Andere Genossenschaften kommen mit Marktsituation und Erlös offenbar besser zurecht als die Remstalkellerei. Foto: Stoppel/Archiv

Trotz einer schwierigen Marktsituation berichten die Genossenschaften rundum von einer stabilen Lage bei Vermarktung und Auszahlung. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Remstalkellerei gelten zum Gutteil als hausgemacht.

Weinbau - Ohne die Remstalkellerei kann man sich den Weinbau im Remstal gar nicht vorstellen“, sagt Hermann Hohl, der Präsident des Württembergischen Weinbauverbandes (WVW). Die Lage bei den Weinbaugenossen im Remstal, bei denen die Betriebswirtschaft derart in Schieflage geraten ist, dass sie bis auf weiteres die Auszahlung an ihre Traubenlieferanten aussetzen, bereitet auch dem Mann an der Spitze des Weinbauverbandes Sorgen. Er sei allerdings überzeugt, dass die Genossenschaft mit 1300 Mitgliedern und gut 500 Hektar Rebflächen die gutteils hausgemachten Probleme wieder auf die Reihe bekomme.

Vorstände konstatieren eine desaströse Lage

Die Genossenschaft befinde sich in einer desaströsen Lage, hat es in einem Rundschreiben an die Mitglieder geheißen. Zwar gebe es keinen akute Liquiditätsprobleme, wegen verfehlter Absatz- und Umsatzerwartungen müssten aber die vorläufigen Auszahlungen korrigiert werden. Und die Traubengeldauszahlungen würden bis Februar kommenden Jahres eingestellt.

Ein weiterer Teil dessen, was als Grund der Misere angegeben wurde, sei so allerdings nicht wirklich nachvollziehbar, sagt der Verbandspräsident. Nicht nur Hohl stößt ziemlich sauer auf, dass im Brandbrief des Geschäftsführers Peter Jung und der Finanzvorständin Heike Schacherl an die Genossen der 2016er angesichts einer qualitativ guten 2018er-Ausbeute pauschal zum Problemjahrgang erklärt wird. Zu einem Jahrgang, der quasi nicht mehr vermarktbar sei und verramscht werden müsse. Die Gründe für die Probleme der Genossen im Remstal sieht er primär strukturell. Bei anderen Genossenschaften habe ein – teils mit Fusionen verbundener – Wandel zur Stabilisierung der Lage geführt. Da liege bei der Remstalkellerei mit ihrer Zersplitterung in Ortsgenossenschaften und entsprechend aufwendiger Infrastruktur tatsächlich noch einiges im Argen.

Kontroverse um Bewertung des Jahrgangs 2016

Dass andererseits die Marktlage schwierig, der Weinmarkt heftig umkämpft sei, das sieht man auch in den Nachbargenossenschaften so. Der wachsende Anteil ausländischer Weine erschwere den Absatz der Tropfen aus der Region allerdings nicht erst seit diesem Herbst, sagt beispielsweise Thomas Seibold, der Vorstandsvorsitzende der Fellbacher Weingärtnerei. Und bei den Preisen, die zu erzielen seien, sei auch die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel nicht förderlich. Es brauche durchaus intensives Engagement und viel Aktivität, um den Wein an den Mann zu bringen. Dies gelinge bei seinen Weingärtnern so, dass die Auszahlungen im gewohnten Bereich stabil blieben.

Aber eines könne auch er nicht so stehen lassen. Beim 2016er handle es sich um einen guten Jahrgang, dessen Rotweine nach zweijähriger Lagerung gerade erst in den Verkauf gingen. „Unterschiede kann es immer geben, aber ich weiß nicht, wie die Kollegen zu ihrer Einschätzung kommen.“

Keinerlei Sorgen um den 2016er und die Auszahlungen macht sich unterm Rotenberg Martin Kurrle, der geschäftsführende Vorstand beim Collegium Wirtemberg. Da gebe es keinerlei betriebswirtschaftliche Ausschläge, die Jahrgänge würden geplant und ließen sich entsprechend verkaufen. Kurrle zur Lage im Collegium Wirttemberg: „Die einzige Welle, die es bei uns gibt, ist, dass es jedes Jahr aufwärtsgeht.“

Wie Seibold und Kurrle fühlt bei der Weinmanufaktur in Untertürkheim auch Bernd Munk, der Vorstandsvorsitzende, mit den Wengertern im Remstal, denen bis ins Frühjahr die Einnahmen fehlen werden. Ein generelles Markt- oder Jahrgangsproblem kann auch er nicht erkennen. „Wenn man die Jahrgänge richtig einschätzt und vorläufige Auszahlungen vorsichtig und realistisch ansetzt, kann so etwas eigentlich nicht passieren“, sagt er zur Bredouille der Nachbargenossenschaft. Und nennt indirekt einen möglichen Hintergrund: „Dafür hat man einen guten Geschäftsführer, der vorsichtig agiert.“ Eben jener Posten ist bei der Remstalkellerei fünf Jahre lang vakant gewesen. Bis Mitte dieses Jahres Peter Jung als neuer Geschäftsführer eingestellt wurde – und eine ernüchternde Bestandsaufnahme vorlegt.

Da hat spontan sogar der WVW-Präsident am Rand der Wahl der neuen Weinkönigin eine Botschaft an die trudelnde Großgenossenschaft ins Remstal gesendet: „Die sollten schnell ihre Kostenstrukturen ändern und die zentrale Kelter bauen.“