Das Hahn-Museum in Kornwestheim zeigt viele besondere Exponate. Foto: Freundeskreis Hahn

Phillipp Matthäus Hahn entwarf im 18. Jahrhundert in Kornwestheim das Vorgängermodell der Oechsle-Waage. Und dieses erhält das Museum jetzt als Schenkung.

Geht es um die Qualität von Wein, ist die Maßeinheit Grad Oechlse ein unverzichtbares Kriterium. Sie steht für das Mostgewicht – und damit für den Reifegrad, die Süße der Traube. Ermittelt wird der Wert seit knapp 200 Jahren mithilfe der Oechsle-Waage. Sie stammt vom Pforzheimer Ferdinand Oechsle, der dafür die Waage eines anderen genialen Erfinders weiterentwickelte: Philipp Matthäus Hahn. Der hatte just 1774, im Geburtsjahr von Oechsle, in Kornwestheim eine wegweisende Waage vorgestellt, die das spezifische Gewicht von Materialien und Flüssigkeiten wie Traubenmost bestimmen konnte. Und ohne die es die Oechsle-Waage wohl nie gegeben hätte.

Ziemlich genau 250 Jahre nachdem Hahn diese hydrostatische Waage in seiner Werkstatt beim Pfarrhaus ausgetüftelt hat, kehrt sie nun ins dortige Hahn-Museum zurück: Am 17. Juni erhält der hiesige Freundeskreis Philipp Matthäus Hahn einen entsprechenden authentischen Nachbau. Als Schenkung vom Experten Martin Sauter, der die Waage anhand der detaillierten Werkstatttagebücher von Hahn konstruierte und der beim befreundeten Förderverein Hahn-Museum in Albstadt engagiert ist, wo der Erfinder und Pfarrer vor seiner Kornwestheimer Zeit gelebt hatte. Ein Original der Waage existiert nicht, war sie damals doch aus Holz konstruiert worden. „Bisher war also unbekannt, wie sie ausgesehen haben könnte“, sagt Klaus Allgöwer vom Kornwestheimer Verein.

Waage lässt auch Geldfälscher auffliegen

Er freut sich über die Schenkung auch deshalb, weil die Waage im Museum „eine Lücke füllen wird“. Zwar sind bereits hydrostatische Waagen ausgestellt, allerdings stammen diese nicht von Hahn. Die Übergabe der Waage nimmt der Verein zum Anlass für eine Veranstaltung nebenan in der Zehntscheuer, bei der Martin Sauter auch einen Vortrag über die Waage halten wird.

Konstruiert hatte Hahn sie auf Wunsch des württembergischen Herzogs Karl Eugen. Der bat ihn darum, eine eher komplizierte und teure Waage von Georg Friedrich Brandner zu verbessern und zu vereinfachen. Nach dem Motto: Du kannst das besser. Dass die Waage später für den Wein bedeutend wurde – daran dürfte der Herzog gar nicht gedacht haben. „Ihm ging es vor allem darum, Falschgeldmünzen ermitteln zu können“, sagt Klaus Allgöwer. Sprich: Münzen, aus denen Gold entfernt wurde und die mit anderem Material verfüllt wurden. So konnten Fälscher ausfindig gemacht werden. Die Funktionsweise: Feste Materialien wie Gold oder auch Flüssigkeiten wie Wein oder für wissenschaftliche Zwecke Blut und Urin wurden auf der Balkenwaage in Wasser gegeben. Je tiefer es sank, desto höher ist das spezifische Gewicht. Sinkt es nicht, ist das Gewicht leichter als Wasser. Die Waage war so bahnbrechend, dass Hahn kurzerhand eine Professur angeboten wurde – und dass die Waage selbst, dann weiterentwickelt zur Oechsle-Waage, zu einem Verkaufsschlager wurde.

Welchen Wert Hahns Erfindungen bis heute haben, zeigt sich nicht nur an den bis heute verwendeten Weiterentwicklungen. Sondern auch anhand einer internationalen Kunstauktion im Mai in Niedersachsen: Bei der wurde eine Weltmaschine von Hahn, mit der er das Sonnensystem nachbaute, angeboten. Der Schätzwert: 160 000 Euro. Es gab Untergebote, teilt das Auktionshaus mit. Ein Käufer fand sich allerdings noch nicht.

Übergabe in feierlichem Rahmen

Veranstaltung
Die Waage wird überreicht am Samstag, 17. Juni, ab 14 Uhr in der Kornwestheimer Zehntscheuer, Kirchstraße 17. Interessenten sind eingeladen, der Eintritt ist frei. Geboten sind ein Vortrag über die Erfindung, ein Film über Hahn und eine Vorführung seiner berühmtesten Erfindung: die Rechenmaschine. Sein Amt als weithin anerkannter Pfarrer wird ebenso beleuchtet. Zu Gast wird auch OB Ursula Keck sein.

Philipp Matthäus Hahn
Er lebte von 1739 bis 1790 und gilt als einer der besten Uhrenmacher seiner Zeit und als Wegbereiter für die Waagenindustrie auf der Zollernalb. Die Liste seiner Erfindungen ist lang. Die größten gelangen ihm in seiner Kornwestheimer Zeit (1770 bis 1781). Hier war für ihn ein Pfarrhaus mit Werkstatt gebaut worden, heute befindet sich darin das Museum. Verdiente Bürgern der Stadt erhalten heute die Hahn-Medaille oder den Hahn-Preis.