Auf der Ex-Trasse : Hans-Joachim Knupfer (rechts) von der Bürgeraktion Bottwartalbahn erzählt, wie sich die Bewertungskriterien für die Machbarkeit geändert haben. Foto: Susanne Mathes

Mit weniger Nervenabrieb zwischen Marbach und Heilbronn pendeln? Bei einer Begehung der Ex-Trasse geht es um Chancen und Risiken einer Bottwartalbahn-Wiederbelebung.

Für Hans Dieter Pfohl aus Murr steht fest: „Wir dürfen nicht kleinkariert denken und uns dieser Chance verschließen.“ Die Bottwartalbahn sei eine Zukunftsangelegenheit erster Güte, sagt der Murrer. Mit rund 30 anderen am Projekt Interessierten steht er zwischen Steinheim-Kleinbottwar und Großbottwar auf der Trasse der stillgelegten Bahn, deren Chancen auf eine Reaktivierung plötzlich wieder besser stehen. Eine Machbarkeitsstudie unter veränderten Bewertungskriterien, die Klimaschutzbeiträge und die Verlagerung von Pendlerkilometern von der Straße auf den ÖPNV stärker berücksichtigt, prognostiziert ihr mittlerweile eine Wirtschaftlichkeit. Auch Matthias Wien aus Großbottwar ist der Ansicht: „Wir müssen den Schwung aufnehmen und es jetzt angehen.“ Denn was sich auf der Landesstraße 1100 durchs Bottwartal abspiele, „sei ein Zusteuern auf den Kollaps“.

Den Schwung aufnehmen, ja vor die Welle kommen – das wollen auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Fabian Gramling und sein Landtags-Kollege Tobias Vogt. Sie haben zu der Trassenbegehung eingeladen, um mit Bürgern ins Gespräch über die frühere Schmalspurbahnen zu kommen, die vor mehr als einem halben Jahrhundert von der Bildfläche verschwand, jetzt aber Chancen hat, als nach Heilbronn führende moderne Regionalstadtbahn wieder aufzuerstehen.

Der Weg dahin ist noch weit. „Ich bin aber absolut überzeugt, dass es die Bottwartalbahn am Ende dieses Marathons geben wird. Sie ist eine echte Alternative zu Bus, Bahn und zur Straße“, sagt Oliver Kämpf – zumal sich die technischen Möglichkeiten enorm weiterentwickelt hätten. Der Beilsteiner ist, wie sein Mitstreiter Hans-Joachim Knupfer, von der Bürgeraktion Bottwartalbahn mit dabei. Diese warb schon vor mehr als einem Jahrzehnt für die Reaktivierung, als die meisten mangels Aussichten noch abwinkten.

Während die Trasse der alten Bottwartalbahn – mit notwendigen kleineren Abweichungen – mehr oder weniger identisch bliebe, ist noch offen, wie die Bahn von Beilstein nach Heilbronn weitergeführt würde. Über Ilsfeld und Talheim? Über Auenstein, Abstatt, Untergruppenbach und Donnbronn? Mit Schlenkern zum Abstatter Bosch-Standort oder über Flein? Diese Fragen müssen im Kreis Heilbronn gelöst werden. Zeitgleich, so der Appell von Hans-Joachim Knupfer, „dürfen wir nicht abwarten, was sie dort entscheiden, sondern können schon den Willen zeigen, was die Kommunen hier wollen, und in Vorstufen für einen Zweckverband gehen. Kein Landratsamt sitzt da und sagt: Bringt uns Geschäft! Wir müssen selbst aktiv werden.“ Fabian Gramling bremst da etwas: „Der Heilbronner Zugang ist wichtig, alleine anzufangen macht keinen Sinn.“

Die Region Heilbronn spielt beim Gedankenaustausch am Samstag jedenfalls eine größere Rolle als die Region Stuttgart. Von einem Silicon Valley ist die Rede, Tobias Vogt spricht sogar vom „nicht nur deutschen, sondern europäischen KI-Standort der Zukunft“. Der Heilbronner Raum sei ein wirtschaftliches Zugpferd, dessen gute Erreichbarkeit aus Richtung Marbach und Bottwartal enorm wichtig sei. Auch im Hinblick auf den Bevölkerungszuwachs, etwa im riesigen neuen Oberstenfelder Wohngebiet auf dem Werzalit-Gelände oder anderen großen Baugebieten, sei die Bottwartalbahn eine Chance, sagt Fabian Gramling. „Im Bottwartal gibt es keine neuen großen Arbeitgeber mehr, die Leute, die hier bauen, müssen alle irgendwo hin pendeln“, bekräftigt ein Bürger.

Thomas Winterhalter, der Steinheimer Bürgermeister, hält sich an dem Vormittag bedeckt. Hinsichtlich des Verkehrs sei die Bottwartalbahn „die beste und einzige Alternative“ sagt er. Doch die finanzielle Lage der Kommunen sei extrem schwierig, und sie kämpften mit vielen Herausforderungen. Er sorgt sich wegen der möglichen Kosten. Die Sorge teilt Tobias Vogt. „Wenn es Bund und Land wirklich ernst ist mit der Mobilitätswende, müssen sie sich stärker einbringen“, sagt der Parlamentarier. „Die kleinen Kommunen hier haben nicht die Gewerbesteuereinnahmen wie große Städte. Die Bottwartalbahn darf aber nicht daran scheitern, dass Kommunen sie nicht finanzieren können.“