Während des Volksfests erleben Taxifahrer außergewöhnliche Dinge – manchmal lustig, manchmal gefährlich. Foto: lichtgut/Max Kovalenko

Was Taxifahrer unterwegs erleben, könnte ganze Bücher füllen. Besonders während des Volksfests passieren teils unglaubliche Geschichten. Wir haben nachgefragt und die besten gesammelt.

Stuttgart - Der Taxifahrer am Cannstatter Bahnhof grinst. „Man sollte auf jede Art Mensch vorbereitet sein“, sagt der erfahrene Mann. Das gilt in seiner Branche generell – doch ganz besonders während des Volksfests. Dann strömen die Ortsunkundigen und der Alkohol. Eine süffige Mischung, die manchem den Wasen mittlerweile verleidet hat. Viele Taxler fahren das Volksfest nicht mehr an. Wer es doch tut, erlebt manchmal Außergewöhnliches. „Eigentlich ist das wie beim Arzt. Man schweigt“, sagt einer. Damit die Geschichten dennoch verraten werden, lassen wir einige Taxler anonym erzählen.

Das Stadion-Maskottchen

„Am 2. Oktober kamen vier Männer zum Taxistand, die auf dem Wasen beim Feiern waren. Sie fragten die Taxifahrer, wer Englisch spricht. Ich habe mich gemeldet. Es stellte sich heraus, dass es sich um Fans von Manchester City handelte. Sie wollten nach Sinsheim zum Champions-League-Spiel gegen Hoffenheim. Ich habe ihnen gesagt, dass das ein Stück ist und auch eine Stange Geld kostet. Und außerdem müssten sie ja wieder zurückkommen nach Abpfiff. Doch dafür hatten sie schon eine Lösung: Sie wollten, dass ich sie auch wieder nach Stuttgart bringe. Für die Zeit während des Spiels hatten sie vorgesorgt: Sie hatten eine Eintrittskarte für den Taxifahrer dabei. Also fuhren wir los.

Im Stadion angekommen, luden die Jungs mich zum Essen und Trinken ein. Außerdem besorgten sie mir ein Manchester-Trikot und einen Schal. Ich stand das Spiel über quasi als Maskottchen im Block der Engländer, und sie stimmten sogar Fangesänge auf mich an. Nach unserer Rückkehr nach Stuttgart haben sie mir nicht nur die Fahrt, sondern auch noch einen Bonus bezahlt. Und eine Einladung auf die Insel habe ich jetzt auch.“

Ortsverwirrung

„Am Volksfest stieg ein Mann zu mir ins Taxi. Er sagte, er wolle nach Illertissen. Er fügte noch an, das koste sonst ja so 25 Euro, er gebe mir aber 30. Ich war erstaunt, denn Illertissen liegt zwischen Ulm und Memmingen, das sind so 120 Kilometer. Doch er blieb bei seiner Meinung. Als wir eine Weile diskutiert hatten, fragte er mich plötzlich: „Wo sind wir hier denn?“ Ich sagte, na, in Stuttgart natürlich. Der Mann riss verwundert die Augen auf. „In Stuttgart? Na, dann ist mir jetzt auch klar, warum ich mein Auto nicht gefunden habe“, sagte er kleinlaut. Ich fragte ihn noch, ob ich ihm irgendwie helfen könne, doch er stieg aus und verschwand.“

Das Entführungsopfer

„Ein Mann, der ordentlich gezecht hatte, kam zu meinem Taxi und wollte nach Hause gebracht werden. Die Fahrt dauerte eine Weile, und unterwegs schlief er ein. Als wir am Ziel ankamen, weckte ich ihn auf. Der Mann erschrak zu Tode. „Wer sind Sie? Was mache ich in Ihrem Auto? Was wollen Sie von mir?“, schrie er laut. Er glaubte tatsächlich, er sei Opfer einer Entführung geworden. Er sprang aus dem Wagen – und sah, dass er vor seiner Haustür stand. „Hier wohne ich ja“, stammelte er verdutzt – und verzichtete darauf, die Polizei zu rufen. Fast schade.“

Der Ehestreit

„Eindeutige Angebote gibt es für Taxifahrer immer wieder. Manche Frauen meinen, wenn das Geld für die Fahrt nicht mehr ausreicht, könnten sie einen anderen Weg finden, um die Rechnung zu begleichen. Was ich jetzt jedoch erlebt habe, setzt dem Ganzen noch eins drauf. Auf dem Wasen stieg ein Paar mittleren Alters ein, richtig aufgebrezelt in Tracht – und schnurstracks war ich mittendrin im schönsten Ehestreit. Die beiden beschimpften sich fortwährend, wobei es wohl um einen Flirt des Mannes mit einer Kellnerin ging. Mitten auf der Landstraße brüllte der Mann, ihm reiche es jetzt, und riss die Tür auf. Ich bremste scharf und fuhr rechts ran. Er sprang aus dem Wagen und verschwand im Wald.

Ich fuhr die Frau nach Hause. Dort stellte sich heraus, dass der entschwundene Gatte nicht nur den Hausschlüssel, sondern auch das Geld bei sich hatte. Die brave Ehefrau erzählte mir, das sei kein Problem – sie könne in der Hütte hinten im Garten übernachten. Und um ihre Schuld zu begleichen, sei dort für mich auch noch ein Plätzchen frei.

Ich lehnte dankend ab und fuhr verärgert weg. Unterwegs sah ich einen völlig durchnässten Mann in Lederhose am Straßenrand stehen. Es war der werte Gatte, der in seiner Wut und im Alkoholnebel in einen Bach gefallen war. Ich hatte Mitleid und fuhr ihn nach Hause. Er konnte sogar bezahlen – bemerkte aber, dass er im Bach offenbar seinen Hausschlüssel verloren hatte. Kein Problem, meinte er nur, er könne in der Hütte hinten im Garten übernachten. Ich sah ihn noch um die Ecke biegen und malte mir die Wiedersehensszene der beiden Turteltäubchen aus.“

Der Überfall

„Nicht immer erlebt man lustige Dinge rund um den Wasen. Einen Kollegen von mir hat es mal ziemlich hart getroffen. Früher hatten manche Fahrer eine Schreckschusspistole für den Fall der Fälle dabei. So auch er. Vier betrunkene Jungs wurden auf der Fahrt gewalttätig und prügelten auf ihn ein. Er rettete sich auf die Straße und gab als Hilferuf einen Schuss in die Luft ab. Polizisten hörten das und kamen hinzu. Drei der Jungs türmten, der vierte wurde erwischt. Als er später seine Gerichtsverhandlung hatte, wurde er freigesprochen. Der Kollege dagegen wurde wegen illegalen Waffenbesitzes zu einer vierstelligen Geldstrafe verknackt.“