Frau K. ist in die neue Frauenpension umgezogen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

In der neuen Frauenpension in Bad Cannstatt ist Platz für 30 wohnungslose, kranke Frauen. Eine von ihnen ist Frau K., eine Mutter von drei Kindern. Was ist ihre Geschichte?

Frau K. hat sich immer nach Geborgenheit gesehnt. Doch die kurze Zeit, als ihr Leben nach außen hin in Ordnung schien, fühlte sich auch nicht richtig an. Als hätte sie es nicht verdient, meint sie traurig.

Ihre Probleme wurzeln in ihrer Kindheit. Sie war zwölf Jahre alt, als sie in ihrer osteuropäischen Heimat in ein Kinderheim kam – noch völlig traumatisiert von einer schweren Vergewaltigung. Zu Hause hatte man das Mädchen nicht aufgefangen. Ihre Eltern waren mit sich beschäftigt, sie waren beide Alkoholiker. Ihr Vater war zudem gewalttätig gegenüber seiner Frau und den drei Kindern. Das war auch der Grund für die Inobhutnahme. Ihr Bruder kam zur Oma, für sie und ihre Schwester sei dort kein Platz gewesen.

Gerade volljährig geworden, lernte sie ihren ersten Mann kennen. Er arbeitete in Deutschland. Sie folgte ihm in das für sie fremde Land. „Ich habe Liebe gesucht, ein warmes Zuhause“, sagt sie. Nach wenigen Monaten wollte sie zurück. Doch da war sie schon schwanger. Also blieb sie. Es kam das erste, drei Jahre später das zweite Kind. Die Söhne waren noch klein, als sie „mit zwei blauen Augen“ ins Frauenhaus floh, weil ihr Mann sie „im Suff“ geschlagen habe. Ein Gericht sollte später verfügen, dass er sich ihr nicht nähern durfte.

Sie spricht vom „Teufel Alkohol“

Als sie ihren zweiten Mann kennenlernte, ging es wieder schnell: Zuerst die Hochzeit, dann war sie auch schon schwanger, wieder mit einem Sohn. In ihrem Zimmer in der neuen Frauenpension in Bad Cannstatt hat sie Bilder von den dreien aufgehängt. Man sieht sie als Baby, als Kleinkinder, als junge Männer. Auch ihr Jüngster ist fast erwachsen. „Sie arbeiten alle“, sagt die 46-Jährige. Sie sei stolz auf die drei. „Nur nicht auf mich.“ Ihr kommen die Tränen.

„Ich hatte alles, was ich mir immer gewünscht habe: ein Haus mit Garten und Hund, meine Kinder“, sagt sie. Der „Teufel Alkohol“ habe es ihr genommen.

Diesmal war es nicht ihr Partner, der trank, sondern sie selbst. Sie fing bei der Arbeit in der Gastronomie an. Los ging es mit „Prosecco beim Abrechnen“, es endete mit versteckten Wodkaflaschen in der Waschmaschine. Als ihr Mann die fand, kippte er sie aus. Seine Mutter war Alkoholikerin gewesen – er wollte keine Alkoholikerin als Frau. Frau K. sollte noch einige Abstürze erleben, bis ihr Weg sie in die Frauenpension der Caritas führte. Sie hat viele Therapien, Rückfälle und einige Suizidversuche hinter sich. „Ich bestrafe mich immer selbst“, sagt sie. Ihren schlimmsten Rückfall hatte sie, als sie gerade in einem betreuten Wohnen für trockene Alkoholiker lebte. Sie trank bis zur Besinnungslosigkeit, wachte nach einem Nierenversagen auf der Intensivstation auf. Sie war knapp am Tod vorbeigeschrammt.

Die 46-Jährige hat mehrfach versucht, sich das Leben zu nehmen

Eine weitere Beziehung scheiterte. Diese letzte Trennung hängt ihr noch sehr nach. Sie waren eine Schicksalsgemeinschaft. Zwischenzeitlich schliefen sie gemeinsam unter der Brücke. Doch zwei Alkoholiker, das gehe auf Dauer nicht gut. Nun lebt Frau K. bereits seit drei Jahren in der Frauenpension, im Oktober ist sie als eine der Ersten in ein Zimmer in der neuen Einrichtung am Standort Wilhelmstraße gezogen.

Eine Pflegepädagogin gehört zum Team

Hier können auch Frauen mit Gesundheitsproblemen unterkommen, die von der Caritas „Wanderinnen im System“ genannt werden. „Frauen, die auf der Straße oder in ungesicherten Wohnverhältnissen leben, werden oft weit vor der Zeit krank und benötigen besondere gesundheitliche Unterstützung“, erklärt der Bereichsleiter Armut bei der Caritas, Harald Wohlmann. Eine Pflegepädagogin gehört zum Team der Frauenpension. Auch die schwere Alkoholsucht von Frau K. stellt keinen Hindernisgrund dar, um hier zu leben. 30 Plätze gibt es in dem Haus in der Wilhelmstraße. Die Zimmer sind mit robustem Mobiliar ausgestattet und kleinen Kochnischen. Die Schränke hat die Aktion Weihnachten mitfinanziert.

„Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt Frau K. Sie bekomme die Hilfe, die sie brauche.

Mitgebracht hat sie wenig. Am wichtigsten sind ihr die Bilder ihrer Kinder und ein Geschenk, das diese ihr in der Klinik gaben: die Worte „Einen Engel ohne Flügel nennt man Mama“, auf Holz geschrieben. „Meine Söhne sind das Beste in meinem Leben“, sagt Frau K.

So können Sie helfen

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über jede Spende. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Sie möchten mehr über die Aktion Weihnachten erfahren? Hier finden Sie alle Artikel zur laufenden Aktion.