Brasiliens Präsident Lula da Silva, Chinas Staatschef Xi, Südafrikas Präsident Ramaphosa, Indiens Premier Modi und Russlands Außenminister Lawrow (v. l.) beim Brics-Gipfel Foto: AFP/Alet Pretorius

Beim Treffen in Johannesburg hat der Staatenbund Brics beschlossen, den Iran, Saudi-Arabien, die Arabischen Emirate, Ägypten, Äthiopien und Argentinien ab Beginn des kommenden Jahres in sein Bündnis aufzunehmen. Wladimir Putin lobte die Ergebnisse aus der Ferne.

Mit seiner Erweiterung von fünf auf elf Mitgliedsländer wird der Staatenbund Brics noch disparater als bisher. Die Regierungschefs Brasiliens, Russlands, Indiens, Chinas und Südafrikas gaben am Donnerstag, dem letzten Tag ihres dreitägigen Gipfeltreffens im südafrikanischen Johannesburg, ihre Entscheidung bekannt, den Iran, Saudi-Arabien, die Arabischen Emirate, Ägypten, Äthiopien und Argentinien ab Beginn des kommenden Jahres in ihr Bündnis aufzunehmen: „Ein historischer Moment“, so Chinas Präsident Xi Jinping. Die „Modernisierung“ des Bündnisses sei eine „Botschaft an die ganze Welt, sich auf veränderte Zeiten einzustellen“, sagte Indiens Premierminister Narendra Modi.

Deutliche Vergrößerung des Staatenbunds

Mit der schnellen und deutlichen Vergrößerung des Staatenbunds haben sich China und Russland gegen die eher zögerlichen Mitglieder Indien, Brasilien und Südafrika durchgesetzt. Der Brics-Anteil an der globalen Wirtschaftskraft wird durch die Erweiterung von etwas über 30 auf 37 Prozent wachsen: Statt 40 Prozent wird das Bündnis künftig fast 46 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren. Die diesjährige Erweiterung sei lediglich ein erster Schritt, sagte der gastgebende südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa: Die Aufnahme weiterer Staaten werde im nächsten Jahr fortgesetzt. Bisher haben 22 Staaten ihren Beitrittswillen angemeldet, darunter auch Venezuela und Kuba. Die Staatschefs hätten auch Kriterien und Modalitäten für den Beitritt neuer Länder festgelegt, fuhr Ramaphosa fort: Einzelheiten gab er nicht bekannt.

Der Staatenbund Brics und die sechs neuen Mitgliedsländer Foto: Grafik Lange

Aufsehen erregte vor allem die Aufnahme der Islamischen Republik Iran, die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vorangetrieben wurde. Die Mitgliedschaft des vorderasiatischen Landes könnte Brics noch deutlicher in Opposition zu westlichen Industrienationen und deren Zusammenschluss G7 bringen. Andererseits wird die gemeinsame Aufnahme Saudi-Arabiens und des Irans auch zu neuen Spannungen innerhalb des Bündnisses führen – die Regierungen beider Länder stehen sich eher feindlich gegenüber. Auffallend ist außerdem, dass es sich bei den neuen Mitgliedern nur in einem Fall – Argentinien – um eine anerkannte Demokratie handelt. Alle anderen Staaten sind entweder Monarchien, Autokratien oder im Fall Äthiopiens eine umstrittene Demokratie. Bisher waren demokratische Staaten in dem Bündnis mit Indien, Brasilien und Südafrika in der Mehrheit.

Appell von UN-Generalsekretär Guterres

UN-Generalsekretär António Guterres nutzte seine Anwesenheit bei dem Johannesburger Gipfel zu einem leidenschaftlichen Appell an die versammelten Staatschefs, es nicht beim Engagement für eine multipolare Welt zu belassen, sondern sich für „starke und effektive multilaterale Institutionen“ einzusetzen. Eine multipolare Welt drohe ohne solche Einrichtungen zu zersplittern – wie Europa zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. „Europa war damals multipolar, hatte aber keinen starken multilateralen Mechanismus – die Folge war der Erste Weltkrieg.“ Guterres forderte die Regierungen zu einer Reform der „gestrigen Strukturen“ der Vereinten Nationen, vor allem des Sicherheitsrats, und der Bretton-Woods-Institutionen Weltbank und Weltwährungsfonds auf. Die vor allem von Südafrika und Brasilien erhobene Forderung nach UN-Reformen fand in der „Johannesburg-Erklärung“ des Gipfels keinen Niederschlag. China und Russland befürchten von einer Reform des Sicherheitsrats eine Schwächung ihres Einflusses.

Auch am letzten Tag des Gipfels nutzte Russlands Präsident Wladimir Putin seine virtuellen Auftritte zu verbalen Angriffen auf westliche Nationen: Sie seien „erbitterte Gegner“ einer multipolaren Welt und „tun alles, um ihre ungerechte Weltordnung aufrechtzuerhalten“. Putins antiwestliche Töne fanden auf der dreitägigen Mammutveranstaltung allerdings wenig Resonanz, lediglich Xi Jinping schloss sich gelegentlich seiner Kritik am westlichen Hegemonialanspruch an. Putins Behauptung, der Westen sei für den Krieg in der Ukraine verantwortlich, blieb dagegen ohne Widerhall. Es war UN-Generalsekretär Guterres vorbehalten, den Krieg in der Ukraine als „russische Invasion“ zu bezeichnen.

Größte Freihandelszone der Welt

Der letzte Tag des Gipfels war der Kontaktaufnahme mit Nichtmitgliedern gewidmet: In diesem Fall vor allem mit Afrika, als dessen Platzhalter sich Südafrika versteht. Mit Ägypten und Äthiopien kommen jetzt jedoch zwei neue Mitglieder des Kontinents hinzu. Brics richtet aus mehreren Gründen ein besonderes Augenmerk auf Afrika: Seine 54 Staaten machen 28 Prozent der Stimmen in der Vollversammlung der Vereinten Nationen aus. Mit der Einrichtung der African Continental Free Trade Area (AfCFTA), der größten Freihandelszone der Welt, hoffen die Regierungschefs des Kontinents einen attraktiven Wirtschaftsraum zu schaffen.