In Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach Angaben des baden-württembergischen Landesgesundheitsamts nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100. Foto: Imago/Gottfried Czepluch

Die vergangenen Monate boten Zecken prächtiges Wetter zum Überleben. Entsprechend aktiv sind die blutsaugenden Parasiten bereits aktiv. 2024 dürfte ein Zecken-Jahr werden, warnen Experten.

Infolge des anhaltend milden Wetters sind die Zecken hierzulande bisher gut durch den Winter gekommen und schon sehr aktiv. „Es gibt keine Winterpause mehr. Ich habe bereits Proben erhalten, es gibt schon erste Infektionen. Die Zecken sind also schon früh dabei“, warnt Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Das laufende Jahr könne ein ausgeprägtes Zecken-Jahr werden. Die Forschung identifiziere vor allem in Baden-Württemberg immer mehr Naturherde: räumlich begrenzte Gebiete mit Zecken, die den FSME-Erreger in sich tragen.

Wo befinden sich die Verbreitungsgebiete von Zecken?

Die Verbreitungsgebiete vieler heimischer Zeckenarten habe sich in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. Die milden Winter und wärmeren Sommer kommen den Insekten zugute. Sogar zwei ursprünglich aus den Tropen stammende Arten haben begonnen, sich in Deutschland zu etablieren.

FSME-Risikogebiete in Deutschland (Stand: 2. März 2023). Foto: © Robert Koch-Institut, 2023

Wo leben Zecken?

Die in Deutschland am weitesten verbreitete Zeckenart ist der Gemeine Holzbock. Er befällt am häufigsten von allen Zecken Menschen und überträgt die gefährlichen Borrelien und FSME-Viren. Foto: Imago/Blickwinkel

Die Spinnentiere lauern in Wäldern, Parks und Gärten auf Gräsern, Farnen oder Sträuchern. Von dort aus gelangen sie zu vorbeilaufenden Tieren oder Menschen und beißen sich an weichen Hautpartien wie Kniekehlen, unter den Armen und am Haaransatz fest.

Mit Hilfe ihres mit Widerhaken versehenen stachelartigen Mundwerkzeugs bohren sie sich in die Haut, um Blut zu saugen. Dabei können Krankheitserreger übertragen werden.

Welche Krankheiten werden von Zecken übertragen?

Je nach Region tragen bis zu 30 Prozent der Zecken die Borrelien-Erreger in sich. Foto: Imago/Gottfried Czepluch

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Zecken können den Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen, einer virusbedingten Hirnhaut- oder Gehirnentzündung. Die meisten Infektionen verlaufen auch hier ohne Symptome.

Das Risiko einer schweren Erkrankung ist bei Menschen über 60 Jahren deutlich erhöht. In der ersten Phase gibt es häufig grippeähnliche Symptome, später kann eine Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute oder des Rückenmarks folgen. Bleibende Spätfolgen sind möglich.

Nur bei etwa einem Drittel der Erkrankten entwickelt sich tatsächlich eine Entzündung im Bereich des Gehirns. Symptome einer leichten FSME ähneln den Symptomen einer Grippe wie Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit.

Lyme-Borreliose

Am häufigsten durch Zecken übertragen wird jedoch die von Bakterien verursachte sogenannte Lyme-Borreliose, die Nervensysteme und Gelenke schädigen kann. Die Schätzungen zu den Krankheitsfällen schwanken sehr stark zwischen 40 000 und 120 000 pro Jahr.

Die Borreliose ist eine durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit und wird von einem spiralförmigen Bakterium namens „Borrelia burgdorferi“ ausgelöst, das im Darm der Zecke haust.

Treten binnen vier Wochen grippeähnliche Symptome, Fieber, Lymphknotenschwellungen oder die sogenannte Wanderröte auf, sollte sicherheitshalber ein Arzt aufgesucht werden. Denn sonst drohen noch nach Jahren Spätfolgen.

Wer an Borreliose erkrankt muss eine mehrwöchige Antibiotika-Infusions-Kur über sich ergehen lassen. Wer Zecken frühzeitig entfernt, macht eine Infektion weniger wahrscheinlich. Eine Borreliose kann zu einer ringförmigen Rötung an der Einstichstelle oder grippeähnlichen Beschwerden führen. Sie wird in der Regel mit Antibiotika behandelt.

Gibt es Schutzimpfungen?

Nur gegen FSME gibt es eine vorbeugende Impfung. Foto: Imago/MiS

Gegen FSME schützt längerfristig eine aus drei Einzeldosen bestehende Impfung, die alle drei bis fünf Jahre aufzufrischen ist. Von den Erkrankten sind fast alle nicht oder unzureichend geimpft.

Eine Schutzimpfung gegen Borreliose gibt es nicht. Früh erkannt, lässt sich die Infektion aber gut mit Antibiotika behandeln.

Wie hoch ist das Risiko einer Erkrankung?

In Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach Angaben des baden-württembergischen Landesgesundheitsamts nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100. Ein Infektionsrisiko besteht laut RKI vor allem in folgende Regionen, in denen die Ständige Impfkommission (Stiko) eine FSME-Impfung empfiehlt:

  • Bayern
  • Baden-Württemberg
  • Südhessen,
  • südöstliches Thüringen
  • Sachsen
  • südöstliches Brandenburg
  • Einzelne Risikogebiete liegen zudem in Mittelhessen, in Sachsen-Anhalt, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen.

Wie viele Zecken sind infiziert?

Experten schätzen, dass selbst in Risikogebieten nur wenige Zecken infiziert sind – im Schnitt 0,1 bis fünf Prozent. Die Borreliose kommt in ganz Deutschland vor.

Je nach Region tragen bis zu 30 Prozent der Zecken die Erreger in sich. Sie werden aber erst übertragen, wenn die Zecke bereits einige Stunden Blut saugt. Nur ein sehr kleiner Teil der Infizierten von rund einem Prozent entwickelt Krankheitssymptome.

Steigen die Infektionszahlen?

FSME-Infektionen bei Menschen sind in Deutschland meldepflichtig. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Fälle in Deutschland zwar nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) von 627 Fällen im Jahr zuvor auf 527 Fälle gesunken.

In Baden-Württemberg gingen die FSME-Fälle von 209 auf 143 zurück. In Bayern waren es nach 291 Fällen noch 265. Experten warnen aber vor einem langfristigen Aufwärtstrend, früheren Infektionen und einer deutlich höheren Infektionsrate als bislang angenommen. Viele FSME-Infektionen würden bisher nicht als solche erkannt.

Info: Umgang mit Zecken

Was tun, wenn man eine Zecke hat?

• Entfernen Sie Zecken so schnell wie möglich. Zecken lassen sich, unmittelbar nachdem sie gestochen haben, leichter herausnehmen, da sie sich noch nicht vollständig festgehakt haben.

• Gehen Sie dabei behutsam vor. Tragen Sie auf keinen Fall Flüssigkeiten wie Nagellack, Klebstoff oder Öl auf, das fördert eher, dass Zecken ihren Speichel und damit potenzielle Keime auf die Wunde übertragen.

• Quetschen Sie den Blutsauger nicht heraus, greifen Sie ihn knapp über der Haut mit einer speziellen Zeckenzange oder Zeckenkarte.

• Nach dem Entfernen der Zecke müssen Sie die Wunde gründlich desinfizieren.

• In den meisten Fällen geht ein Zeckenstich glimpflich aus. Nicht jede Zeckenart ist mit Krankheitserregern infiziert. Wird sie schnell entfernt, bleibt oft nur eine juckende und gerötete kleine Stelle übrig, die nach einigen Tagen wieder verschwindet.

Wann muss man zum Arzt gehen?

• Der Kopf der Zecke steckt fest und die Stelle hat sich entzündet. Manchmal reiß der Kopf des Parasit beim Entfernen ab. Meist ist das kein Problem, nur selten entwickelt sich daraus eine Entzündung.

• Die Zecke befindet sich an einer Körperstelle, die Sie nicht erreichen können, beispielsweise am Hinterkopf.

• Die Einstichstelle entzündet sich oder heilt schlecht ab.

• Es tritt eine Wanderröte auf. Dieser kreisförmige Ausschlag taucht einige Tage nach dem Zeckenstich auf und dehnt sich immer weiter aus. Er deutet auf eine Borreliose hin.

• Beobachten Sie die die Einstichstelle über 14 Tage genau. Bekommen Sie 5 bis 14 Tage nach dem Entfernen der Zecke Fieber, Kopf- oder Gliederschmerzen und fühlen sich matt und abgeschlagen. Diese Symptome sind sowohl für FSME als auch für Borreliose typisch.