Eine Frau tippt auf einem Tablet auf einen Link zum Beantragen des Bürgergeldes im Kundenbereich im Jobcenter Berlin Mitte. Foto: dpa/Carsten Koall

Eine Mehrheit der Bürgergeld-Empfänger in Deutschland verfügt über einen Migrationshintergrund. Bundesweit liegt ihr Anteil an allen Beziehern bei 63,1 Prozent, wie aus einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht.

Anfang 2024 haben Bürgergeld-Empfänger deutlich mehr Geld vom Staat bekommen: zwölf Prozent mehr als 2023. Die monatlichen Zahlungen waren um bis zu 61 Euro im Monat gestiegen. Der Regelsatz für die monatliche Zahlung zum Lebensunterhalt eines allein lebenden Erwachsenen beträgt derzeit 563 Euro. Miet- und Heizkosten werden zusätzlich übernommen.

Wir erklären, wer vor allem Anspruch auf Bürgergeld hat, wie hoch die Regelsätzen sind und wie es mit dem staatlichen Leistungskatalog 2025 weitergeht.

Wer erhält Bürgergeld?

Eine deutliche Mehrheit der Bürgergeld-Beziehenden in Deutschland verfügt über einen Migrationshintergrund. Bundesweit liegt ihr Anteil an allen Bezieherinnen und Beziehern bei 63,1 Prozent, wie aus einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht, aus der die „Welt am Sonntag“ zitiert. In drei Bundesländern haben demnach bereits mehr als 70 Prozent der Bürgergeld-Beziehenden einen Migrationshintergrund.

Wo ist die Zahl der Empfänger mit Migrations-Hintergrund besonders hoch?

Die höchsten Werte weisen laut den BA-Zahlen Hessen (76,4), Baden-Württemberg (74,1) und Hamburg (72,8) auf. Als Menschen mit Migrationshintergrund gelten laut der amtlichen Definition alle Personen, die selbst oder deren Eltern ohne die deutsche Staatsbürgerschaft geboren wurden.

In den vergangenen zehn Jahren gab es demnach einen merklichen Anstieg der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, von 20 Prozent im Jahr 2013 auf 29 Prozent aktuell. Entsprechend stieg auch ihr Anteil an den Leistungsbeziehenden: 2013 lag er bei 43 Prozent, derzeit bei 63 Prozent.

Die Bundesagentur stützt die genannten Angaben dem Bericht zufolge auf eine Vollbefragung aller Leistungsbezieher. Allerdings bestand keine Antwortpflicht, weswegen sich die Bundesagentur auf jene 73 Prozent der befragten Transferempfänger stützt, die Angaben zum Migrationshintergrund machen wollten. Die BA habe die Antworten dann hochgerechnet auf die Gesamtheit der Leistungsbeziehenden.

Was ist das Bürgergeld-Gesetz?

Mit dem sogenannten Bürgergeld-Gesetz („Zwölftes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz“) vom 16. Dezember 2022 ist das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) geändert worden. Das Bürgergeld hat damit die bisherigen Hartz-IV-Regelungen abgelöst. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 war die im SGB II geregelte Grundsicherung für Arbeitsuchende – also Arbeitslosengeld II und Sozialgeld– in Bürgergeld umbenannt worden. 

Wie hoch sind die aktuellen Regelsätze?

  • Alleinstehende/Alleinerziehende (Regelbedarfstufe 1): seit 1. Januar 2023: 502 Euro / seit 1. Januar 2024: 563 Euro
  • Paare je Partner/Bedarfsgemeinschaften (Regelbedarfstufe 2): seit 1. Januar 2023: 502 451 Euro / seit 1. Januar 2024: 506 Euro
  • Volljährige in Einrichtungen (Regelbedarfstufe 3): seit 1. Januar 2023: 502 402 Euro / seit 1. Januar 2024: 451 Euro
  • Jugendliche von 14-17 Jahre (Regelbedarfstufe 4): seit 1. Januar 2023: 420 Euro / seit 1. Januar 2024: 471 Euro
  • Kinder von 6-13 Jahre (Regelbedarfstufe 5):seit 1. Januar 2023: 348 Euro / seit 1. Januar 2024: 390 Euro
  • Kinder von 0-5 Jahre (Regelbedarfstufe 6): seit 1. Januar 2023: 318 Euro / seit 1. Januar 2024: 357 Euro

Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?

Das Bürgergeld-Gesetz sieht vor, dass der Anspruch auf Bürgergeld besteht:

  • bei Bedürftigkeit
  • bei grundsätzlicher Erwerbsfähigkeit
  • oft im Anschluss an Leistungen auf das Arbeitslosengeld I
  • Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte, wird künftig einen Anspruch auf Bürgergeld haben. Dafür müssen keine neuen Anträge gestellt werden. Infrage kommt das Bürgergeld auch für Menschen, deren Arbeitseinkommen nicht zum Lebensunterhalt reicht.

Wer bekommt Bürgergeld?

  • Existenzsicherung: Bürgergeld bekommt, wer zwar mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten, seinen Lebensunterhalt mit den eigenen Einkünften aber trotzdem nicht bestreiten kann, weil er damit unter dem Existenzminimum bleibt. Weitere Voraussetzungen: Der Empfänger ist mindestens 15 Jahre alt und hat die Regelaltersgrenze für die Rente noch nicht erreicht. Zudem lebt er in Deutschland.
  • Karenzzeit: Ferner spielt das eigene Vermögen eine Rolle. Überschreitet es gewisse Grenzen, gibt es so lange kein Bürgergeld, bis das Geld unter diese Grenzen geschrumpft ist. Im ersten Bezugsjahr, der sogenannten Karenzzeit, liegt die Grenze für alleinstehende Antragsteller bei 40 000 Euro. Leben weitere Personen, zum Beispiel Lebenspartner oder Kinder, im Haushalt, dürfen diese zusätzlich je 15 000 Euro besitzen. Nach dem Ablauf der Karenzzeit sinkt der Freibetrag auch für Antragsteller auf 15 000 Euro. Zum Vermögen zählen sämtliche verwertbare Gegenstände – etwa Bargeld, Fahrzeuge, Schmuck, Kapitallebensversicherungen oder Immobilieneigentum.

Aus welchen Gründen kann das Bürgergeld gekürzt werden?

  • Pflichtverletzungen/Meldeversäumnisse: „Leistungsminderungen gibt es beim Bürgergeld bei Pflichtverletzungen und bei Meldeversäumnissen“, sagt Irmgard Pirkl von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Eine Pflichtverletzung liegt zum Beispiel vor, wenn Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger Aufforderungen zu den im Kooperationsplan getroffenen Absprachen oder erforderlichen Mitwirkungshandlungen nicht nachkommen.
  • Arbeit abgelehnt: Gleiches gilt, wenn sie sich weigern, eine ihnen angebotene zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder das Zustandekommen durch ihr Verhalten verhindern. Auch wenn sie eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch geben, müssen Bürgergeld-Bezieher mit Kürzungen rechnen.
  • Termin verpasst: Eine Minderung droht auch dann, wenn leistungsberechtigte Personen einer Aufforderung, sich bei ihrem Jobcenter persönlich zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommen.

Um wie viel und wie lange kann gekürzt werden?

  • Komplettstreichung: Nach einem aktuellen Beschluss des Gesetzgebers kann denjenigen, die eine zumutbare Arbeit dauerhaft ablehnen, das komplette Bürgergeld für bis zu zwei Monate gestrichen werden. Das bedeutet: Das Jobcenter setzt die Zahlung des Regelsatzes aus.
  • Prozentuale Kürzungen: Bei einem ersten Pflichtverstoß – etwa wenn der Bezieher oder die Bezieherin der Aufforderung für Absprachen nicht nachkommt – droht eine Kürzung von 10 Prozent des Regelsatzes für einen Monat. Beim zweiten Pflichtverstoß innerhalb eines Jahres nach der letzten Minderung sind 20 Prozent für zwei Monate drin. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung kann das Bürgergeld für drei Monate um 30 Prozent gekürzt werden. Bei Meldeversäumnissen liegt die Leistungsminderung bei 10 Prozent des Regelbedarfs für einen Monat.
  • Miete/Heizung: Für ämtliche Kürzungen gilt: Die Zahlungen von Miete und Heizung bleiben davon unberührt. Eine Minderung erfolgt zeitnah im Monat nach dem Minderungsbescheid. Wenn jemand etwa am 10. Juni schriftlich von der Minderung erfahren hat, gibt es ab dem 1. Juli nur noch den gekürzten Satz.
  • Sanktionsquote: Die Sanktionsquote ist in den vergangenen Jahren stetig gesunken. „Die Jobcenter machen also mitnichten in der Masse von Leistungsminderungen Gebrauch“, betont Irmgard Pirkl.

Wird das Bürgergeld 2025 weiter erhöht?

  • Nullrunde? Beim Bürgergeld für die rund 5,5 Millionen Erwachsenen und Kinder im Bürgergeld bahnt sich 2025 eine Nullrunde an. Das sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bei einer Fragerunde im Parlament am 14. Mai. Die monatlichen Beträge seien aufgrund der hohen Inflation Anfang 2024 stark gestiegen. Nun, da die Preise langsamer stiegen, rechne sein Ministerium damit, dass es 2025 „auch mal eine Nullrunde geben kann“, erklärte der SPD-Politiker. Zumindest „nach jetziger Lage“ sei das wahrscheinlich.
  • Basis-Fortschreibung: Beim Bürgergeld gibt es die Basis-Fortschreibung. Sie orientiert sich zu 70 Prozent an der Inflation und zu 30 Prozent an den Lohnsteigerungen der Vorjahre. Dazu kam vergangenes Jahr nun eine ergänzende Fortschreibung anhand der starken Inflation im zweiten Quartal 2023. Doch dieser zweite Posten fällt bei der Berechnung der nächsten Anpassung der Regelsätze für Anfang 2025 wieder weg (mit AFP/dpa-Agenturmaterial).