Aus Äckern und Wäldern wurde erst das Wohngebiet Lauchhau, dann kam das Wohngebiet Lauchäcker dazu. Foto: Stadtplanungsamt Stuttgart

Die Grünfläche am Waldesrand ist zwei Wohngebieten gewichen. Diese könnten unterschiedlicher nicht sein: Ende der 60er Jahre begann die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft im Vaihinger Westen die ersten Hochhäuser hochzuziehen. Manchen Vaihingern war die Siedlung suspekt.

Lauchhau-Lauchäcker - Als Rita Wunsch gemeinsam mit ihrer Familie 1969 die Wohnung im Lauchhau bezogen hat, lagen rundherum noch Erdhügel. „Da haben die Kinder drauf gespielt“, erinnert sie sich. Eine Infrastruktur existierte damals noch nicht. Als die Familie ins Lauchhau zog, gab es weder Kindergärten noch Läden: Einzig einen Bus, der alle halbe Stunde fuhr. Die benachbarten Lauchäcker bestanden damals noch aus einer Grünfläche. „Die Gärten waren ein Genuss“, erinnert sich Wunsch.

Rita Wunsch ist eine Bewohnerin der ersten Stunde. Die Hochhäuser am Rande Vaihingens wurden größtenteils Ende der 60er Jahre durch die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft gebaut. Die stufigen Bauten umschließen Grünflächen. Diese schätzt die ehemalige Dürrlewangerin an dem Wohngebiet. Sie fühlt sich besonders durch die Nähe zum Wald wohl: „Was ich gut finde, ist die frische Luft, den Wald, die Spaziergänge, die man hier machen kann.“

Gemeinsam feierten die Anwohner viele Feste

Doch das Wohngebiet steckte damals noch in seinen Anfängen. „Wir waren viele gleichaltrige junge Familien mit Kindern“, sagt Wunsch. Gemeinsam feierte man viele Feste, traf sich zum Kaffee. Doch mit der wachsenden Zahl der Kinder wuchs auch der Bedarf an Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten. Um sich für eine Kita einzusetzen, gründeten die Bewohnerinnen einen Frauenkreis. „Wir haben dafür gesorgt, dass wir Spielplätze und Kitas bekamen“, sagt Wunsch. Im Laufe der Zeit wuchs das Angebot im Lauchhau. Zwischenzeitlich profitierten die Bewohner von einer Arztpraxis, einer Reinigung, einer Heißmangel und einem Lebensmittelmarkt. Alle vier schlossen jedoch nach einigen Jahren wieder.

„Für die Vaihinger war das Lauchhau das Letzte“, sagt Wunsch. Als die Planungen der Stadt für die Grünfläche nebenan begannen, erhoffte sich die Lauchhauerin davon mehr Ansehen für ihr Wohngebiet. „Geplant waren eine Kirche, ein Marktplatz und ein kleiner Laden“, erzählt sie. Diese Pläne wurden letzten Endes nicht realisiert. Stattdessen entstand Tür an Tür mit dem Lauchhau ein neues Wohngebiet: die Lauchäcker. Die Bauarbeiten dazu begannen im Jahr 2000.

Der Kumpel war entsetzt über den Umzug

Peter Kungl war einer der ersten, der in die Eigentumswohnungen zog. Davor hatte er mit seiner Familie an der Möhringer Landstraße gelebt. Er hatte in der Zeitung von dem von der Stadt Stuttgart geförderten Wohnprojekt gelesen. „Ich habe einen Kumpel getroffen und ihm erzählt, dass ich neben das Lauchhau ziehen werde. Der war entsetzt“, sagt Kungl. Ihn selbst schreckten die Hochhäuser damals nicht ab: „Ich war gespannt, hatte mit dem Lauchhau überhaupt keine Berührungsängste.“

Anfangs standen um Kungls Haus noch einige Büsche und Bäume. Bei seinem Einzug waren aber schon 100 andere Wohneinheiten im Bau. „Man konnte die ursprüngliche Struktur der Schrebergärten noch sehen“, sagt er. Innerhalb weniger Jahre wuchsen immer mehr Reihenhäuser und mehrstöckige Gebäude aus dem Boden.

Der Verein Bürgerforum wurde 2002 gegründet

Von Anfang an galt für Autos in den Lauchäckern ein Tempolimit von 30 Kilometer pro Stunde. Entsprechende Verkehrsschilder gab es aber noch nicht. „Die Stadt wollte während der Bauphase noch keine aufstellen“, sagt Kungl. Kurzerhand nahmen die Bewohner die Sache selbst in die Hand – und stellten welche auf. Die Idee des Bürgerforums war geboren. Gemeinsam mit dem Gemeinwesenarbeiter Klaus Kurzweg erarbeiteten unter anderem Peter Kungl und Rita Wunsch ein Konzept. 2002 folgte die Gründung des Vereins. Das Bürgerforum wollte die Bewohner zusammenbringen. „Das oberste Ziel für uns war, dass es keine getrennten Gebiete gibt“, sagt Rita Wunsch.

Deswegen setzte sich der Verein für eine Schreibweise der Wohngebiete mit Bindestrich ein. Der Name verbindet dadurch die Bewohner. Eine weitere Errungenschaft des Bürgerforums ist das Sportgelände neben den Patch-Barracks. Im Jahr 2010 wurde dieses offiziell eingeweiht. Dort trainieren die Mannschaften beim Sportforum Vaihingen West, welchem der 1. FC Lauchhau-Lauchäcker, Omonia GFV Vaihingen und das Bürgerforum Lauchhau-Lauchäcker angehören.

Die Mitglieder des Bürgerforums kämpften außerdem für das Bürgerhaus an der Meluner Straße – erfolgreich. Inzwischen ist dieses zum Treffpunkt von Bewohnern beider Gebiete geworden. Rita Wunsch ist stolz auf das Erreichte: „Was vorher alles nicht da war und was es jetzt gibt, das ist ein großer Unterschied.“ Und auch Peter Kungl ist sehr zufrieden: „Mich kriegen hier keine 100 Pferde mehr weg.“

Weitere Luftbilder finden Sie hier.