Mercedes-Chef Ola Källenius setzt hohe Erwartungen in die elektrische G-Klasse. Foto: Mercedes-Benz AG/Mercedes-Benz Group AG

Mercedes erklärte den Verbrenner zum Auslaufmodell und ist zur Finanzierung der Antriebswende mehr denn je auf ihn angewiesen. In einer Diskussion mit unserer Zeitung wird Vorstandschef Ola Källenius zu seiner Strategie Rede und Antwort stehen.

Der Video-Dreh für sein Linked-In-Profil dürfte für Mercedes-Chef Ola Källenius zu den angenehmsten Terminen zählen. Vor wenigen Monaten trat er in seiner schwedischen Heimat mit Winterjacke und Wollmütze vor die Kamera und lobte die neue elektrische G-Klasse über den nicht vorhandenen grünen Klee. Auf einem zugefrorenen See schlitterte das Auto seitlich in die Kurven, um in einer späteren Aufnahme sein großes Kunststück zu zeigen: die 360-Grad-Wende auf der Stelle.

Die Reaktion von Källenius’ LinkedIn-Followern zeigte schnell, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen dieses technologisch anspruchsvollen Fahrzeugs sein können. „Die Frage ist: warum?“, schrieb einer. Ein anderer antwortete nicht minder lapidar: „Um die Kinder zur Schule zu bringen.“ Ein dritter Diskutant zeigte mehr Verständnis für das Produkt, das in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt kommen soll: „Angebot und Nachfrage. So einfach ist das.“

Das Ziel: Autos, die Emotionen auslösen

Das Ziel, Autos zu bauen, die Emotionen auslösen, wird durch die neue G-Klasse schon deshalb eingelöst, weil sie die einen provoziert und die anderen begeistert, aber kaum jemanden kalt lässt. Kundinnen und Kunden mit neuen E-Fahrzeugen emotional zu packen, ist ansonsten aber auch für Mercedes zuweilen ein schwieriges Unterfangen. Viele, die für reichlich Geld demonstrativ E-Auto fahren und damit auch ein Statement abgeben wollen, sind längst versorgt – gar nicht so selten mit einem Tesla. Ausgerechnet in China, als Automarkt fast so groß wie die EU und die USA zusammen, verkauft Mercedes seine E-Autos bisher nur in homöopathischen Dosen. Dabei ist China das einzige Land, in dem das E-Auto sich wirklich auf Erfolgskurs befindet. In den beiden anderen großen Weltmärkten, den USA und Europa, sind die E-Autoverkäufer nun bei den Mühen der Ebene angelangt. Denn in der breiten Bevölkerung tun sich viele schwer mit dieser Form der Mobilität, die bisher in der Anschaffung sehr viel teurer ist und vor allem bei längeren Reisen nach einer sorgfältigen Ladeplanung verlangt.

„Es werden eher die kaufkräftigen Kunden sein, die im nächsten Jahr ein Elektroauto anschaffen“, sagte der Bergisch-Gladbacher Autoexperte Stefan Bratzel, als die Bundesregierung im Dezember vergangenen Jahres über Nacht die E-Auto-Kaufförderung strich. „Doch diese Menschen besitzen zum größten Teil schon ein Elektroauto.“

Strategie folgt der Marktentwicklung

Genau 10,26 Prozent der Mercedes-Käufer entschieden sich im ersten Quartal dieses Jahres für ein vollelektrisches Auto. Das ist exakt der gleiche Anteil wie im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Der konstante Anteil ist mit dem Begriff „Stagnation“ noch vorsichtig umschrieben, denn der Verbrenneranteil war nur deswegen nicht noch höher, weil durch Lieferausfälle beim Zulieferer Bosch die stark nachgefragten Verbrenner GLC und die neue E-Klasse nur schleppend ausgeliefert werden konnten. In China wiederum sind E-Autos zwar sehr gefragt, vor allem aber in den kleineren und mittleren Segmenten, in denen Mercedes bisher nicht sehr präsent ist.

Källenius hat angesichts der globalen Schwäche des E-Absatzes die Strategie verändert. Er stellt jetzt nicht mehr das Ziel in den Vordergrund, bis 2030 möglichst überall nur noch vollelektrische Autos zu verkaufen. Vielmehr betont er, dass es auch deutlich in die 30-er Jahre hinein noch Verbrennerautos geben werde, wenn die Verbraucher diese nachfragen. Angebot und Nachfrage eben.

Allerdings lässt sich der Lage des Stuttgarter Autobauers auch viel Zuversichtliches abgewinnen. Zum einen sind die Defizite von heute die Chancen von morgen, zum anderen ist Mercedes mit einem Teil seiner Palette schlicht zu früh am Start. So sind die elektrischen Luxusfahrzeuge der Stuttgarter, allen voran das elektrische Flaggschiff EQS, in China auch deshalb nicht so gefragt, weil dieses Segment bisher kaum entwickelt ist. Der Kuchen ist bisher so klein, dass sich über seine künftige Verteilung noch nicht viel sagen lässt. Umgekehrt bringt Mercedes im kommenden Jahr die neue MMA-Plattform auf den Markt, die hohe Reichweite, schnelles Laden und anspruchsvolle digitale Technologien verspricht. Sie habe mit der alten Plattform kein einziges Teil gemeinsam, sagt Källenius. Und nicht zuletzt haben die Stuttgarter in China mit ihren luxuriösen Verbrennerfahrzeugen, insbesondere mit der hoch profitablen S-Klasse, weiter eine überragende Marktstellung. Ausgerechnet in China, wo sich hunderte von E-Auto-Herstellern einen brutalen Verdrängungswettbewerb liefern, hat Mercedes seit Jahrzehnten eine überaus komfortable Position – allerdings in einem Segment, das kleiner wird.

Was bedeute die Entwicklung für die Jobs?

Mit welcher Strategie will Mercedes die tiefgreifende Transformation der Branche bewältigen und sich im immer heftiger umstrittenen chinesischen Markt behaupten? Welche Chancen will Konzernchef Källenius ergreifen, und welche Risiken ist er bereit, dafür einzugehen? Welche Perspektiven gibt es für die Arbeitsplätze in der Region? Diesen und anderen Fragen unserer Zeitung wird sich Källenius am 4. Juni von 19 Uhr an im Haus der Wirtschaft in Stuttgart stellen. Seine Gesprächspartner sind Joachim Dorfs, Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, und Christoph Reisinger, Chefredakteur der Stuttgarter Nachrichten.

Mercedes-Chef Ola Källenius live

Termin
Die exklusive Veranstaltung mit dem Titel „Wohin steuert Ola Källenius Mercedes?“ mit Mercedes-Chef Ola Källenius findet am Dienstag, den 4. Juni, um 19 Uhr im Haus der Wirtschaft statt (Willi-Bleicher-Straße 19, 70174 Stuttgart).

Anmeldung
Interessierte Leserinnen und Leser können sich online unter dem Internetlink https://www.zeitung-erleben.de/Kaellenius anmelden. Die Podiumsdiskussion ist exklusiv für Abonnentinnen und Abonnenten, zur Anmeldung wird die jeweilige gültige Abonummer benötigt. Die Zahl der Teilnehmer an der Veranstaltung ist begrenzt.

Aktive Beteiligung
Sie können den Moderatoren vorab Fragen schicken, die Sie an den Mercedes-Chef Ola Källenius haben.