Von Markus BrauerBesser spät als nie. Zum ersten Mal wendet sich

Von Markus Brauer

Besser spät als nie. Zum ersten Mal wendet sich die Katholische Kirche direkt per Telefon und Internet an jene, die von ihren Priestern missbraucht wurden. Was beweisen soll, dass die Kirche die Verbrechen, die unter ihren Dächern geschehen sind, beim Namen nennen und künftiges Unrecht verhindern will. So weit, so gut.

Die Zeiten sind hart für Deutschlands Geistlichkeit. So viel Schelte selbst von treuen Gläubigen hat sie selten einstecken müssen. Den Bischöfen vor allem ist anzukreiden, dass es so weit kommen konnte und nicht viel früher nach schwarzen Schafen in den eigenen Reihen gefahndet wurde. Seit mehr als zehn Jahren wird die Kirche weltweit von immer neuen Enthüllungen über Missbrauchsfälle erschüttert. Im Jahre 2002 erließen die deutschen Bischöfe unter dem Eindruck der Missbrauchsskandale in der US-Kirche Richtlinien, die Derartiges hierzulande verhindern und geschehenes Unrecht aufdecken sollten. Wenn man sich die aktuelle Debatte vor Augen führt, muss man sich fragen, ob die Verantwortlichen nichts gesehen haben oder nichts sehen wollten.

Nichts von all dem, was derzeit publik wird, hätten die Oberhirten von sich aus öffentlich gemacht. Erst äußerer Druck zwingt sie, Stellung zu beziehen und zu handeln. Doch wie groß ist die Bereitschaft, von sich aus die dunklen Seiten von Klerikern ans Tageslicht zu bringen? Was passiert, wenn die Diskussion wieder abebbt? Werden sich die Bischöfe an ihr Versprechen erinnern, aufzuklären, die Missetäter der staatlichen Gewalt zu überantworten, den Opfern beizustehen?

Die Glaubwürdigkeit der Kirche hat massiven Schaden gelitten, vor allem weil so lange so viel unter den kirchlichen Teppich gekehrt wurde. Jetzt müssen die Bischöfe beweisen, dass sie es mit ihren Ankündigungen, künftig alles besser zu machen, wirklich ernst meinen. Abwarten! Wie heißt es in Goethes "Faust": "Die Botschaft hör" ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."