Die blaue Plakette soll für Rechtssicherheit für die Autofahrer sorgen, doch schon gibt es eine Debatte darüber, die Anforderungen durch eine zweite Plakette weiter zu verschärfen. Foto: dpa

Die Debatte um Fahrverbote entwickelt sich zunehmend zu einem Ort, an dem sich der Obrigkeitsstaat und seine Anhänger selbst verwirklichen. Die Probleme lassen sich damit nicht lösen, zumal die unschuldigen Bürger diese Behandlung von oben herab zunehmend ablehnen, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Die Diskussion um die blaue Plakette ließe sich auch mit einem Abzählreim führen: Sie kommt, sie kommt nicht. . . So gesehen brachte Umweltbundesamts-Chefin Maria Krautzberger geradezu Bewegung in die Debatte, als sie nun forderte, gleich zwei blaue Plaketten einzuführen.

Das hört sich lustiger an als es ist: Nach ihrer Logik würden selbst die neuesten Euro-6c-Diesel nur die hellblaue Plakette erhalten, auf der unsichtbar geschrieben steht: Ich bin der nächste, den das Fahrverbot trifft. Denn wenn die Politik später die dunkelblaue Plakette aus dem Hut zaubert, könnten auch Euro-6c-Fahrzeuge aus Innenstädten verschwinden, obwohl sie auch heute noch neu zugelassen werden können. Das sagt Krautzberger zwar nicht so, es wäre aber eine logische Folge.

Etwas mehr Redlichkeit stünde auch solchen Politikern gut an, die das Wort „Umwelt“ im Amtstitel führen und sich schon deshalb teilweise als die wahren Vertreter des Guten sehen. Dabei stellen selbst namhafte Lungenfachärzte den Nutzen von Verkehrsbeschränkungen infrage. Schon vor einem Jahr sagte der Chef des Bundesverbands der Pneumologen, das Geld für die Kontrolle von Fahrverboten sei wahrscheinlich besser angelegt in Programmen, die junge Menschen vom Rauchen abhalten. Denn dessen Schädlichkeit sei ungleich größer als die des Feinstaubs, den Dieselmotoren heute ohnehin kaum noch ausstoßen. Doch lebensnahe Lösungen sind nicht gefragt, die Gesundheitsdebatte wird zunehmend von Bürokraten dominiert. Sie treten dem unschuldigen Bürger in der Pose des Raubtierdompteurs entgegen und lassen ihn über immer neue Stöckchen springen. Mit diesem selbstherrlichen Auftreten aber bringen sie inzwischen selbst gutmütige Bürger auf die Palme. Auch der Umwelt leisten sie damit einen Bärendienst.

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