Die Erschließungsarbeiten in dem Kleinbottwarer Baugebiet an der Straße nach Großbottwar laufen auf Hochtouren. Foto: Werner Kuhnle

Die Stadt Steinheim hat zuletzt kein einziges Angebot für 16 Grundstücke im Gebiet Scheibenäcker erhalten. Das Problem hat die Kommune nicht exklusiv. Die Baubranche spricht von einer katastrophalen Lage.

Waren das noch Zeiten: Beim Spatenstich zur Erschließung des Neubaugebiets Scheibenäcker im Steinheimer Stadtteil Kleinbottwar strahlten Bürgermeister Thomas Winterhalter, Räte und die Vertreter der beteiligten Firmen mit der Sonne um die Wette. Der Immobilienboom war zwar schon etwas abgeflaut, es schien aber weiter so etwas wie Goldgräberstimmung zu herrschen. Nun, nicht einmal ein Jahr später, ist große Ernüchterung eingekehrt. Die Vermarktung der Grundstücke läuft miserabel, die Baubranche steckt in einer tiefen Krise.

Selbst der einzige Bieter macht einen Rückzieher

In einer ersten Veräußerungsrunde hatte die Kommune zumindest sechs Flächen in dem rund sieben Hektar großen Areal an den Mann oder die Frau bringen können. Vergeben wurden die Plätze nach einem Punktesystem, das zum Beispiel ehrenamtliches Engagement honorierte. Im zweiten Durchgang wurden schließlich 16 Grundstücke am Markt platziert. Dabei galt das Prinzip: wer am meisten zahlt, erhält den Zuschlag. Als Mindestgebot hatte die Stadt 690 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Die Bewerbungsfrist ist inzwischen abgelaufen. „Es wurde nur ein Gebot abgegeben. Und selbst das wurde später wieder zurückgezogen. Da hatte ich mir natürlich mehr erhofft“, sagt Rathauschef Thomas Winterhalter.

Wobei sich diese Entwicklung schon in der ersten Vergaberunde angedeutet hatte. „Da hatten wir für 20 Grundstücke zwar 70 Interessenten, aber zum Notar sind am Ende nur sechs gegangen“, berichtet Winterhalter. Die Gründe für den krassen Einbruch auf dem Immobilienmarkt liegen für ihn auf der Hand. „Das ist recht einfach zu erklären. Die Zinsen sind gestiegen, die Baupreise sind explodiert und noch schwerer zu kalkulieren. Das macht die Finanzierung eines Hauses schwierig bis unmöglich und sorgt für Verunsicherung bei potenziellen Bauherren“, erklärt Winterhalter. Wobei diese Gemengelage mitnichten ein exklusives Steinheimer Problem ist.

Schlechter als prognostiziert

„Das geht anderen Kommunen ähnlich, auch in anderen Landkreisen wie Heilbronn oder Böblingen“, sagt Eleni Auer, Pressesprecherin des Verbands der Bauwirtschaft in Baden-Württemberg, in dem rund 1600 Firmen organisiert sind. Und auch die Branche insgesamt durchschreitet derzeit ein tiefes Tal, wie Auer deutlich macht. „Die Lage ist katastrophal und noch schlimmer als zu Jahresbeginn prognostiziert“, erklärt sie. Bei den Aufträgen im Wohnungsbau sei ein massiver Einbruch zu verzeichnen, von Januar bis April liege das Minus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei rund 40 Prozent.

Ein Indikator dafür, dass es demnächst eher schlechter als besser wird, sei zudem die Zahl der Baugenehmigungen. Hier stehe ein Rückgang von mehr als 20 Prozent im ersten Trimester in den Statistiken.

Es sei zu befürchten, dass einige Firmen unter den Wohnungsbauern Kurzarbeit anmelden müssen. Womöglich, wenn es nicht wieder aufwärtsgeht, drohten sogar Entlassungen.

Aber haben die Unternehmen nichts zurückgelegt in der Phase, als die Immobilienpreise durch die Decke schossen und sich viele den Traum vom Eigenheim verwirklichten? „Die Firmen haben sich keine goldene Nase verdient, die Renditen sind im Baugewerbe in der Regel nicht so hoch“, sagt die Pressesprecherin, die die Politik für die Krise mitverantwortlich macht. Die Auflagen zum Bauen würden zunehmend verschärft, etwa in Sachen Energiestandards oder Schallschutz. Das lasse die Kosten steigen. Dabei sei das Niveau schon hoch und die Verbesserungs-Effekte durch Verschärfungen gering.

Hauptsächlich seien aber die Fördermittel rigoros zusammengestrichen worden. „Im vergangenen Jahr hat der Bund den Wohnungsbau mit zehn Milliarden Euro bezuschusst. 2023 sollten es maximal zwei Milliarden Euro sein“, erklärt Eleni Auer. Das habe ein großes Loch gerissen.

Bürgermeister sieht noch keinen Grund zu reagieren

Die Kommunen nimmt sie auch in die Pflicht. Es würden zu wenige Wohnungen gebaut. „Dabei ist die Nachfrage da. Es gibt genügend Familien, die bauen möchten“, ist Auer überzeugt. „Der Wohnraumbedarf ist enorm“, glaubt auch Winterhalter. Genau deshalb bleibt der Steinheimer Bürgermeister zuversichtlich, dass die Nachfrage in absehbarer Zeit wieder anzieht. „Ich hoffe, dass sich der Zinsmarkt stabilisiert und die Bauherren wieder mit mehr Sicherheit an ihre Finanzierung gehen können“, erklärt er. Der Rathauschef fürchtet auch nicht, dass die Scheibenäcker am Ende ein trostloses Bild abgeben und dort nur punktuell Häuser stehen. „Es gibt eine Bauverpflichtung. Private Grundstücke müssen innerhalb von zehn Jahren, städtische innerhalb von fünf Jahren bebaut sein“, erläutert er. Bislang sieht er zudem keinen Grund, den Quadratmeterpreis zu senken. „Wir finden, dass wir hier gute Grundstücke in einer schönen Lage anbieten. Davon abgesehen muss es auch für uns als Kommune wirtschaftlich sein“, betont er.

Ein eigener kleiner Stadtteil im Stadtteil

Bewohner
Das Neubaugebiet Scheibenäcker im Steinheimer Stadtteil Kleinbottwar ist circa sieben Hektar groß und liegt am Ortsausgang an der Straße nach Großbottwar. Die Erschließungsarbeiten haben offiziell im August 2022 begonnen und sind aktuell noch in vollem Gange. Wenn das Areal komplett aufgesiedelt ist, können dort bis zu 700 Menschen wohnen.

Portfolio
Von der Gebäudestruktur wird in dem Gebiet im Prinzip das ganze Portfolio abgedeckt vom Einfamilien- bis zum großen Mehrfamilienhaus. Platz für kleine Gewerbeeinheiten ist ebenfalls. So könnten beispielsweise ein Bäcker oder ein Friseur ein Geschäft eröffnen.