Das sportliche Aushängeschild Stuttgarts ist der Politik nicht wurscht. Rems-Murr-Sportkreischef Erich Hägele gestemmt, seit 52 Jahren VfB-Mitglied, steckt hinter der ganzen Aktion: „Ich hab’ das aus Solidarität zu meinem Verein gemacht.“
Winnenden - Um den VfB Stuttgart steht es im Moment nicht zum Besten, da wird wohl keiner widersprechen. Man brauche aber auch nicht alles in tiefstem Schwarz zu malen und vor allem nicht alles zu glauben, was dem Verein und dessen Führung alles unterstellt werde. „Der Wahrheitsgehalt ist überschaubar“, versichert Hartmut Jenner, Vorstandsvorsitzender des Reinigungsgeräteherstellers Kärcher, Aufsichtsratsmitglied des VfB Stuttgart und Gastgeber einer Clubgründung der besonderen Art: Am Dienstag ist im Kasino des Winnender Weltmarktführers der VfB-Fanclub im Landtag Baden-Württemberg ins Leben gerufen worden.
In diesem können von nun an alle Landtagsabgeordneten samt ihren Mitarbeitern dem VfB ehrenamtlich die Daumen drücken. Zum Zeitpunkt der Gründung hat der Club bereits 23 Mitglieder, vertreten sind 20 Männer und drei Frauen aus allen Landtagsfraktionen. Es wird keinerlei Mitgliedsbeitrag erhoben, und die Geschäftsführungsarbeiten werden ehrenamtlich vom Rems-Murr-Sportkreischef Erich Hägele gestemmt. „Ich bin seit 52 Jahren VfB-Mitglied und bei fast allen Spielen dabei gewesen“, sagt Hägele, der hinter der ganzen Aktion steckt. „Ich hab’ das aus Solidarität zu meinem Verein gemacht.“
Selten hat man die Landtagspolitiker so einmütig an einem Strang ziehen sehen wie am Dienstag. Sogar der frühere Justizminister Ulrich Goll (FDP) will dem Stuttgarter Erstligisten geistig beistehen, „obwohl ich in meiner Kindheit in Freiburg beim SC gekickt habe“, wie er vor versammelter Mannschaft verschmitzt zugibt. „Jugendsünde“ und „ist verziehen“ hört man es aus dem Kreis der Fanclub-Gründer murmeln.
Goll wird jedenfalls trotz SC-Freiburg-Vergangenheit in den Clubvorstand gewählt, genauso wie Claus Schmiedel (SPD), Claus Paal (CDU), Jürgen Walter (Grüne) und Erich Hägele als ehrenamtlicher Geschäftsführer. Zur Club-Gründung und Wahl des Vorstandes sind einige Landtagsabgeordnete nach Winnenden gekommen, darunter die Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch (Grüne), die von Jenner sofort einen Fanschal überreicht bekommt.
„Die Zeiten sind für den VfB momentan nicht so gut“, so Jenner. Aber mittel- und langfristig würden die eingeleiteten Maßnahmen wirken. Während der letzten Spiele habe er nicht eingreifen können, sagt Jenner: „Ich hatte einen Kreuzbandriss.“ Der VfB sei nicht nur ein Stuttgarter Verein, er verbinde eine ganze Region. „Er ist ein Integrationsfaktor für das alte Württemberg“, bringt es Claus Schmiedel auf den Punkt. Einig sind sich die Abgeordneten aller Parteien, dass der VfB nicht absteigt. „Ich habe schon in den 60er Jahren einen erfolgreichen Abstiegskampf des VfB erlebt“, beruhigt Jürgen Walter die Runde.
Die Kunde von der Club-Gründung ist am Dienstag bereits bis nach Stuttgart gedrungen. „Das höre ich zum ersten Mal, ich freue mich aber, dass es so was gibt“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf die Frage einer Journalistin. „Wenn sich das anbietet, bin ich natürlich voll dabei – in der Hoffnung, dass es hilft.“