Klare Kante gegen rechte Umtriebe: Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes, spricht am Sonntag auf dem Stuttgarter Marktplatz. Foto: Horst Rudel

Die Stadt rührt sich: Gleich zwei Demonstrationen gegen rechte Demokratiefeinde sind für das kommende Wochenende in Stuttgart geplant. Die Veranstalter hoffen auf großen Zulauf.

Nach den Demonstrationen für Demokratie und Vielfalt und gegen rechtsextreme Vertreibungsfantasien in vielen deutschen Städten gehen am Wochenende auch in Stuttgart Bürger auf die Straße, um ein sichtbares Zeichen zu setzen. Auf Initiative der Jüdischen Studierenden-Union Württemberg, einem Zusammenschluss jüdischer Schüler, Studenten und junger Berufstätiger, findet am Sonntag, 21. Januar, um 15 Uhr auf dem Marktplatz eine Kundgebung statt. Sie steht unter dem Motto „Stuttgart hält zusammen – Demokratie, Vielfalt, Freiheit verteidigen“. Bereits am Tag zuvor, am Samstag, 20. Januar, versammelt sich um 14 Uhr das Aktionsbündnis „Stuttgart gegen rechts“ vor dem Neuen Schloss.

Hoffnung „auf ein starkes Signal aus der Mitte der Gesellschaft heraus“

Initiatorin der Demonstration am Sonntag ist die junge Jüdin Lior Smith. „Es ist völlig klar, dass wir unsere Stimme erheben müssen“, sagte sie am Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion. Wenn jemand wisse, was Deportationen bedeuten könnten, dann seien das die Juden. Die Demonstration sei die erste der jüdischen Studierenden-Organisation überhaupt: „Das zeigt die Dringlichkeit, die wir empfinden.“

Die Juden stehen nicht allein. Smith hofft auf „ein starkes Signal aus der Mitte der Gesellschaft heraus“. Die 34-Jährige hat alle Landtagsfraktionen mit Ausnahme der AfD eingeladen. Grüne, SPD und FDP hätten ihre Teilnahme umgehend zugesagt. Die Antwort der CDU stehe noch aus.

Hauptredner auf dem Marktplatz wird Michael Blume sein, der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung. Sprechen werden auch Kunst- und Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne), Detlef Raasch vom Verein Christopher Street Day sowie Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. „Auch Menschen mit Behinderungen machen sie Sorgen. Sie haben Angst“, schrieb sie am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst X. Man müsse den aktuellen Entwicklungen entgegentreten: „Es kommt auf jeden einzelnen von uns an.“

Die Stadt Stuttgart ist mit Fatma Gül von der Abteilung Integration vertreten. Teilnehmen werden auch Jesidinnen und Jesiden, die eine eigene Vertreibungsgeschichte haben. Terroristen des „Islamischen Staates“ hatten die ethnisch-religiöse Minderheit im Irak 2014 brutal verfolgt. „Ich hoffe auf viele Teilnehmer am Sonntag“, schrieb Michael Blume. Angemeldet sind 700.

Junge Juden sprechen von einer „Frage der Existenz“

Die Demonstration „Stuttgart gegen rechts“ am Samstag vor dem Neuen Schloss ist noch im Werden. Die Rednerliste stehe noch nicht fest, hieß es am Mittwoch. Erwartet würden um die 1000 Personen. Dem Aktionsbündnis gehören unter anderem die Grüne Jugend, Jusos, die Gewerkschaftsjugend, Antifa-Gruppen und Fridays for Future an. Die Kundgebung am Samstag soll der Auftakt sein für eine überregionale Demonstration am 24. Februar unter dem Motto „Die rechte Welle brechen“.

„Wir begrüßen die verschiedenen Initiativen gegen rechts“, sagte Lior Smith. Es sei wichtig, „das Momentum gegen rechts aufrecht zu erhalten“. Es gehe um nichts weniger „als um unsere Existenz“. Auslöser für die Demonstrationen in deutschen Städten und nun auch in Stuttgart sind die Berichte über ein Geheimtreffen von Rechtsextremen im November 2023. Bei der Zusammenkunft bei Potsdam unter Beteiligung von AfD-Mitgliedern soll nach Recherchen des Netzwerks Correctiv über Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland gesprochen worden sein.