Die Aufbewahrung der Bauakten muss verbessert werden, auch die Grundreinigung lässt zu wünschen übrig – das Baurechtsamt muss dringend auf Vordermann gebracht werden. Foto: Leif Piechowski

Rechnerisch soll es 9,87 Stellen mehr geben und zudem Sachinvestitionen von drei Millionen Euro – ins Baurechtsamt, das als Problemamt gilt, wird Geld gepumpt. Das dürfte helfen. Die Amtsleitung warnt aber vor dem Glauben, dass sich plötzlich alles ändert.

Rechnerisch soll es 9,87 Stellen mehr geben und zudem Sachinvestitionen von drei Millionen Euro – ins Baurechtsamt, das als Problemamt gilt, wird Geld gepumpt. Das dürfte helfen. Die Amtsleitung warnt aber vor dem Glauben, dass sich plötzlich alles ändert.

Stuttgart - Im Großen Sitzungssaal des Rathauses sind alle Hände hochgegangen, als über Neuerungen im heiß diskutierten Baurechtsamt entschieden wurde. Der Gemeinderat nahm einstimmig das Ergebnis einer Organisationsuntersuchung im Baurechtsamt zur Kenntnis – in dem Amt, das von Architekten und Bauherren massiv kritisiert wurde. Weitere Stellen und die Erneuerung der maroden Ausstattung müssen zwar noch in den Etatberatungen beschlossen werden, aber das ist Formsache. Das Resultat, dass das Baurechtsamt zusätzlich 9,87 Vollzeitstellen braucht, davon 6,12 Stellen unbefristet und 3,75 Stellen befristet, ist unbestritten. Ebenso der Vorschlag, bis Ende 2019 rund 2,985 Millionen Euro in die Aktenhaltung zu investieren.

Die Missstände sind in der Eberhardstraße 33 auch kaum zu übersehen. Manche Bauakten über Stuttgarter Gebäude lagern auf dem Boden oder auf Fensterbrettern. Manche stecken in Aktenaufzügen fest, von denen es im Baurechtsamt gut fünf Dutzend gibt. Ein halbes Dutzend der Paternoster, die Unterlagen eine Etage hoch lagern und auf Bedarf anliefern sollen oder die Akten sogar von einem Stockwerk zum andern befördern sollen, lassen sich nicht mehr betreiben. Deswegen kommen die Mitarbeiter manchmal nicht an die fragliche Akte ran, wenn ein Hauseigentümer Beratung sucht. Vieles soll sich jetzt ändern nach der Untersuchung, die 2012 auf Antrag der SPD und der Grünen eingeleitet wurde – und nachdem sich auch andere Fraktionen, besonders die CDU, zum Anwalt der Sorgen von Bauherrn und Architekten gemacht hatten.

Mehr Personal zur Prüfung von Bauanträgen ist das eine – aber auch massive Eingriffe in der Bauaktei sind vorgesehen. Sehr schnell will man sich von einem notdürftig gelagerten Aktenbestand durch Auslagerung an eine Fachfirma entlasten. Bei Bedarf sollen die Akten angeliefert werden. Das sei immer noch besser, als alles im Amt zu haben, aber nicht griffbereit, heißt es. Viele Bauakten sollen digitalisiert werden, damit man sie platzsparend im Computersystem speichern und bei Bedarf abrufen kann.

Zu spät reagiert

Dennoch wird man für Altakten auch künftig taugliche Aktenpaternoster brauchen. Die kaputten, die nicht ersetzt werden müssen, sollen rausgeworfen werden, nachdem die vielen Akten, die zurzeit blockiert sind, geborgen sind.

Verwaltung und Stadträte atmen auf angesichts dieser Aussichten. Dem Amt werde ein „wichtiger Schritt nach vorn in Richtung Dienstleister“ ermöglicht, meint Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold. Wie der städtische Gebäudebestand seien auch das Baurechtsamt und andere Ämter früher vernachlässigt worden: „Man hätte schon früher reagieren müssen.“ Jetzt solle man es nicht schlechtreden, sonst erschwere man die Personalsuche. Manfred Kanzleiter (SPD) konstatiert, das personelle Defizit im Baurechtsamt werde „ein Stück weit ausgeglichen“. Nun müsse auch anderen Abteilungen der Verwaltung geholfen werden, etwa dem Immobilienmanagement im Liegenschaftsamt.

Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne), der mit dem Haupt- und Personalamt sowie dem Baurechtsamt die Organisation ohne externe Beraterfirma untersucht hatte, hebt die Bedeutung der Entwicklung hervor. In den rund 25 Jahren, die er als Stadtrat oder Bürgermeister im Rathaus ist, habe keine andere Organisationsuntersuchung so einen massiven Verbesserungsvorschlag der Verwaltung gezeitigt. „Wahrscheinlich gab es aber auch noch nie so einen großen Verbesserungsbedarf“, kommentiert FDP-Fraktionschef Bernd Klingler trocken.

Verbesserungen greifen erst in einer Weile

Jürgen Zeeb, Fraktionschef der Freien Wähler, hat Städtebaubürgermeister Matthias Hahn (SPD) nicht nur wiederholt vorgeworfen, die Probleme „schöngeredet“ zu haben. Er fragt die Verwaltung auch jetzt: „Reicht das wirklich?“ Alexander Kotz (CDU) hätte sich „einen Tick mehr“ bei der Stellenvermehrung gewünscht.

Dauern wird es auf jeden Fall noch, bis die Verbesserungen greifen. Im November 2012 hatte der Gemeinderat im Vorgriff auf den Stellenplan 2014 befristet drei zusätzliche Stellen fürs Amt genehmigt – als Nothilfe. Bis spätestens April 2014 soll die letzte dieser drei Stellen endlich besetzt sein.

„Von der Ausschreibung bis zur Besetzung vergehen rund eineinhalb Jahre. Die Einarbeitung dauert noch mal mindestens ein Dreivierteljahr“, sagt Amtsleiterin Kirsten Rickes. Das Verfahren lasse sich nicht beschleunigen. Das Arbeitsgebiet ist sehr speziell, die Aufgaben sind komplex. Das Personal bearbeitet Bauanträge in Zweierteams. Vor dem Hintergrund rät Rickes, „nicht überzogene, sondern realistische Erwartungen“ in die Umsetzung des Konzepts zu setzen.