Die Krise auf dem Wohnungsmarkt wird Bauministerin Klara Geywitz und Kanzler Olaf Scholz noch länger beschäftigen. Foto: imago

Am Montag soll bei einem Gipfeltreffen im Kanzleramt eine Bilanz zum Wohnungsbau gezogen werden. Die Situation ist angespannt, der Unmut groß. Zwei Spitzenverbände haben ihre Teilnahme abgesagt.

Vor der Krausenstraße 17 in Berlin-Mitte steht seit einigen Tagen ein Transporter mit einem Werbeplakat auf der Ladefläche – so groß, dass es auch für die Hausherrin nicht zu übersehen sein dürfte. Diese Hausherrin heißt Klara Geywitz (SPD), in der Krausenstraße liegt nämlich das Bundesbauministerium. Dort kann man nun also auf dem Plakat lesen: „Bis 2025 fehlen 700 000 Wohnungen“. Ganz unten dann eine unzweideutige Bitte: „Handeln! Jetzt!“ Aufgestellt hat dieses Plakat der Verband der Bauindustrie und der Zentrale Immobilien-Ausschuss (ZIA).

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, die Lage am vielerorts angespannten Wohnungsmarkt zu verbessern. Es ist die Aufgabe der Bauministerin, das umzusetzen. Am Montag gibt es daher ein Treffen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen, an dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilnehmen wird. Zur Erinnerung: Scholz hatte im Wahlkampf jedes Jahr 400 000 neue Wohnungen versprochen. Doch nach Zinsanstieg und höheren Baupreisen ist dieses Ziel kaum noch zu erreichen. 2022 wurden 295 000 Wohnungen fertiggestellt, für 2023 rechnet mancher Branchenvertreter mit rund 240 000 Wohnungen.

Zwei Verbände sagen das Treffen ab

Zusätzlich gibt es vor dem Bündnistag am Montag viel Unmut zwischen den Mitgliedern des Bündnisses. Am Freitag gaben der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und der Eigentümerverband „Haus & Grund“ bekannt, dass sie nicht an dem Treffen teilnehmen werden. Ein drastisches Signal, gehören beide doch zu den wichtigen Akteuren der Branche. Der Vorsitzende von „Haus & Grund“, Kai Warnecke, begründete seine Absage auch in einem Brief an Bundeskanzler Scholz, der unserer Redaktion vorliegt. Darin schreibt er: „Wir müssen feststellen, dass den privaten Immobilieneigentümern mehr und mehr Steine in den Weg gelegt werden.“

GdW-Chef Axel Gedaschko kritisierte insbesondere, dass die Regierung „zu langsam, zu spät, zu zaghaft“ auf die sich verschlechternde Situation beim Wohnungsbau reagiert habe. Er kritisierte auch die Art der Zusammenarbeit bei dem Gipfel, bei dem weitere Maßnahmen verkündet werden sollen. „Wir hatten darum gebeten, mitberaten, zumindest aber das Paket zuvor kennen zu können. Das wurde vom Kanzleramt abgelehnt“, sagte er.

Andere Verbände wie der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentrale Immobilien-Ausschuss forderten ebenfalls weitergehende Maßnahmen für die Baubranche. Dazu gehören eine vergünstigte Mehrwertsteuer und staatliche Förderdarlehen mit einem Zinssatz von einem Prozent. Grundsätzlich betonten diese Verbände jedoch am Freitag, wie wichtig die Arbeit des Bündnisses für bezahlbares Wohnen sei. Mit deren Teilnahme können Scholz und Geywitz also rechnen.

Es geht auch um die Mieten

Auch aus anderen Verbänden kommt Kritik an dem Gipfel. So war bis Freitagnachmittag immer noch keine Tagesordnung verschickt worden, offenbar wurde innerhalb der Bundesregierung immer noch über die Maßnahmen verhandelt, die vorgestellt werden sollen.

Im Gespräch war, dass die Bundesregierung zunächst keine Verschärfung auf den strengeren EH40-Standard beim Dämmen von Häusern anstrebt. Verkündet werden soll zudem die bereits auf der Kabinettsklausur in Meseberg beschlossene Möglichkeit zur Sonderabschreibung für Wohnungsbauunternehmen.

Doch beim Bündnis für bezahlbares Wohnen geht es nicht nur um den Neubau. Der Deutsche Mieterbund (DMB) fordert etwa, dass per Gesetz festgelegt wird, Mieten nicht stärker steigen zu lassen. Lukas Siebenkotten, Präsident des DMB, fordert den Kanzler zum Handeln auf: „Der zuständige Justizminister Buschmann stellt sich auf ganzer Linie quer, wenn es um mehr Mieterschutz geht. Noch nicht einmal die kleinen Maßnahmen, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, setzt er um.“ Seit einem Jahr passiere gar nichts. „Daher muss jetzt Bundeskanzler Olaf Scholz die Mietrechtsreform zur Chefsache machen und durch das Kanzleramt koordinieren lassen“, sagte Siebenkotten unserer Redaktion.

Großer Gesprächsbedarf

Auch bemängelte er, dass das Thema Mietrecht beim Bündnistag keine Rolle spiele. „Insbesondere die Mieterhöhungsmöglichkeiten müssten jedoch drastisch reduziert und eine Kappungsgrenze bei den Indexmieten eingeführt werden. Am besten gehören Indexmieten ganz abgeschafft“, so Siebenkotten. Es sieht so aus, als ob es am Montag noch viel zu besprechen gibt – unter denjenigen, die teilnehmen.