Parteifreunde: Oberbürgermeister Frank Nopper (links) und der frühere Ministerpräsident Günther Oettinger Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Das saß. Günther Oettinger hat Stuttgart als „verschlafen, satt und träge“ abgewatscht. OB Frank Nopper fühlt sich angesprochen. Er hält dagegen und lädt den gebürtigen Stuttgarter nach Stuttgart ein.

Das will Oberbürgermeister Frank Nopper nicht auf sich und der Landeshauptstadt sitzen lassen: Energisch trat das Stadtoberhaupt am Dienstag Äußerungen seines Parteifreunds Günther Oettinger (beide CDU) entgegen, der Stuttgart am Wochenende bei einem Gespräch mit Bürgern in Gablenberg als „verschlafen, träge und satt“ bezeichnet hatte.

In einer Mitteilung drückte Nopper am Dienstag seine „Verwunderung“ über die Kritik des früheren Ministerpräsidenten und EU-Kommissars aus: „Offensichtlich hat Oettinger seit seinem Ausscheiden als Ministerpräsident von Baden-Württemberg im Jahr 2010 seine Heimatstadt Stuttgart etwas aus den Augen verloren. Deswegen scheint ihm die dynamische Entwicklung Stuttgarts als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort entgangen zu sein“, schrieb Nopper. Stuttgart sei im Gegenteil eine „Boomtown“, die sich in den vergangenen Jahren „dynamischer weiterentwickelt hat als viele andere deutsche Städte“.

„Stuttgart liegt als Start-up-Standort auf Platz eins“

Oettinger, der aktuell Präsident der EBS Universität für Wirtschaft und Recht ist und sich regelmäßig in Stuttgart aufhält, beklagte seinerseits eine Art „Mehltau“, der sich über die Landeshauptstadt gelegt habe. Dies hindere Stuttgart daran, „in einer Liga mit München oder Hamburg zu spielen“. Das müsse sich ändern. Wohlstand sei „nicht durch Stillstand, sondern nur durch Dynamik zu erreichen“.

Nopper konterte Oettingers Kritik anhand von Beispielen. So habe sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Stuttgart in den vergangenen zehn Jahren um rund 80 000 erhöht. Die Zahl der jungen Menschen, die hier studieren, sei von 45 000 im Jahr 2010 auf mehr als 60 000 im Jahr 2020 gewachsen. Täglich würden in Stuttgart „wenn man alle Sektoren zusammen betrachtet mehr als zwölf Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert, so viel wie nirgendwo sonst“.

Der OB zitierte die „Wirtschaftswoche“, wonach Stuttgart als Standort für Start-ups auf Platz eins liege – noch vor den von Oettinger so gelobten Standorten wie Hamburg und München. Auch spreche für Stuttgart, dass die Hip-Hop Open, eines der größten Hip-Hop-Festivals Europas, nach achtjähriger Pause wieder an den Neckar zurückkehren würden.

Oettinger nimmt Noppers Einladung an

Seinen Ausführungen ließ Nopper eine Einladung an Oettinger folgen, der wie er gebürtiger Stuttgarter ist. Konkret lud er ihn zu einer „gemeinsamen Besichtigungstour quer durch Stuttgart“ ein, „damit er einen Eindruck von der Stuttgarter Wirklichkeit bekommt“. Als Stationen sind vorgesehen: das Unternehmen H2fly, das wasserstoffelektrische Flugzeuge entwickelt, den neuen Mercedes e-Campus mit Batterieforschung und Batterieentwicklung in Untertürkheim, das Zentrum für Angewandte Quantentechnologie in Vaihingen und der Supercomputer Hawk an der Universität Stuttgart, der europaweit zu den fünf stärksten Superrechnern zähle. Oettinger sagte auf Anfrage, er nehme die Einladung an: „Gerne noch vor dem Sommer.“