Der ursprüngliche Stein ist nicht erhalten, der jetzige stammt aus den 50er-Jahren. Foto: Gottfried Stoppel

Der Gründer der Methodistengemeinden in Deutschland ist 1858 auf dem Stadtfriedhof beerdigt worden. Wie andere erhaltenswerte Grabsteine ist seiner nun auf einem speziellen Grabfeld zu finden.

Winnenden - Der Winnender Stadtfriedhof lag im 19. Jahrhundert noch am Rand der Stadt. Heute ist er ringsum von Häusern umgeben und bildet sozusagen eine grüne Insel inmitten der Stadt. Im Jahr 1858 ist hier Christoph Gottlob Müller beerdigt worden, der den Methodismus nach Deutschland brachte. Sein Grabstein ist nicht nur den Methodisten aus Winnenden bekannt. „In den vergangenen Tagen gab es schon Befürchtungen, er sei verschwunden“, sagte der Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth bei einem Pressetermin auf dem Friedhof. Der Anlass: die Umsetzung des Steins auf ein Grabfeld mit erhaltenswerten Steinen.

Flucht vor dem Militärdienst unter Napoleon

Dort stehen bereits mehrere Grabsteine, die jedoch weitaus mehr Patina angesetzt haben als der Stein Müllers. „Dieser stammt aus den 50er Jahren und ist eigentlich ein Gedenkstein anlässlich eines Jubiläums“, sagt der Pastor Jörg Kibitzki. Der ursprüngliche Stein war kaputt. Die Methodistengemeinde und die Stadt hätten sich die Kosten der Umsetzung geteilt. Auch die Pflege des Steins wird nun die Stadt übernehmen, bisher wurde sie ehrenamtlich geleistet, die letzten 14 Jahre von Hanna Bihlmaier. „Jetzt habe ich allerdings Schwierigkeiten mit dem Bücken“, sagt sie.

Christoph Gottlob Müller wurde am 11. November 1785 in Winnenden als Sohn eines Metzgers geboren. Vom Vater erlernte er das Handwerk und ging anschließend, wie es für viele Handwerksgesellen der Brauch war, auf Wanderschaft. „Um nicht in den Truppen Napoleons kämpfen zu müssen, ging er nach England“, berichtet Pastor Kibitzki. Der friedfertige Müller schaffte es tatsächlich, nicht in den Krieg ziehen zu müssen, auch wenn England als einer der Hauptgegner Napoleons gegen diesen über Jahre hinweg Krieg führte.

Mit dem Gründer der Paulinenpflege befreundet

In England kam Christoph Gottlob Müller mit der Bewegung der Methodisten in Kontakt und trat deren Kirche bei. Im Jahr 1830 besuchte er seine Eltern in Winnenden und brachte so methodistische Vorstellungen in seine alte Heimat. Hier hielt er Versammlungen in seinem Elternhaus ab. Viele schlossen sich dem frommen Mann an, der nie Theologie studiert hatte, sondern aus seinem gelebten Glauben heraus berichtete. Im Gebiet des heutigen Rems-Murr-Kreises breitete sich der Methodismus rasch aus, was der Obrigkeit zuerst verdächtig vorkam. Wie bei den Pietisten waren es unter anderem die Treffen in den Privathäusern, die seitens der Regierung mit Argwohn beäugt wurden: Da könnte ja was gegen die Obrigkeit ausgeheckt werden. Das aber lag nicht im Sinn Christoph Gottlob Müllers. „Methodisten sind übrigens keine Pietisten“, betonte der Oberbürgermeister. Das sei eine Verwechslung, die häufig vorkomme, so Holzwarth.

Nur fünf Jahre nach seiner Rückkehr nach Württemberg war die Zahl der Methodisten um Müller bereits auf fast 400 angestiegen, 1839 waren es bereits mehr als 600. Von der Staatskirche trennte er sich nicht, mit dem Winnender Pfarrer Jakob Heim, dem Begründer der Paulinenpflege, war er befreundet. 1858 starb Christoph Gottlob Müller in seiner Heimat Winnenden. Auf dem Abschnitt für erhaltenswerte Grabsteine ist noch Platz vorhanden, andere Steine könnten folgen. „Und eine Erklärtafel wäre schön“, sagte Holzwarth.

Der Stadtfriedhof braucht dringend „Erholung“

Auf dem übrigen Stadtfriedhof sind viele freie Grabstellen zu sehen. „Das liegt an der zunehmenden Zahl der Urnenbestattungen“, sagt die für die Friedhöfe zuständige Kämmerin Martina Schrag. „Mittlerweile mache diese Bestattungsform rund 80 Prozent aus. In der Friedhofsverwaltung denke man über ein Konzept für die Zukunft des Stadtfriedhofs nach, dessen Boden nach 200 Jahren dringend Erholung brauche. Auf jeden Fall soll der Stadtfriedhof jedoch als grüne Zone erhalten bleiben.