale qualifiziert und waren Anfang Mai in der Kölner Motorwelt mit ihren selbst konstruierten, mindestens 55 Gramm leichten Rennwagen gegeneinander angetreten. Wer an den Meisterschaften teilnehmen möchte, muss sich peinlich genau ans Regelwerk halten. Maße und Gewichte sind ebenso vorgegeben wie erlaubte Materialien. Die Länge des Modellrennwagens muss zwischen 180 und 210 Millimetern liegen, und er darf nicht breiter sein als 80 Millimeter. Als Basis ihres Fahrzeugs hat das Backnanger Schülerteam einen Block aus Polyurethan-Hartschaum verwendet, der ebenfalls im industriellen Formen- und Prototypenbau verwendet wird.

Auf einer schnurgeraden, 20 Meter langen Strecke schossen die Modellfahrzeuge – angetrieben von einer Gaskartusche, wie man sie auch für Sprühsahne verwendet – in nur einer Sekunde vom Start ins Ziel. „Wir waren mit 1,112 Sekunden die Schnellsten in der Juniorklasse“, sagt Luka, der seine Rennwagen mit einem 3D-CAD-System entwickelt. Die beiden MINT-Betreuungslehrer Pia Mindermann und Felix Schneider leiten das Projekt „F1 in der Schule“ und freuen sich über das große Engagement ihrer Schüler. „Da kann es schon vorkommen, dass man eine E-Mail findet, die morgens um 3 Uhr abgeschickt wird“, erzählt Mindermann. Die Regel sei das allerdings nicht.

Helfer aus der Hightech-Industrie

Wichtige Puzzleteile des Erfolges sind auch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Sponsoren und die Kooperation mit potenten Partnern wie beispielsweise der MillCraft 3D GmbH, die seit diesem Jahr im Industriegebiet Lerchenäcker ihren Sitz hat. Auf 1000 Quadratmetern Produktionsfläche stellt der Modell- und Werkzeugbauer, der 2016 in Affalterbach gegründet wurde, Hightech-Teile unter anderem für den Motorrennsport, die Luft- und Raumfahrt sowie die Medizintechnik her. In meterlangen, hochpräzisen Fräse-Zentren werden millimetergenaue Teile aus Kunststoffen, Verbundwerkstoffen oder Metall gefertigt, die ebenfalls in echten Formel-Eins-Wagen eingesetzt werden. „Wir stellen hier unter anderem hochkomplexe Bauteile wie Crashboxen oder Getriebegehäuse her“, erklärt Geschäftsführer Sven Goldschmidt. Auch 3D-Scanner und 3D-Drucker für XXL-Größen kommen zum Einsatz. „Wir können alles“, sagt Goldschmidt – also auch Miniflitzer.

Mit Einsatz zum Erfolg

Bereits seit drei Jahren unterstützt das Unternehmen die Backnanger Schule und fräst für die „Blue Wolves“ den Fahrzeugkörper exakt nach deren Wünschen. „Man spürt, mit welchem Einsatz die Schüler bei der Sache sind, die machen das verdammt gut“, sagt Goldschmidt. „Wir sind stolz und freuen uns mit den Kids, dass sie Deutsche Meister geworden sind.“

F1 in der Schule

Idee
 Formel 1 in der Schule ist Teil eines internationalen Schülerwettbewerbs für Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen elf und 19 Jahren, die als Teams teilnehmen. Im Vordergrund steht der Automobilsport in Zusammenhang mit technischen Leistungen auf dem Gebiet der MINT-Fächer. Neben den Rennwagen werden die Teamleistungen von der Jury bewertet. Punkte gibt es in fünf Kategorien: Fahrzeug, schriftliches Portfolio über den gesamten Prozess, Teamarbeit, mündliche Präsentation und Testrennen.

Rennwagen
Das Schülerteam entwirft seinen Rennwagen zunächst anhand von CAD-Modellierungssoftware. Bei der Konstruktion müssen die Teammitglieder Faktoren wie etwa Form und Strömungswiderstand berücksichtigen. Das Miniaturauto wird entweder als Ganzes aus einem Rohling mit einer CNC-Fräse gefräst oder auf einem 3D-Drucker additiv erstellt. Ausführliche technische Regeln geben die Beschaffenheit des Modellautos vor. Rennen
Die Rennautos werden mit eingelegter CO2 – Patrone betrieben. Auf der 20 Meter langen Rennbahn werden sie mittels einer Nylonschnur gehalten. Neben der technischen Bewertung des Rennwagens wird auch die Fahrzeit und die Reaktionszeit auf einer eigens dafür konstruierten Rennbahn getestet.