Wer zu schnell fährt, der muss im Ausland zum Teil sehr tief in die Tasche greifen. Foto: Marcel Schauer/Fotolia

Verkehrsverstöße im Ausland sind oft teuer - nicht immer muss man zahlen. Doch bei Wiedereinreise können böse Überraschungen drohen.

Drei Wochen nach einer Reise in die Schweiz kommt Post aus Graubünden. Die dortige Kantonspolizei fordert 120 Schweizer Franken (114 Euro) dafür, dass der Fahrer sechs Stundenkilometer zu schnell in einer 30er-Zone war. Zahlbar innerhalb von 30 Tagen. Sonst werde ein Strafverfahren eingeleitet. In Deutschland hätte derselbe Verstoß 15 Euro gekostet. „Die Schweiz ist ein absolutes Hochpreisland bei Bußgeldern“, sagt Michael Nissen, Rechtsexperte beim ADAC. Immerhin: Rund 300 geringfügige Verkehrsverstöße sind gebührenfrei. Doch wer zum Beispiel auf der Landstraße 21 Kilometer je Stunde zu schnell unterwegs war, zahlt nicht nur 400 Franken Bußgeld, sondern auch noch 200 Franken Verfahrensgebühren sowie 200 Franken für eine kostenpflichtige Verwarnung - macht 800 Franken oder rund 760 Euro.

Und wer 40 km/h zu schnell in einer 30er-Zone gefahren ist, bekommt sogar eine Mindesthaftstrafe von einem Jahr aufgebrummt. „In der Schweiz sollte man seine Tachonadel immer ganz genau im Auge haben“, rät der Fachanwalt für Verkehrsrecht. Dabei gilt in dem Land Halterhaftung. Nur bei schweren Verstößen ist der Fahrer dran. Vollstrecken kann die Schweiz die Bußgelder in Deutschland jedoch nicht. Wer nicht mehr in die Schweiz fährt, kann es bis zur Verjährung aussitzen. Allerdings liegt die Frist bei geringfügigen Delikten bei drei Jahren. Jede Reise in die Schweiz ist jedoch ein hohes Risiko. „Wir hatten schon den Fall, dass die Polizei am Morgen im Hotel auftauchte, weil sie die Meldedaten überprüft hat“, erinnert sich Fachanwalt Nissen. Dumm lief es auch für einen Verkehrssünder, der seinen USA-Urlaub von einem Schweizer Flughafen aus antreten wollte und bei der Ausreise erst einmal sein Bußgeld bezahlen musste.

Drastische Strafen gibt es auch in Italien

Dabei können die Schweizer eine nicht bezahlte Geldstrafe sogar in eine Ersatzhaftstrafe umwandeln. „Wer nicht zahlen will, muss immer die Konsequenzen abwägen“, mahnt der ADAC-Experte. Die Schweiz ist jedoch nicht das einzige Hochpreisland in Sachen Bußgeld. Als Spitzenreiter gilt Norwegen. Wer dort innerorts sechs Kilometer pro Stunde zu schnell fährt, zahlt 215 Euro, bei elf Kilometern je Stunde sind es schon 400 Euro. Allerdings kann auch Norwegen das Geld nicht in Deutschland eintreiben. Drastische Strafen gibt es auch in Italien. Wer auf der Autobahn nur elf Kilometer pro Stunde zu schnell fährt, zahlt 170 Euro.

Und bei Alkohol am Steuer sind die Italiener rigoros. Wer mit 1,5 Promille erwischt wird, ist sein Auto los. „Der Wagen wird zwangsversteigert,“ erklärt Rechtsexperte Nissen. Bisher kann Italien noch nicht in Deutschland vollstrecken, weil es ebenso wie Griechenland und Irland den EU-Rahmenbeschluss zur gegenseitigen Vollstreckung von Geldsanktionen noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Danach können Geldbußen (inklusive Verfahrenskosten) ab 70 Euro in Deutschland vollstreckt werden. Seit 2010 wurden bereits über 16 000 Vollstreckungshilfeersuchen an Deutschland gerichtet, berichtet der ADAC. Tendenz steigend. Zuständig ist das Bundesamt für Justiz, das den Verkehrssünder anschreibt und - sofern der Vorwurf berechtigt ist - das Geld kassiert.

Das Ersuchen werde jedoch zurückgewiesen, wenn der Halter nicht für den Verstoß verantwortlich war, schreibt das Magazin „Finanztest“ in seiner aktuellen Ausgabe. Allerdings ist der Anreiz, in Deutschland zu vollstrecken, gering. Denn das Geld bleibt stets in dem Land, das es eingezogen hat. Die eifrigsten Vollstrecker sind die Niederlande. Wer dort ein Knöllchen bekommt, muss zahlen, und die Bußgelder sind happig. Ein Parkverstoß kostet mindestens 50 Euro, Telefonieren am Steuer 230 Euro. Eine Sonderregelung gibt es mit Österreich. Hier gilt bereits seit 1990 ein bilaterales Vollstreckungsabkommen ab einem Betrag von 25 Euro, und der Erlös geht nach Österreich. „Die vollstrecken regelmäßig“, so ADAC-Anwalt Nissen. Wer zahlungswillig ist, sollte zudem möglichst schnell zahlen.

„Da weiß man nie, was passiert“

In manchen Ländern gibt es für Schnellzahler einen Rabatt. Auch einen Strafzettel in den USA sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Die können zwar nicht in Deutschland vollstrecken, aber rechtlich sind die USA das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, warnt Rechtsexperte Nissen. „Da weiß man nie, was passiert.“ Für Verkehrsdelikte sind die Bundesstaaten zuständig, aber die können das Vergehen auch an die Einreisebehörde weitermelden. Bei der Verjährung gelten für jeden Bundesstaat andere Fristen. In Kalifornien sind es sieben Jahre. Verkehrssünder, die von der Polizei erwischt werden, müssen manchmal eine „Notice of Appear“ unterschreiben. Das ist eine Verpflichtung, in der Sache vor Gericht zu erscheinen, auch wenn man dann längst schon wieder ausgereist ist.

„Das sollte man ernst nehmen und die Behörde kontaktieren“, warnt ADAC-Rechtsexperte Nissen. Sonst droht im Extremfall sogar ein Haftbefehl. Auch wer mit dem Mietwagen unterwegs ist, entkommt der Strafe nicht. Bei Tempoverstößen geben die Vermieter die Daten meist an die Behörden weiter. Bei Parkverstößen zahlen sie in der Regel und holen sich das Geld über die Kreditkarte zurück, meist mit einem hohen Gebührenaufschlag. Keine Gefahr besteht, wenn ein deutsches Inkassobüro das Geld eintreiben will.

Das kann man getrost ignorieren. Und noch ein Trostpflaster gibt es: Für Verstöße im Ausland gibt es keine Punkte in Flensburg, und auch ein Fahrverbot gilt nur in dem Land, das es verhängt hat. Hinweis: Eine Tabelle mit der Höhe der Bußgelder im Ausland findet man auf der Internetseite des ADAC: www.adac.de