Ende Dezember 2017 hat der Gemeinderat den neuen Doppelhaushalt verabschiedet. Aus 2017 bleiben allein 383 Millionen Euro übrig. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

2019 sinkt die Steuer für ein Jahr um 20 Prozent – Der Haushaltsüberschuss aus 2017 fließt in Rücklagen.

Stuttgart - Angesichts eines Haushaltsüberschusses von 383 Millionen Euro im Jahr 2017, der Rückzahlung der Bankschulden in diesem Jahr und einem auch für 2018 absehbar guten Ergebnis hat der Gemeinderat am Donnerstag die Grundsteuer gesenkt. Der Hebesatz wird von 520 auf 420 Punkte zurückgeführt, allerdings nur für das Jahr 2019. Im nächsten Jahr wird geprüft, ob eine Senkung auch 2020 möglich ist.

„Mit der Rückführung teilen wir den Erfolg dieser Stadt mit den Bürgern“, sagte CDU-Fraktionschef Andreas Kotz. Es sei nicht verwerflich, dass auch Firmen, die viel Grundbesitz und damit in den letzten Jahren einen großen Beitrag geleistet hätten, nun profitierten.

Daimler wird laut SPD um Millionen entlastet

Das sahen Sozialdemokraten und die Fraktion SÖS/Linke-plus deutlich anders. Allein die Daimler AG werde rund fünf Millionen weniger zahlen, profitieren würden letztlich die großen Anteilseigner Kuwait und ein chinesischer Investor. Das sei „völlig ungerechtfertigt angesichts der sozialen Lage in dieser Stadt“, so SPD-Fraktionschef Martin Körner. Die SPD plädierte dafür, jedem Bürger einen Zuschuss in Höhe von 50 Euro für VVS-Tickets zu geben.

Auch Hannes Rockenbauch, Fraktionssprecher von SÖS/Linke-plus, plädierte für eine andere Verteilung. Man könne die Kitagebühren abschaffen, appellierte er vor allem an die Grünen-Fraktion: „Ihr seid der CDU zu nichts verpflichtet!“ Die aber blieb an der Seite der Christdemokraten. „Wir setzen ein Signal und machen das extrem vorsichtig für ein Jahr“, sagte Grünen-Fraktionssprecher Andreas Winter. SÖS/Linke-plus blieben mit ihrer Forderung bei der Abstimmung allein (neun Stimmen), leisteten der SPD dann Hilfe (18 Stimmen), die Mehrheit lag aber mit 41 für die Grundsteuer-Senkung bei CDU, Grünen, Freien Wählern, FDP, BZS 23 und den Einzelräten von AfD und LKR und OB Fritz Kuhn (Grüne).

Der Verwaltungschef Kuhn zeigte sich in der zweistündigen Debatte über die Grundsteuer und die Verwendung des Jahresabschlusses mehrfach deutlich genervt von langen Redebeiträgen. Er werde ihm das nächste Mal „den Saft abdrehen“, sagte er zu Rockenbauch, der genauso überzog wie der von Kuhn zweifach unterbrochene Stadtist Ralph Schertlen, der daraufhin, noch im Vortrag, mit „Amen“ endete.

Kuhn kann sich nicht durchsetzen

Bei der Verwendung des Überschusses konnte sich Kuhn mit seinem Vorschlag einer Rücklage von 190 Millionen Euro für Kulturbauten – vor allem die Opernsanierung – nicht durchsetzen. Diese wird von zehn auf 25 Millionen Euro aufgestockt. Dagegen setzte die Mehrheit aus CDU, SPD, Freien Wählern und FDP ihre Vorstellungen durch. Es gibt 150 Millionen Euro für eine Wohnraumoffensive. Mit dem Geld sollen Grundstücke erworben und der Wohnungsbau gefördert werden. 200 Millionen Euro werden für die Neubauten am Klinikum zurückgelegt, das wollte auch Kuhn. Sie werden sich wohl bis 2028 ziehen. 25 Millionen gibt es für den Abriss des Auffahrtsbauwerks Friedrichswahl vor Zuffenhausen, 19 Millionen Euro will die Stadt zur Sondertilgung letzter Darlehen verwenden. Dann wäre Stuttgart nach 70 Jahren schuldenfrei.

SÖS/Linke-plus, die statt der Bildung großer Geldtöpfe die Debatte über einen Nachtragshaushalt eröffnen wollten, scheiterten mit dieser Forderung ebenso wie die Grünen, die 55 Millionen Euro für den Klimaschutz parken wollten. Insgesamt hat die Stadt inzwischen zweckbestimmte Rücklagen aus Haushaltsüberschüssen in Höhe von 783 Millionen Euro gebildet.