Er wurde vom VfB per goldenem Handschlag nach Berlin verabschiedet – am Samstag will Vedad Ibisevic beim Hertha-Gastspiel in Stuttgart aber keine Rücksicht nehmen.

Berlin - Also trabte er vom Platz, wedelte abwehrend mit dem Zeigefinger und sagte: nichts. Soeben hatte Vedad Ibisevic seine Mannschaft mit zwei Toren beim 3:2 gegen den 1. FC Heidenheim ins Halbfinale des DFB-Pokals geschossen, da warteten auch schon die Fragen nach dem kommenden Gegner auf ihn. „Nein, wirklich nicht“, murmelte der Doppel-Torschütze und drehte ab. „Ich bin müde, darüber zu reden.“

Dabei wäre es durchaus interessant gewesen zu erfahren, was Ibisevic im Allgemeinen so fühlt und im Besonderen zu seinem Ex-Club, dem VfB Stuttgart, zu sagen hat. Über den Verein, den er im Sommer nicht gerade in ewigwährender Freundschaft Richtung Hauptstadt verlassen hat. Doch der Bosnier biss sich lieber auf die Zunge. Diese Story wollte er den Journalisten, die er in Stuttgart für seine missliche Situation mit verantwortlich machte, nicht gönnen.

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Ibisevic hat das Kapitel Stuttgart ein für allemal zugeschlagen und in Berlin ein überaus erfolgreiches begonnen. Die Hertha steht vor dem Gastspiel am Neckar (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) sensationell auf dem dritten Platz und hat endlich auch ihre Pokalallergie überwunden. Nach dem Sieg in Heidenheim lebt der Traum vom Finale im eigenen Stadion weiter – es wäre eine Premiere. Der bosnische Nationalspieler hat großen Anteil daran, dass ganz Berlin derzeit eine Wolke ist. Gemeinsam mit Salomon Kalou, der wegen einer Muskelverletzung am Samstag ausfallen wird, erzielte er mehr als die Hälfte aller Hertha-Tore. Die zwei haben sich gesucht und gefunden: Auf der einen Seite der geschmeidige Techniker, der die Aufmerksamkeit der gegnerischen Abwehr auf sich zieht, auf der anderen Seite der Prellbock, der die Lücken eiskalt nutzt.

„In jeder Saison für zehn Tore gut“

„Seine Qualitäten mit meinen kombiniert, das wäre der perfekte Stürmer“, sagt der 31-Jährige über den Ivorer. Der wiederum fragt sich, was den VfB geritten hat, Ibisevic an Hertha abzugeben. „Ich denke, es war keine kluge Entscheidung“, sagte er in einem Interview während des Wintertrainingslagers. „Sie haben nicht gemerkt, was für ein klasse Stürmer er ist. Egal, ob er mal eine gute oder schlechte Phase hat. Er ist in jeder Saison für mindestens zehn Tore gut.“

Diesen Eindruck erweckte der Bosnier in seiner Schlussphase auf dem Wasen nicht mehr. Ibisevic steckte nach längerer Rot-Sperre mit anschließendem Schweigegelübde und Formkrise in der Sackgasse. Die Trennungsfloskel vom beiderseitigem Einvernehmen traf in diesem Fall wirklich zu.

Ibisevic, ganz Profi, wollte dem VfB aber nichts schenken. Denn im Jahr zuvor stand er bereits vor dem Absprung. Englische Clubs wedelten mit den Geldscheinen, ehe der damalige Manager Fredi Bobic ihn mit deutlich besseren Bezügen (drei Millionen Euro/Jahr) zum Bleiben bewog. Davon wollte Ibisevic bei einem Wechsel nach Berlin keine Abstriche machen, weshalb der Stürmer nun nicht nur eine Rechnung mit dem VfB offen hat, sondern auch umgekehrt – eine Gehaltsrechnung. Weil die Hauptstädter in den Verhandlungen im Sommer vorgaben, arm wie eine Kirchenmaus zu sein, erklärten sich die Roten bereit, mittels Abfindung einen Teil von Ibisevic’ Drei-Millionen-Gehalt bis 2017 weiter zu bezahlen. In Stuttgart war von 40 Prozent die Rede, in Berlin macht die Zahl 60 Prozent die Runde. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Unterm Strich hat der VfB so aber immer noch Geld gespart.

Ein Tor am Samstag würde dem VfB besondere Schmerzen bereiten – und Ibisevic Genugtuung. Zugeben würde er das aber niemals. Stattdessen sieht man den Bosnier förmlich vor sich: wie er mit dem Zeigefinger wedelt und schweigt.