Gelungene Heimpremiere: Volleyballerin Paige Tapp ist begeistert von der Energie in der Stuttgarter Scharrena Foto: Baumann

Die Stuttgarter Volleyballerinnen verfügen in dieser Saison über mehr Substanz als in der Vergangenheit – auch dank Neuzugang Paige Tapp. Das soll sich vor allem dann auszahlen, wenn es um die Titel geht.

Stuttgart - Fehler zu machen, ist im Sport unvermeidlich. Blöd ist nur, wenn der selbe Fehler öfter passiert. Dreimal in Folge sind Stuttgarts Volleyballerinnen im Play-off-Finale um die Meisterschaft gescheitert, und stets war es so, dass ihnen am Ende auch deshalb die Luft ausging, weil wichtige Spielerinnen verletzt oder krank fehlten. „Der Kader war nicht groß genug, um die Ausfälle zu kompensieren“, sagt Sportchefin Kim Renkema, „daraus haben wir gelernt.“

Das Ergebnis war in den letzten Trainingseinheiten vor dem Pokal-Halbfinale gegen den VC Wiesbaden in der Scharrena zu sehen: Zwei komplette Sechser-Teams duellierten sich auf hohem Niveau, und eine Spielerin stand noch draußen. „Die Mannschaft funktioniert bestens“, meint Giannis Athanasopoulos, der Coach des Bundesliga-Spitzenreiters, „aktuell sind wir auf jeder Position doppelt besetzt. So lässt es sich natürlich sehr gut arbeiten.“

Das liegt auch an Paige Tapp (22). Sie wurde mitten in der Saison geholt, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass Micheli Tomazela Pissinato (Sehnenruptur in der Fußsohle) noch mindestens bis Mitte oder Ende Januar ausfallen wird. Möglich wurde die Verpflichtung durch das Geld eines neu gewonnen Sponsors, und dass die Investition sinnvoll ist, daran hat Kim Renkema keine Zweifel: „Paige Tapp ist eine super Athletin und ein großes Volleyball-Talent. Sie kann für uns noch sehr wertvoll werden.“

Den Sommer verbrachte Paige Tapp beim US-Nationalteam

Die US-Amerikanerin hofft, dass es bis dahin nicht allzu lange dauern wird. Die 1,86 Meter große Mittelblockerin, die früher Hoch- und Weitspringerin war, spielte zunächst für die Universität von Minnesota, erhielt dort als erste Athletin den Class-Award für exzellente sportliche, akademische und soziale Leistungen. Ende 2016 wechselte sie für fünf Monate nach Puerto Rico, den folgenden Sommer verbrachte sie beim US-Nationalteam, in dessen Akademie im kalifornischen Anaheim sie sich auch nach Ende der Länderspiel-Saison fit hielt – bis der Anruf aus Stuttgart kam. „Das ist ein super Team mit hoher Qualität auf dem Feld und der Bank“, erklärt Paige Tapp, „ich werde alles tun, um der Mannschaft zu helfen.“ Und das ja vielleicht bereits im Pokal-Halbfinale an diesem Mittwoch.

Wie wichtig dieses Spiel ist, haben die Kolleginnen der Neuen schnell klar gemacht. „Sie sprechen seit Tagen über nichts anderes“, sagt Paige Tapp. Deren Zwillingsschwester Hannah schlägt nach einem kurzen Gastspiel beim SSC Schwerin, mit dem sie im Mai 2017 gegen Allianz MTV Stuttgart die Meisterschaft holte, derzeit in Italien bei Azzurra Volley San Casciano auf. Zuvor hatte sie mit den Schwerinerinnen allerdings eine schmerzhafte Niederlage kassiert. 2:3 im Pokal-Finale, nach klarer Führung. Gegen den Dauerkonkurrenten aus Stuttgart. Nun könnte es am 4. März zu einem Wiedersehen in der Mannheimer Arena kommen – wenn die beiden Teams ihre Halbfinal-Duelle gewinnen. „Jeder bei uns will unbedingt in dieses Endspiel“, sagt Kim Renkema, „es ist der Höhepunkt der gesamten Saison.“

Allianz MTV Stuttgart ist gewarnt

Klarer Favorit sind die Stuttgarterinnen, eine Garantie auf den Sieg ist das nicht. Am Samstag hat der VC Wiesbaden völlig überraschend den SSC Schwerin geschlagen, das ist Warnung genug. Und doch spricht allein schon die Heimstärke für das MTV-Team. „Die Energie, die in der Scharrena entsteht, ist unglaublich“, sagt Paige Tapp, die am Samstag beim lockeren 3:0 gegen die Roten Raben Vilsbiburg ihre Premiere vor eigenem Publikum feierte, „dieses Spiel war eine tolle Erfahrung für mich.“ Noch muss sie sich hinter Molly McCage und Jenna Potts einreihen, die beiden anderen US-Girls blocken derzeit Ball auf Ball. „Meine Mannschaft ist sehr gut im Rhythmus“, sagt Trainer Giannis Athanasopoulos, „trotzdem ist Paige Tapp schon jetzt sehr wichtig für uns. Sie bringt frischen Wind ins Training, treibt die anderen an, zeigt ihr großes Potenzial. Sie wird ihre Chance bekommen. Ganz sicher.“

Wenn nicht schon gegen Wiesbaden, dann vielleicht am zweiten Weihnachtsfeiertag im Bundesliga-Topspiel beim SSC Schwerin. Oder spätestens im neuen Jahr, wenn es um die Titel geht. Allianz MTV Stuttgart hat vorgesorgt, dürfte diesmal genügend Substanz haben. Bis zum letzten Ballwechsel.