In einem Kohlebergwerk im Westen der Türkei hat sich am Dienstagabend ein verheerendes Grubenunglück ereignet. Foto: dpa

In der Türkei hat sich am Dienstagabend ein verheerendes Grubenunglück ereignet. Mittlerweile ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 200 gestiegen. Und immer noch werden Hunderte Kumpel unter Tage vermisst. Ihre Rettung ist ein Wettlauf mit der Zeit, sagte Energieminister Yildiz.

In der Türkei hat sich am Dienstagabend ein verheerendes Grubenunglück ereignet. Mittlerweile ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 200 gestiegen. Und immer noch werden Hunderte Kumpel unter Tage vermisst. Ihre Rettung ist ein Wettlauf mit der Zeit, sagte Energieminister Yildiz.

Istanbul - Beim schwersten Grubenunglück in der Türkei seit über 20 Jahren sind mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Energieminister Taner Yildiz sprach am Mittwoch am Kohlebergwerk Soma in der Provinz Manisa von mindestens 205 Todesopfern. Er befürchte aber einen weiteren Anstieg der Opferzahl, da die Hoffnung abnehme, noch Überlebende zu retten. In dem Bergwerk war nach einer Explosion ein Feuer ausgebrochen.„Es ist schlimmer, als zunächst erwartet“, sagte der Minister. Möglicherweise werde die Zahl der Opfer die des bislang schwersten Grubenunglücks in der Türkei im Jahr 1992 übersteigen. Damals waren 263 Menschen ums Leben gekommen.

Yildiz machte am Mittwochvormittag auf Nachfrage von Reportern keine Angaben zu der genauen Zahl der Kumpel, die noch unter Tage eingeschlossen sind. Er hatte zuvor gesagt, insgesamt seien zum Zeitpunkt des Unglücks am Dienstagnachmittag 787 Arbeiter in der Zeche gewesen. Der Verbleib von 363 Arbeitern sei geklärt. Darunter seien auch die Toten sowie 80 Verletzte. Die meisten Opfer seien an Kohlenmonoxidvergiftungen gestorben. Am Vormittag war der Brand in der Zeche laut Yildiz immer noch nicht unter Kontrolle.

Medienberichten zufolge hatte ein Defekt in der Elektrik zunächst die Explosion und dann den Brand verursacht, der nach Angaben von Yildiz in 150 Metern Tiefe ausbrach. Wegen des Unglücks rief die Regierung eine dreitägige Staatstrauer aus. Im ganzen Land und an den Vertretungen im Ausland würden die Flaggen auf halbmast gesetzt, teilte das Büro von Premierminister Recep Tayyip Erdogan mit.

Erdogan und Gül sagten Auslandsreisen ab

Der Bergmann Sami Kilic, der neun Jahre in der Zeche arbeitete und bei den Rettungsarbeiten hilft, sagte dem Sender CNN-Türk, bei einer Explosion unter Tage funktioniere die Stromversorgung nicht mehr. Ventilatoren könnten nicht mehr arbeiten, der Luftstrom werde unterbrochen. „Auch wenn die Männer Masken haben sollten, wird eine Rettung schwierig. Die Masken, die wir erhalten haben, reichten für 45 Minuten Frischluft. Aber innerhalb von 45 Minuten kann man nicht die eineinhalb Kilometer nach oben kommen.“ Er rechne mit bis zu 400 Toten.

Ministerpräsident Erdogan und Staatspräsident Abdullah Gül sagten wegen des Unglücks Auslandsreisen ab. Erdogan wollte den Unglücksort am Mittwoch besuchen. Türkische Medien berichteten, die Regierungspartei AKP habe im vergangenen Monat Forderungen der Opposition im Parlament in Ankara zurückgewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen an der Zeche Soma zu überprüfen. Die Bergwerksgesellschaft teilte mit, die letzten Sicherheitsüberprüfungen habe es vor zwei Monaten gegeben. Der Vorsitzende der linken Gewerkschaft DISK, Kani Beko, kritisierte, in der Zeche seien zahlreiche Arbeiter von Subunternehmern gewesen. Beko sprach von einem „Massenmord“ in dem Bergwerk.

Die Bergbaugewerkschaft IG BCE kritisierte nach dem Grubenunglück in der Türkei Sicherheitsmängel im Bergbau des Landes. „Die Katastrophe in Soma ist das jüngste Glied in einer langen Kette schrecklicher Grubenunglücke in der Türkei“, sagte der Gewerkschafts-Vorsitzende Michael Vassiliadis nach einer Mitteilung. Dabei habe es immer wieder Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen gegeben. Mindestvorschriften im Arbeits- und Gesundheitsschutz würden nicht eingehalten. Verzweifelte Angehörige der Opfer warteten am Mittwoch vor einem Krankenhaus auf Informationen. „Warum sagt uns keiner, was genau passiert ist?“, sagte eine Frau vor dem Krankenhaus CNN-Türk.

In der Türkei kommt es immer wieder zu tödlichen Grubenunfällen. Mehrfach gab es in den vergangenen Jahren Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen oder es wurden veraltete Arbeitsgeräte eingesetzt. Das folgenschwerste Unglück der vergangenen Jahrzehnte ereignete sich 1992 in einem Bergwerk in der Provinz Zonguldak. Dort starben bei einer Gasexplosion 263 Menschen.