Blick in den Innenhof des Stadtarchivs Stuttgart Foto: Leif Piechowski

Das Gedächtnis der Stadtgesellschaft liegt etwas außerhalb, am östlichen Rand des Cannstatter Wohngebiet Veielbrunnen. Im Januar 2011 bezogen die Stuttgarter Stadthistoriker ihr neues Domizil. Ihr Fünfjähriges feiern sie jetzt unter anderem mit dem Flaneursalon unseres Kolumnisten Joe Bauer.

Stuttgart - Das prächtige Backsteingebäude kurz vor dem Club Zollamt, am Ende der Frachtstraße an der Ecke zum Bellingweg, in dem die Stadtgeschichtler seit dem 22. Januar 2011 einen großzügigen Unterschlupf gefunden haben, hat selbst eine interessante Historie. Das Gelände wurde einst die Fabrikvorstadt genannt, der heute unter Denkmalschutz stehende Hauptbau, das ehemalige Kontor- und Lagerhaus, wurde 1921 nach den Plänen des Architekten Albert Schieber errichtet – und zwar für den Großeinkaufsverein der Kolonialwarenhändler Württembergs (später Edeka).

Durch den heutigen Lesesaal des Stadtarchivs führen Schienen. Eine Erinnerung an die vergangenen Zeiten, auf die man bei der Umgestaltung zum neuen Stadtarchiv nicht verzichten wollte. Im Rahmen der 2004 gescheiterten Olympiabewerbung für 2012 kaufte die Stadt das gesamte Güterbahnhofsareal – und entschied sich, dem zuvor auf diverse Gebäude in der Stadt verstreuten Archiv ein renoviertes, prächtiges Domizil zur Verfügung zu stellen. 20 Millionen Euro kostete der Umbau des einstigen Kontors, der im September 2008 begann. „Die Zersplitterung ist zu Ende“, freute sich Archivleiter Roland Müller: „Erstmals verfügen wir über sachgerechte Magazine sowie Räumlichkeiten für unsere Bildungsarbeit.“

Die ersten fünf Jahre im neuen Haus haben dem Archiv, das sich als „Gedächtnis der Stadtgesellschaft“ versteht, einen weiteren Aufmerksamkeitsschub beschert. Allein im Eröffnungsjahr gab es rund 100 Führungen verschiedenster Gruppen. Die Sorge, dass am neuen Standort die Vor-Ort-Nutzung im Lesesaal zurückgehen würde, habe sich als gegenstandslos erwiesen, erklärt Müller. „Stetig steigende Nutzerzahlen zeugen vom hoch geschätzten Service im Lesesaal und von den ausgezeichneten Arbeitsbedingungen für Nutzerinnen und Nutzer.“

Mehrtägiger Festreigen

Und womöglich werden in den nächsten Tagen noch weitere Neugierige angelockt. Zum Auftakt des Festreigens „Fünf Jahre Stadtarchiv im Neckarpark“ öffnet Joe Bauer, Kolumnist und Stadt-Spaziergänger der Stuttgarter Nachrichten, seinen Flaneursalon. Nach bisherigen Schauplätzen wie Clubs und Bar, im Neckarhafen oder in Kirchen bespielt Bauer nun erstmals das Stadtarchiv.

Gäste am Mittwoch, 20. Januar, sind mehrere Qualitätsgaranten aus Stuttgart. Der Tänzer, Sänger und Musiker Eric Gauthier, Leiter des Tanzensembles im Theaterhaus, kommt zusammen mit dem Gitarristen Jens-Peter Abele und präsentiert „Songs of a Dancer“. Entertainer Roland Baisch serviert einmal mehr lockere Gesänge und Sprüche im Dutzend, unterstützt durch den Gitarristen Frank Wekenmann. Eva Leticia Padilla bringt einige Balladen und den Gitarristen Gabriel Holz mit.

Joe Bauer selbst wird zudem Geschichten aus seiner jüngsten Kolumnensammlung „In Stiefeln durch Stuttgart – Zwischen Komasäufern und Rebellen“ lesen. „Wenn man die Internationalität der Stadt spüren will“, so schwärmte ein Journalist der Berliner „Tageszeitung“ (Taz) einmal, „geht man in seinen Flaneursalon, eine Art Revue aus Komik, Literatur und Rock’n’Roll.“ Tickets für den um 19.30 Uhr beginnenden Abend gibt’s für 15 Euro im Vorverkauf unter Telefon 0 18 05 / 70 07 33 oder unter www.reservix.de.

Info:

Freitag, 22. Januar: Zwei Tage nach dem Flaneursalon folgt um 19.30 Uhr die eigentliche Festveranstaltung im Stadtarchiv. Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) gratuliert, Heribert Prantl spricht zum Thema „Das Gedächtnis der Gesellschaft. Die Systemrelevanz der Archive“. Diese, so die These des 62-jährigen Ressortleiters Innenpolitik der „Süddeutschen Zeitung“, gewährleisten für die Demokratie unverzichtbare Transparenz und gehören deshalb sowohl zur Daseins- wie auch zur Zukunftsfürsorge. Für die Musik sorgt das Saxofon-Trio mit Christoph Beck. Anmeldung per E-Mail: stadtarchiv@stuttgart.de.

Samstag, 23. Januar: Zwischen 14 und 18 Uhr gibt es die Finissage der Ausstellung „Erhalt und Verlust – die Nachlässe der Fotografen Ohler, Windstoßer, Seufert“ mit Führungen und Erklärungen zu den Exponaten (14 und 17 Uhr) sowie um 15 Uhr mit dem ersten „Foto-Quartett zur Stuttgarter Stadtgeschichte“.