"Der VfB schwächelt - und keiner nutzt es", bemängelt André Bühler, Marketing-Experte Foto: StN

Marketing-Experte André Bühler kritisiert die falsche und unprofessionelle Herangehensweise der Vereine an die Sponsoren: „Bei vielen Clubs fehlt das Grundverständnis für Sportmarketing.“ Statt mit guten Ideen für das Live-Erlebnis zu werben, werde lieber noch in einen Spieler für die Ersatzbank investiert.

Stuttgart - André Bühler ist nicht nur ein Fachmann für Marketing. Der Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen ist auch ein großer Sportfan. Und wenn er den verzweifelten Kampf der Vereine in der Region gegen die Dominanz des Fußballs verfolgt, tut ihm das in der Seele weh. „Der VfB Stuttgart schwächelt – und keiner nutzt es“, sagt er. Bühler spitzt bewusst zu.

Natürlich weiß er: Der Profifußball ist eingebettet in ein absolut professionelles System. Die Medienpräsenz ist so hoch ist wie in keiner anderen Sportart. Fast schon zwangsläufig wird dadurch enorm viel vom gesamten Sponsoren-Kuchen abgeschöpft. „Doch jammern hilft den anderen Sportarten nicht“, betont Bühler, der auch Direktor des Deutschen Instituts für Sportmarketing ist. „Es gibt genügend Möglichkeiten, die eigenen Stärken herauszustreichen.“

"Es herrscht eine große Nähe zu den Spielern"

Der Dauerkarteninhaber von Frisch Auf Göppingen nennt das Beispiel Handball: „Dort steht es bei Halbzeit nie 0:0, es ist immer warm in der Halle, und es herrscht eine große Nähe zu den Spielern.“ Was er damit sagen will: Oft fehlt es den Vereinen an der richtigen Herangehensweise an Sponsoren, um ihnen das Live-Erlebnis schmackhaft zu machen. Clubs wie Frisch Auf, dem TV Bittenfeld und der TuS Metzingen gelingt dies, genauso den Basketballern der MHP Riesen Ludwigsburg oder den Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart.

Doch viele andere Vereine schaffen es nicht, Sponsoren für das emotionale Spektakel zu begeistern. „Das Grundverständnis, was Sportmarketing bedeutet, ist oft gar nicht vorhanden“, sagt André Bühler. Marketing werde als reine Ausgabe gesehen, nicht als Investition in die Zukunft. „Die meisten Vereine leben von der Hand in den Mund und stecken jeden Cent in die Mannschaft“, kritisiert er. „Statt Konzepte zu erarbeiten, Strukturen zu schaffen und weiterzuentwickeln, holt ein Landesligist lieber noch einen weiteren Stürmer für die Ersatzbank.“

Man muss Vorzüge herausfiltern und definieren

Statt also einfach nur Klinken zu putzen und draufloszubetteln, empfiehlt der Experte folgende Vorgehensweise: Zu Beginn sollte eine Stärken-Schwächen-Analyse des eigenen Clubs stehen. Außerdem sollten sich die Vereine mit ihren Wettbewerbern auseinandersetzen. Die Vorzüge herauszufiltern und zu definieren – dazu braucht es pfiffige Macher, aber kein Millionen-Budget.

Bühler nimmt auch die Verbände in die Pflicht, ihren Vereinen die Weiterbildung zu vermitteln. Zwar kosten Fortbildungsseminare bis zu 800 Euro pro Tag, doch es gibt auch Möglichkeiten, mit bescheidenen finanziellen Mitteln an Fachwissen zu kommen. Die Zusammenarbeit mit Universitäten, die Studiengänge in Sportökonomie anbieten, wäre für die Vereine denkbar. Praktikanten können über solche Kooperationen gewonnen werden. Mittels Diplomarbeiten besteht für Vereine die Chance, für wenig Geld an Know-how zu kommen, um ihre Strukturen weiterzuentwickeln. Denn eines steht für André Bühler fest: „Unternehmen erwarten von ihrem Gegenüber ein professionelles Auftreten auf Augenhöhe.“

Dazu gehören Top-Unterlagen mit Erkenntnissen aus der Marktforschung, vielleicht auch ein Imagefilm über die Kernpunkte, was den Verein ausmacht und ihn von anderen unterscheidet. Die Realität sieht oft anders aus: Die meisten Vereine wissen gar nicht, wie die Branche tickt. Was es für die kleineren Clubs noch schwieriger macht im Kampf gegen die Monokultur Fußball – selbst wenn der VfB schwächelt.