In Georgia entscheidet sich Joe Bidens politische Zukunft. Foto: AFP/Michael M. Santiago

Die Wahl 2020 ist erst vorbei, wenn Georgias zwei Senatssitze neu verteilt sind. Im tiefen Süden entscheidet sich, was Joe Biden politisch bewirken kann. Warum ist eine Nachwahl in Georgia so entscheidend?

Atlanta - Mit dem Sieg bei der Präsidentenwahl in den USA ist für Joe Biden nicht alles gewonnen - welche Ziele der Demokrat in den kommenden zwei Jahren als Präsident durchsetzen kann, entscheidet sich am 5. Januar maßgeblich im US-Staat Georgia. Warum ist das so?

Wieso wird in Georgia noch einmal gewählt?

In dem Staat im Süden der USA blieben zwei Rennen um Sitze im mächtigen US-Senat bei den Wahlen am 3. November mangels eindeutiger Ergebnisse offen. Die Stichwahlen entscheiden nun darüber, ob die Republikaner die Kongresskammer an Bidens Demokraten verlieren.

Weil von den Stichwahlen so viel abhängt, fließt derzeit sehr viel Geld für den Wahlkampf nach Georgia. Schätzungen zufolge könnten es die teuersten Senats-Wahlkämpfe der Geschichte werden. Außerdem reisen hochrangige Politiker in den Bundesstaat: So wie Biden will auch Trump am Montag vor Ort für seine Kandidaten werben.

Wer tritt in Georgia an?

Der republikanische Senator David Perdue (71) will in Georgia seinen Sitz gegen den demokratischen Herausforderer Jon Ossoff (33) verteidigen. Der Demokrat Raphael Warnock (51) fordert die republikanische Amtsinhaberin Kelly Loeffler (50) heraus. Georgia galt lange als Hochburg der Republikaner. Bei der Präsidentschaftswahl im November unterlag der republikanische Amtsinhaber Donald Trump dort jedoch, Wahlsieger Joe Biden gewann den Staat knapp. Das war seit drei Jahrzehnten keinem Demokraten mehr gelungen. Der Sieg in Georgia war einer der Schlüssel zu Bidens Gesamterfolg.

Was bedeutet der Wahlausgang für die Sitzverteilung im Senat?

In Georgia wird über die letzten beiden noch nicht vergebenen Senatssitze entschieden - und damit über die künftige Mehrheit in der Kongresskammer. Dem Senat gehören 100 Senatoren an, jeweils zwei pro Bundesstaat. Bislang hatten Trumps Republikaner eine Mehrheit von 53 zu 47 Senatoren. Nach der Präsidentschafts- und Kongresswahl vom 3. November haben die Konservativen nach jetzigem Stand 50 Sitze sicher und die Demokraten 48.

Die Republikaner müssen in Georgia also nur eine der beiden Stichwahlen gewinnen, um auch künftig die Senatsmehrheit zu stellen. Die Demokraten müssen dagegen beide Stichwahlen für sich entscheiden, um auf die gleiche Zahl von Senatoren zu kommen wie die Konservativen. In diesem Fall wären sie im Vorteil: Bei Patt-Situationen gibt die künftige Vizepräsidentin Kamala Harris, die Kraft ihres Amtes auch Senatspräsidentin ist, mit ihrer Stimme den Ausschlag.

Welche Bedeutung hat die Mehrheit im Senat für Joe Biden?

Ein Präsident Joe Biden kann nach seinem Amtsantritt zwar bis zu einem gewissen Grad per Dekret regieren. Für große Regierungsprojekte - etwa neue Corona-Hilfen, eine Reform des Gesundheitswesens und mehr Geld für den Klimaschutz - braucht er aber den Rückhalt des Kongresses. Der Senat ist außerdem besonders wichtig für einen Präsidenten, weil er unter anderem die Kandidaten für Regierungsposten und das Oberste Gericht bestätigt. Zudem kann er Gesetzesvorhaben blockieren. Biden könnte im Fall eines Sieges von Ossoff und Warnock durchregieren - vorausgesetzt, bei den Demokraten im Senat herrscht Konsens.

Was, wenn die Republikaner die Mehrheit im Senat behalten?

Sollten die Republikaner ihre Senatsmehrheit verteidigen, bliebe Mitch McConnell Mehrheitsführer. Der 78-Jährige ist bekannt für eine gnadenlose Blockadepolitik, mit der er schon Präsident Barack Obama das Regieren schwer machte. Biden hat sich zwar optimistisch gezeigt, dass er Kompromisse mit McConnell aushandeln kann, den er aus seiner Zeit als Senator gut kennt. Er dürfte aber heilfroh sein, wenn er es nicht mit dem „Darth Vader“ des Senats zu tun bekommt - und deshalb inständig auf Siege der demokratischen Senatskandidaten in Georgia hoffen.