Der Suchmaschinenkonzern Google verdient mit fremden Inhalten im Internet Geld. Foto: dpa

Europa braucht das Verlegerrecht dringend, weil andernfalls der seriöse Journalismus in Gefahr ist, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart/Brüssel - Viel steht auf dem Spiel. Wenn das Europäische Parlament jetzt über das Verlegerrecht im Internet entscheidet, geht es um weit mehr als um den Schutz der Urheberrechte. In Frage steht, ob Lesern und Nutzern in zehn Jahren noch die Produkte eines der Wahrheit verpflichteten, auf Recherche bauenden Journalismus zur Verfügung stehen werden.

Der kostet Geld. Und das müssen die privatwirtschaftlich organisierten Medien, voran die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, zunehmend im Internet verdienen. Also da, wo die Leserzahlen rapide steigen. Und wo allein die großen Betreiber von Plattformen, Suchmaschinen, Netzwerken die Spielregeln bestimmen.

Qualitätsjournalismus in Europa in Gefahr

Zu denen zählt perfiderweise, dass diese Internet-Giganten bisher ohne finanzielle Gegenleistung Nutzer mit den aufwendig hergestellten und urheberrechtlich geschützten Inhalten von Verlagen oder Sendern auf ihre Plattformen locken, um mit Präsenz und Daten der Nutzer Werbe-Milliarden zu erwirtschaften. Wenn die EU ihre Regeln in Form des Verlegerrechts nicht dagegen stellt und eine solche Gegenleistung erzwingt, wird es mit Medienvielfalt und Qualitätsjournalismus in Europa ein Ende haben. Dass Verlage zu dem Treiben der Internet-Riesen über Jahre die Hand gereicht haben, war dämlich. Es macht dieses Raubrittertum aber nicht weniger skandalös.

Man muss schon dreister Lobbyist oder grenzenlos naiv sein, um zu behaupten, das Verlegerrecht bedrohe die Freiheit im Netz, sei gar Zensur. Schließlich bleibt die nicht kommerzielle Nutzung journalistischer Inhalte für jedermann frei. Die Dimension der Entscheidung ist vielmehr die: Hat in Europa nur noch der Anspruch auf seine Rechte, wer so reich ist wie die Googles und Facebooks dieser Welt?

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de