Angehörige der Opfer des Brandanschlags in Duisburg-Wanheimerort vor der Gedenktafel, die die Stuttgarter Künstlerin Cana Yilmaz entworfen hat. Foto: Yilmaz

Die Stuttgarter Künstlerin Cana Yilmaz hat eine Erinnerungstafel für die Opfer eines Brandanschlags in Duisburg gestaltet. Im August jährt sich die Tat zum 40. Mal.

Mit der Stadt Duisburg – am Schnittpunkt von Niederrhein und Ruhrgebiet gelegen – hat Stuttgart wenig Berührungspunkte. Einer ist das Thema Kunst und Gedenken, verkörpert durch Cana Yilmaz, einer in Bretten geborenen Fotografin und Künstlerin. Yilmaz, die in Nagold und Calw aufgewachsen ist und heute in Stuttgart und Florida lebt, hat in Duisburg erfolgreich an einem Gestaltungswettbewerb teilgenommen, der ihr persönlich viel bedeutet. Es geht um die Erinnerung an einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus im Duisburger Stadtteil Wanheimerort in der Nacht zum 27. August 1984, bei dem sieben Mitglieder einer türkeistämmigen Familie ums Leben kamen, darunter vier Kinder. 23 weitere Menschen wurden verletzt.

Als Täterin wurde eine Pyromanin verurteilt

Cana Yilmaz widmet sich diesem Gedenken aus der Überzeugung heraus, dass es wichtig ist, den Toten und den betroffenen Familien auf diesem Wege Respekt und Wertschätzung zu zeigen – auch wenn dies zu einem sehr späten Zeitpunkt geschieht. Im Gegensatz zu den Brandanschlägen in Solingen, Mölln und Rostock sei dem Anschlag in Duisburg medial lange wenig Beachtung geschenkt worden, findet sie.

Das mag mit den verworrenen Hintergründen zusammenhängen. Als Täterin des Brandanschlags wurde 1996 eine offenbar pyromanisch veranlagte Frau verurteilt; sie starb vor 14 Jahren in der Psychiatrie. Rassismus oder politische Motive wurden von den Ermittlern ausgeschlossen. Doch Zweifel bleiben. „Die Tat wurde leider nie aufgeklärt“, erklärt Cana Yilmaz. Eine Initiative – Duisburg 1984 – setzt sich nach eigenen Angaben für eine Überprüfung von Rassismus als Motiv ein. Auf der Gedenktafel heißt es: „Rassismus als Tatmotiv wurde damals nicht konsequent überprüft, weshalb es bis heute keine hinreichende Aufklärung und Gerechtigkeit gibt. Zur Mahnung muss deshalb heute über Rassismus gesprochen und and die Opfer erinnert werden.“

Hakenkreuz-Schmierereien vor und nach dem Anschlag

Die Stadt Duisburg bekräftigt auf Anfrage, individuell rassistische Motive der Täterin hätten im Gerichtsverfahren nicht nachgewiesen werden können. Die Stadt betont jedoch auch: „Die unmittelbar vor und nach dem Anschlag beobachteten Vorfälle, darunter Hakenkreuz-Schmierereien und Bedrohungen solidarischer Nachbarn, schließen nicht aus, dass rassistische Einstellungen und Handlungen zur Begünstigung der Tat beigetragen haben könnten.“

Die von Cana Yilmaz gestaltete Tafel wurde im August 2023 enthüllt. Sie zeigt die Gesichter der Opfer Ferdane Satır (40), Songül Satır (4), Ümit Satır (5), Çiğdem Satır (7), Zeliha Turhan (18) und Rasim Turhan (18). An Tarık Turhan, den 52 Tage jungen Säugling, erinnert ein Herz. Darunter stehen die oben zitierten Worte. Gedacht wird auch Ramazan Satır (40), Ehemann von Ferdane Satir, der ein Jahr nach dem Brandanschlag im türkischen Adana bei einem Autounfall starb.

„Ein schmerzliches Ereignis in Duisburgs Geschichte“

Der Sprecher der Stadt erklärt: „Der Brandanschlag von 1984 bleibt ein schmerzliches Ereignis in der Geschichte der Stadt.“ Die Gestaltung der Gedenktafel durch Cana Yilmaz sei ein wichtiger Schritt, um die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten und das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Toleranz und gegenseitigem Respekt in der Gesellschaft zu schärfen. Man setze sich dafür ein, das Bewusstsein für die Vielfalt und die Bedeutung des Zusammenlebens in einer gerechten und respektvollen Gesellschaft zu fördern: „Diese Bemühungen sind essenziell, um aus der Geschichte zu lernen und eine Zukunft zu gestalten, in der alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder sozialen Stellung respektiert und wertgeschätzt werden.“