Schauspieler Richy Müller am Steuer eines Boliden Foto: Porsche

Trotz des zeitweisen Regenabbruchs besuchen tausende Oldtimer-Fans das Solitude Revival. Viele Fahrzeuge sind erstmals mit eFuels betankt – und ein TV-Kriminalhauptkommissar ist auch mit von der Partie.

Über 200 Sachen zeigt das Tachometer auf der Büsnaugeraden. Dann steigt Richy Müller vor einer Schikane abrupt in die Eisen, um vor den Schatten-S-Kurven den Porsche Typ 964 wieder kurz zu beschleunigen. Der süße Duft von verbranntem Gummi verbreitet sich im Wageninneren. Die Racing-Days beim Solitude Revival sind definitiv nichts für schwache Nerven.

„Riecht da die Kupplung so?“ Müller nickt kurz unter seinem weißen Rennhelm. Viel Zeit bleibt nicht zum Reden. Unten im Mahdental drückt er das Gaspedal erneut auf Anschlag. „Eine tollte Strecke“, bestätigt der Schauspieler am Ende der drei rasant gefahrenen Runden, die am Samstagvormittag zum Glück noch stattfinden können, bevor der große Regen einsetzt.

Wenn Richy Müller als TV-Kriminalhauptkommissar Thorsten Lannert im Einsatz ist, fährt er einen schokobraunen 911er Targa, Baujahr 1975, das Markenzeichen des beliebten Stuttgarter Tatort-Kommissars. Was nicht jeder weiß: der 68-Jährige ist nicht nur Schauspieler, er ist auch passionierter Rennfahrer, weshalb er beim diesjährigen Solitude Revival auf Einladung von Porsche zum ersten Mal zu Gast am Glemseck ist.

Bei Solitude Revival geht es dieses Mal aber nicht nur um Geschwindigkeit

Bei Solitude Revival geht es dieses Mal aber nicht nur um Geschwindigkeit. Eines der zentralen Themen sind in diesem Jahr eFuels: Auf dem Solitude-Ring zwischen Stuttgart und Leonberg betanken Porsche und andere Teilnehmer einige der präsentierten Fahrzeuge mit dem

synthetischen Kraftstoff, der mit Hilfe von erneuerbaren Energien hergestellt wird. Auch Richy Müllers Porsche Typ 964 ist CO2-neutral unterwegs.

Das Solitude Revival, das seit 2008 im Zweijahresrhythmus stattfindet, hat am Wochenende trotz des Regens am Samstag bereits tausende Fans historischer Motorräder und Automobile ans Glemseck gelockt. Zu sehen sind rund 400 historische Formel-Fahrzeuge, Rennmotorräder, Vorkriegsautomobile oder Prototypen.

Etwas gemächlicher als der schnelle TV-Hauptkommissar ist an den beiden Renntagen der ehemalige Formel-1-Pilot Karl Wendlinger unterwegs. Der Österreicher lenkt beim diesjährigen Solitude Revival im Auftrag von Mercedes ein 100 Jahre altes Jubiläums-Fahrzeug, von dem es weltweit nur noch zwei Exemplare gibt.

Eingesetzt waren die Mercedes-Rennwagen ursprünglich 1924 bei der legendären Targa Florio auf Sizilien. Eines der beiden erhaltenen Exemplare besitzt das Mercedes-Benz Museum. Das Fahrzeug wurde nun eigens 100 Jahre nach dem Triumph von Sizilien vom Mercedes Benz Classic Center in Fellbach in rund eineinhalbjähriger Tüftelarbeit originalgetreu restauriert. Der rot lackierte 2-Liter-Oldtimer-Traum bringt es mit Hilfe eines Kompressors bei 126 PS immerhin auf maximal 120 Stundenkilometer.

Rennbetrieb am Samstag wegen Gewitters eingestellt

Entwickelt wurde der Targa-Florio-Rennwagen übrigens von Ferdinand Porsche, damals Entwicklungsvorstand der Daimler-Motoren-Gesellschaft. Womit beim Solitude Revival einmal mehr deutlich wird, wie eng verwickelt die Geschichte der schwäbischen Fahrzeugtüftler ist.

Neben viel Rennprominenz wie Jochen Mass Bernd Schneider, Walter Röhr oder Karl Wendlinger ist am Wochenende am Glemseck auch so manche lokale Größe in eines der Rennfahrzeuge gestiegen: Gesehen wurde Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD), der zuletzt lange Zeit krankgeschrieben war und seine Amtsgeschäfte nicht ausüben konnte. Auf Anfrage bestätigte er, dass er mit einem Rennwagen des Herstellers Saker auf die Strecke geht.

Aufgrund des am Samstag gegen 13.30 Uhr einsetzenden Gewitters musste der Rennbetrieb am ersten Veranstaltungstag nachmittags eingestellt werden. Wolfgang Ziegler, Vorsitzender des Vereins Solitude Revival, erklärte, dass wegen der vielen Pfützen und des Wassers in den Spurrillen das Risiko zu groß gewesen sei, Motorräder und Autos weiter fahren zu lassen. Es sei zu keinen Unfällen gekommen. „Die Entscheidung war richtig“, sagte Ziegler. Für den Sonntag erwartet der Veranstalter bei guten Wetterbedingungen keine weiteren Einschränkungen.