Seit dem letzten Jahr ist das Skigebiet Warth-Schröcken auch mit Lech und Zürs verbunden Foto: Hansmann PR/Mark James

Das Skigebiet Warth-Schröcken in Vorarlberg gilt als schneesicher und familienfreundlich. Früher war die weiße Pracht eher Fluch als Segen, wie eine Ausstellung in Warth zeigt.

Warth - „Wehtau, Wehtau“, singt Frontfrau Yvonne von der Band Alpenstarkstrom, und die gesamte Hütte singt mit. Alle kennen den Hit aus dem Bregenzer Wald hier im S1, dem Salober-Treff am Hochtannbergpass, und wer ihn noch nicht kennt, lernt schnell: Von Mellau bis nach Schoppenau bin ich heimgelaufen, und das hat wehgetan – „wehtau“ eben. Ein Alpen-Reggae, der noch zwei Tage als Wurm im Ohr sitzen wird.

Auf elf Meter Schnee kommt das Skigebiet in Warth-Schröcken durchschnittlich pro Winter, wie Siegfrid Hollaus von den Skiliften Schröcken beim Après-Ski stolz verkündet. Und die fallen seit dem frühen Morgen. Draußen tobt der Schneesturm, der Wind wirbelt, und selbst der Steffisalplift, der heute als gut geschützter Sessel mit Deckel, als sogenannter Bubble, direkt vor dem Steffisalphotel startet, wird nicht allzu häufig frequentiert. Ein Alternativprogramm ist gefragt, bis sich das Wetter beruhigt hat.

Die Wege sind kurz in Warth und die 170 Einwohner eng verbunden, heutzutage via Handy. Und so ist es ein Leichtes für die Skilehrer, mal eben Stefan Strolz anzurufen. Der ist Bürgermeister und hat den Schlüssel für das Schulhaus.

Darin findet sich diesen Winter eine wahrlich sehenswerte Ausstellung, die das frühere Leben im Dorf beschreibt – bevor der Skitourismus kam und mit ihm der Aufschwung. Noch in den sechziger Jahren verdienten die Warther ihr täglich Brot mit der Landwirtschaft und mit Säumerdiensten. Als Träger und Wegewarte also. Nur wenige vermieteten damals bereits einfache Fremdenzimmer. Gerade zwei Generationen ist das her, viele der heutigen Skilehrer mussten als Kinder noch tüchtig mithelfen. Beim Heuen beispielsweise, wenn das frisch geschnittene Gras auf hölzerne „Heinzen“ gepackt werden musste. Mit Brandzeichen waren diese Heu-Trocknungsgestelle vom Besitzer gesichert: Sie waren wertvolles Gut, im Winter immer wieder repariert.

1964 wurde der erste Skilift gebaut

Hubert Strolz zeigt ein solches Heu-Gestell in der Ausstellung. Strolz arbeitet heute sommers auf seinem Hof und vermietet mit seiner Frau Appartements. Wie viele hier. Eine Mischkalkulation. Natürlich ist er im Winter vor allem Skilehrer: Und da hat er besonders viel zu berichten, war er doch jahrelang in der Leistungselite und gewann 1988 im kanadischen Calgary die Goldmedaille in der Kombination. Sein Vater Ewald Strolz war einer der Skipioniere, die am 1. Juni 1963 die Liftgesellschaft gründeten, um 1964 den ersten Skilift zu bauten: den Einer-Sessellift Steffisalp, mit lang eingespleißtem Umlaufseil, wie ein Bild.

Auch Florian Moosbrugger vom Lärchenhof ist winters Skilehrer. Er hat zudem einen großen Milchhof zu bewirtschaften, um 5.30 Uhr muss die Milch, bereits auf acht Grad heruntergekühlt, an der Straße stehen. Denn sein Hof ist der erste auf der langen Tour zur Sennerei in Reutte. „Das passt gut“, sagt Florian wohlgemut und wirkt gar nicht übernächtigt. Es gäbe ja noch einen Moment der Ruhe, zwischen sechs und acht, bevor er dann zum Skikurs starten muss. Den Sommer verbringt die ganze Familie auf der Alp, samt der Kühe natürlich, die er noch persönlich kennt: „Die Damen haben schon jede einen eigenen Charakter“, meint er.

In einer Diashow in der Ausstellung erzählen ältere Zeitzeugen vom kargen Leben in Warth, freundlich untertitelt für Auswärtige. Monatelang war das Dorf winters von der Außenwelt abgeschnitten. Von einem Mann ist die Rede, der auf der Rückkehr von einer Schmugglertour nach Lech 1944 tragisch „verlawint“ wurde.

Da man keinesfalls dasselbe Schicksal erleiden möchte, bleibt die Gruppe am Nachmittag auf den Pisten. Schon das ist eine Herausforderung bei den Sichtverhältnissen, und man ist sehr froh über die ortskundigen Skilehrer, die ihre kleine Herde unfallfrei ins Tal bringen. Die Cracks sind mit Olympiasieger Hubert unterwegs, die B-Auswahl mit Florian. Aber alle treffen sich wohlbehalten und zeitig im Hotel wieder. Wie gemütlich ist es, vom warmen Drinnen dem Schneegestöber draußen zuzusehen und über den Komfort im Jahre 2015 zu sinnieren. Die Autos schleichen zwar auf der Passstraße, aber zumindest gibt es diese, und sie wird geräumt.

Am nächsten Morgen Sonnenschein und Neuschnee – des Skifahrers Traum. Alle Lifte sind geöffnet, die Pisten bestens präpariert: Um 2 Uhr nachts sind dafür die Pistenbullys gestartet, zur üblichen Zeit bei Schneefall. Auch der Auenfeldjet ist in Betrieb, der das Skigebiet Warth-Schröcken mit dem gesamten Arlberg verbindet, mit Lech, Zürs und St. Anton. Seit der letzten Saison sind damit 97 Skianlagen und 340 Kilometer Piste erschlossen. Es ist somit das größte Skigebiet in Vorarlberg.

Wieder eine Pioniertat der Skiliftbetreiber und ein Weg, so der Bürgermeister, auch in Zukunft die Abwanderung junger Menschen aus Warth zu verhindern. Das sichert auch die Einkünfte im Winter.