Kann die Kindergrundsicherung Armut unter den Jüngsten reduzieren? Kritiker bezweifeln dies. Foto: dpa/Fernando Gutierrez-Juarez

Die Ampel hat lange um die Reform zur Kindergrundsicherung gerungen. Was ändert sich nun für Kinder und Eltern?

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben monatelang brachial gestritten. In der vergangenen Woche gab es mehrere Gespräche unter Beteiligung von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Jetzt ist die Ampel einig: Die Kindergrundsicherung soll im Jahr 2025 kommen. Wir stellen die wichtigsten Fakten vor.

Was ist die Kindergrundsicherung? Worum geht es? „Wir wollen mehr Kinder aus der Armut holen“, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Mit der Kindergrundsicherung sollten, so steht dort weiter, bessere Chancen für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Dabei wolle man sich auf diejenigen konzentrieren, die am meisten Unterstützung bräuchten. Konkret ist die Idee hinter der Kindergrundsicherung auch mehr Übersichtlichkeit zu schaffen. Bislang gibt es zahlreiche Familienleistungen: vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zu den Regelsätzen im Bürgergeld für Kinder. Die Kindergrundsicherung soll diese Leistungen bündeln.

Heißt das, alle bekommen künftig dasselbe? Nein, natürlich nicht. Das, was alle bekommen, ist ein Garantiebetrag. Er entspricht dem bisherigen Kindergeld von 250 Euro bzw. ersetzt es. Dazu soll es, nach Alter gestaffelt und abhängig vom Einkommen, einen Zusatzbeitrag geben. In ihm gehen die bisherigen Bürgergeld-Ansprüche für Kinder und beispielsweise auch der Kinderzuschlag auf, der den Familien helfen soll, die trotz Arbeit der Eltern zu wenig Geld zum Leben haben. Niemand soll durch die Reform schlechtergestellt werden als bislang.

Wozu braucht es eine komplizierte Reform, wenn nur Leistungen gebündelt werden? Ein zentrales Problem ist, dass bei vielen Familien die Unterstützung, die ihnen zusteht, gar nicht ankommt – zum Beispiel, weil sie nichts davon wissen. Das gilt insbesondere für den Kinderzuschlag, den viele aus Unkenntnis gar nicht abrufen. Das soll sich nun ändern. Während derzeit viele unterschiedliche Stellen zuständig sind, soll es künftig einen zentralen Ansprechpartner geben: Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit soll zur Familienservicestelle werden. Durch Digitalisierung soll die Antragstellung leichter werden. Familien sollen mehr oder weniger automatisch darauf hingewiesen werden, welche Leistungen ihnen zustehen. Die Bundesregierung geht allerdings trotzdem nicht davon aus, dass sie mit dem geplanten Start der Kindergrundsicherung zum 1. Januar 2025 sofort alle Familien mit allen Leistungen erreicht. Sie rechnet damit, dass dies erst nach und nach gelingt.

Warum wurde so lange über die Kindergrundsicherung gestritten? Der wesentliche Streitpunkt zwischen Finanzminister Lindner und Familienministerin Paus war das Geld. Sie wollte ursprünglich zwölf Milliarden Euro zusätzlich jährlich für die Kindergrundsicherung. Ihr Wunsch: Im Kampf gegen Kinderarmut wollte sie Leistungen spürbar erhöhen. Das ist ihr nicht gelungen. Für das Jahr 2025 erhält sie 2,4 Milliarden Euro zusätzlich. Wie aus Kreisen des Finanzministeriums zu hören ist, dürfte ein großer Teil dieses Geldes für die Ausweitung des Empfängerkreises gebraucht werden: also dafür, dass künftig mit Leistungen die Berechtigten auch tatsächlich erreicht werden. 500 Millionen seien, so hieß es aus dem Ministerium, bislang auch für Verwaltungskosten veranschlagt. Für Leistungsverbesserungen bleibt da nicht viel – auch wenn die bisherigen Bürgergeld-Sätze für Kinder ein wenig anders gerechnet werden sollen als bislang. Im Vorgriff auf die Kindergrundsicherung hatte es bereits einen Sofortzuschlag von 20 Euro für arme Kinder gegeben. Dieser wird nun auf jeden Fall dauerhaft abgesichert.

Wie geht es jetzt weiter? Zum 1. Januar 2025 soll die Kindergrundsicherung in Kraft treten. Die Regierung schickt ihre Pläne nun zunächst an Verbände und Länder, damit diese Stellung nehmen können. Da das Gesetzesvorhaben kompliziert ist, ist der lange Vorlauf notwendig. Aber steht der Kompromiss in der Koalition jetzt wirklich – oder ist in der Ampel nach der Einigung wieder einmal vor dem Streit? Ministerin Paus sagt, es werde kein Gebäudeenergiegesetz 2.0 geben. Auch Lindner betont, diesmal werde ein Gesetzentwurf geeint ins Kabinett gehen. Die Ampel muss jetzt zeigen, wie haltbar ihr Kompromiss ist.