Jana, Chiara, Leoni, Franzsika, Claudia Farrell und Susanne Nöt bei der Anprobe (v.l.) Foto: Caroline Holowiecki

Zwischen dem 1. und dem 6. Januar sind die Sternsinger wieder in Stuttgart-Sillenbuch unterwegs. Etwa 30 Kinder und Jugendliche aus der Gemeinde Sankt Michael ziehen los, um den Segen zu bringen und Geld für Bedürftige in Indien zu sammeln.

Sillenbuch - Wie in einem Theaterfundus – die bunten Stoffe quellen regelrecht aus den massiven Holzschränken. Samt und Baumwolle, feine Tücher und Kordeln, in Blau, Gold, Rot, Rosa. Daneben ein großer ovaler Tisch mit glänzenden Kopfbedeckungen in allen nur denkbaren Farben. Die Auswahl im Kellerraum unterm katholischen Pfarrbüro Sankt Michael in Sillenbuch ist gewaltig. Aber obwohl Frauen häufig nachgesagt wird, dass es bei ihnen bei der Auswahl des richtigen Outfits immer länger dauert, ist im früheren Augustinerstübchen die Wahl binnen Sekunden gefallen. Franziska (17), Jana (16), Leoni (13) und Chiara (16) schreiten schnell zur Tat. Ein Griff und fertig. Die Kostüme hier haben alle schon Jahre, teils Jahrzehnte auf dem Buckel, und auch die vier Mädchen haben im einen oder anderen schon einmal gesteckt. Alle Jahre wieder.

Schon Anfang Dezember bereiten sich in Sillenbuch die Sternsinger vor. Um die 30 Kinder und Jugendliche machen in diesem Jahr mit, darunter etliche Ministranten. Viele von ihnen sind bereits alte Hasen und mehrfach im Königsgewand um die Häuser in Sillenbuch gezogen. Den Rekord hält Franziska Siewert. Zehnmal hat sie in den Schulferien bei winterlichen Temperaturen schon Geld für den guten Zweck gesammelt. „Es macht Spaß, und die Gemeinschaft ist gut“, sagt sie. Während sie sich einen Turban, Untergewand und Mantel schnappt, erklingt im Gemeindehaus „Stern über Bethlehem“.

Die kurzen Sprüche müssen sitzen

Die Sternsinger müssen nicht nur toll aussehen, sie sollen auch etwas darbieten. Vier Lieder müssen bis Anfang Januar sitzen, außerdem die kurzen Sprüche, die Kaspar, Melchior und Balthasar aufsagen. Eine fünfköpfige Gruppe – Könige, Kassier und derjenige, der die Begrüßung aufsagt – besucht zwischen zehn und 16 Häuser in Sillenbuch, Riedenberg und Heumaden, erklärt die Kirchengemeinderätin Beate Bosch, die mit drei anderen Ehrenamtlichen die Sternsinger betreut.

Auf Listen ist genau festgehalten, wer vom 1. Januar an eine Stippvisite der Weisen aus dem Morgenland wünscht. „Die Kinder haben immer ein Handy dabei, und wir sind immer erreichbar. Manchmal muss man sie auch mit dem Auto abholen“, erklärt sie. Abends werden im Beisein aller die Sammelbüchsen entplombt und das Geld gezählt. Zu sehen, wie viel sie für den guten Zweck gesammelt haben, das ist wichtig für die Kinder, erklärt Susanne Nöt, eine der Ehrenamtlichen.

Ein Zeichen gegen Kinderarbeit

Dieser gute Zweck dreht sich in diesem Jahr um Indien. Das Kindermissionswerk legt in jedem Jahr einen neuen Spendenempfänger fest, in diesem Jahr soll der Kinderarbeit ein Riegel vorgeschoben werden.

Die Sillenbucher Gemeindereferentin Schwester Daisy freut sich diesmal besonders über das Engagement der jungen Menschen in ihrer Kirchengemeinde. Sie ist selbst vor 28 Jahren aus dem Südwesten Indiens, aus Kerala, nach Deutschland ausgewandert, entsprechend fundiert kann sie die Sternsinger mit Infos über ihre Heimat versorgen. „Ich bin sehr stolz. Ich freue mich nicht nur, weil die Kinder etwas für Indien tun, sondern auch, weil sie etwas von der Botschaft mitnehmen“, sagt sie. Nicht nur das nehmen die Sternsinger mit. „Die Leute freuen sich sehr, vor allem die älteren“, sagt Chiara. Und sie weiß: „Was wir machen, das bringt was.“