Vom unbekannten Country-Sänger zur Nummer eins der US-Charts: Oliver Anthony Foto: youtube

Der Countrysänger Oliver Anthony stürmt die US-Charts – und spaltet die amerikanische Nation.

Oliver Anthony stammt aus einem Nest in Virginia, lebt in einem schäbigen Wohnmobil in den Appalachen, hat eine leidlich gebrochene Biografie und sieht genau so aus, wie man sich das vorstellt, was die Amerikaner abfällig einen „Hillbilly“ oder noch abfälliger „White Trash“ nennen. Mit seiner Resonatorgitarre versucht er sich seit zwei Jahren als Countrysänger, bisher mit recht überschaubarem Erfolg, was freilich auch an seinen unspektakulären musikalischen Fähigkeiten und seinem Allerweltshabitus liegen könnte. Bis er vor genau zwei Wochen auf Youtube seinen Song „Rich Men North of Richmond“ hochgeladen hat. Denn seither ist er ein Star. Das Lied, eine an und für sich biedere Countrynummer, in der er die Sorgen und Nöte der amerikanischen Arbeiterklasse und der abgehängten Landbevölkerung thematisiert, ist seitdem über dreißig Millionen Mal angeklickt worden und steht nun auf Platz eins der US-Charts. Damit hat er den Superstar Taylor Swift überholt und ein Kunststück vollbracht, was zuvor noch nie einem Musiker aus dem Stand gelungen ist.

Überdies spaltet er mit einem einzigen Song gleich die ganze gespaltene Nation. Als wichtigen Beitrag zum Klassenkampf feiern das Lied selbst einige Demokraten, als erzreaktionäre Hymne an die Rechten geißeln ihn viele Liberale, während ebendiese Rechten das Stück als Ode an die Arbeiterklasse bejubeln. Und Oliver Anthony? Der könnte sich nun den uramerikanischen Traum vom Tellerwäscher erfüllen, der zum Millionär wurde. Er sagt jedoch, dass er die jetzt eingetrudelten millionenschweren Angebote der Plattenindustrie abgelehnt habe, weil ihm der Starrummel nichts bedeute und er sich nun lieber seinen eigentlichen, ebenfalls sehr uramerikanischen Plänen widmen wolle: Er möchte Viehzüchter werden.