Ein Taubenturm wie er in Bad Cannstatt steht, soll auch in Leinfelden aufgestellt werden. Foto: Uli Nagel Uli

Seit vielen Jahren wird in Leinfelden-Echterdingen der Bau eines Taubenhauses eingefordert. Nun hat die Stadt ein Einsehen. Was steckt dahinter?

Seit mehr als zehn Jahren ärgern sich Menschen in Leinfelden-Echterdingen über den Dreck, den Tauben hinterlassen. Insbesondere an den Bahnhöfen in Echterdingen und Leinfelden suchen die Vögel sich immer wieder ein Nest und lassen ihren Kot auf den Bahnhofsvorplatz oder in die Unterführung fallen. Die Tiere sind auch in den Wohngebieten unterwegs. Eine Frau aus Echterdingen hatte im vergangenen Herbst 44 Stück auf ihrem Dach gezählt. Hotels und Unternehmen haben Probleme mit den Vögeln, die sich eigentlich von Körnern und Samen ernähren, in der Stadt aber Essensreste fressen, um zu überleben.

Die Stadt hat Netze gespannt

Um dem Problem Herr zu werden, hatte die Stadt an den S-Bahnhöfen in Echterdingen und Leinfelden schon vor längerer Zeit Netze gespannt. Ein Taubenhaus, wie es sie in anderen Kommunen schon längst welche gibt, wollte sie allerdings bisher keines aufstellen. Weil sie dafür weder Kapazitäten, noch Zeit habe, hieß es zuletzt. Diese Haltung hat sich nun geändert. Auf die Frage warum, erklärt Bürgermeister Benjamin Dihm: „Es gab mehrere Vorstöße, sowohl seitens der Fraktionen als auch aus der Bürgerschaft.“ Das Engagement der Tierschützerin Jennifer Winkler habe eine weitere Bearbeitung des Themas angestoßen. Sie sei auch an der Entwicklung der Strategie beteiligt gewesen.

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen will im kommenden Jahr in Kooperation mit dem Tierschutzverein Tierfreunde Filderstadt, einen Taubenturm am Leinfelder Bahnhof einrichten. Ein Taubenturm nach einem Modell, das eine Tübinger Zimmerei entworfen hat, soll es werden, gab Stephan Walker, Leiter der städtischen Abteilung für Grünflächen und Umwelt in der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses bekannt. Ein solcher Turm wurde auch schon in Stuttgart-Bad-Cannstatt aufgestellt.

Zumindest in Leinfelden wird also eine dauerhafte und humane Lösung des Tauben-Problems geschaffen. Der Filderstädter Verein ist laut Dihm bereits in Leinfelden-Echterdingen aktiv. Er bezahle das Futter, die Gipseier und anteilig Tierschutzkosten für die Arbeit von Jennifer Winkler. Die Frau kümmert sich seit Jahren ehrenamtlich um Tauben, die im Echterdinger Industriegebiet unterwegs sind. Sie hat maßgeblich geholfen, einen Taubenschlag auf dem Rewe-Parkdeck an der Ulmer-Straße zu errichten. Die Kosten dafür hat das Unternehmen übernommen.

Schlag auf den Rewe-Parkhaus ist ein Erfolg

Die Tierschützerin ist beim Einkaufen auf die Problematik auf dem Rewe-Parkhaus gestoßen. „In den Einkaufswagen lag Gelege und Kot. Die Vögel haben auch auf dem Boden gebrütet“, sagte sie im Technischen Ausschuss. „Das war weder für die Menschen, noch für die Vögel schön“, machte sie deutlich. „Der Schlag steht seit einem halben Jahr, seitdem wohnt oder brütet keine Taube mehr im Parkhaus“, berichtete sie.

Schwierigkeiten machen im Übrigen auch weiße Hochzeitstauben, die Paare einkaufen, um sie dann nach dem Ja-Wort freizulassen, erklärte Winkler. Viele Tiere irrten nach dem Freilassen umher, finden nicht mehr zu ihrem Züchter zurück. Genauso wie manche Brieftaube, die im Stadtgebiet gestrandet sei. „Die Verwaltung sollte es verbieten, dass hier Hochzeitstauben fliegen“, sagte dazu Stadträtin Sigrid Ott (Demokratie in Bewegung). Auch Bürgermeister Dihm sieht das Hochzeitsritual kritisch.

Positive Stimmen aus dem Gemeinderat

Dass die Stadt nun doch einen Taubenturm bauen lassen will, bewerten derweil alle Fraktionen positiv. „ Es geht um Gesundheit und Sauberkeit“, sagte Ingrid Grischtschenko (Grüne). Wolfgang Haug (FDP) wies daraufhin, dass die Verwaltung bereits seit 2010 etwas gegen das Taubenproblem unternehmen wollte. „Das Problem ist seitdem größer geworden“, sagte Erich Klauser (SPD). Singvögel würden beispielsweise beim Wasserholen durch Tauben verjagt.

Zwei Personalstellen auf Minijob-Basis werden beim Tierschutzverein eingerichtet. Die Helfer werden die Vögel, die sich am Taubenturm in Leinfelden ansiedeln werden, dann regelmäßig mit artgerechten Futter versorgen, sich um verletzte Tiere kümmern und Taubeneier gegen Gipseier austauschen – um die Population klein zu halten.

Blick nach Stuttgart

Taubenschläge
In Stuttgart gibt es mittlerweile 16 unterschiedliche Taubenschläge – darunter auch ausgediente Bauwagen. 2008 wurde mit einem Stadttaubenprojekt begonnen, einer Initiative des Tierschutzvereins Stuttgart und Umgebung und der Landeshauptstadt.

Hühnerställe
Tauben seien standorttreu, sagt Tierschützerin Jennifer Winkler, mobile Hühnerställe würden sich deshalb nur schlecht eignen, um Tauben anzusiedeln.